Samstag, 10. Juli 2021

Miroslav

10.7.2021

Im tschechischen Miroslav (deutsch früher Mißlitz) in Südmähren wurde ein Fußballspiel besucht. 3.000 Menschen leben hier.

Die Ortschaft wurde im Jahr 1222 als Mitterdorf erstmals schriftlich erwähnt. Das Schloss Mißlitz bzw. Zámek Miroslav war jahrhundertelang die Residenz der über die hier lebenden Menschen herrschenden Adeligen. Bereits 1384 stand hier eine Wasserburg, die Anfang des 16.Jh. im Renaissancestil umgebaut wurde. 1670 erfolgte ein Umbau im Barock.


Das heutige Kultur- und Veranstaltungszentrum ist die 1843 bis 1845 in neororomanischem Stil errichtete und 1897 erweiterte ehemalige jüdische Synagoge. Die Größe des Gebäudes deutet bereits auf die Größe der einstigen jüdischen Gemeinde hin. Die Nazis beendeten 1938 sechs Jahrhunderte jüdisches Leben hier. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Synagoge mitsamt dem ehemaligen jüdischen Stadtviertel 1945 durch Bombentreffer zerstört und 1956 bis 1957 zum kulturní dům umgebaut.


Památník židovských občanů. Der Gedenkstein auf der Grünfläche neben der ehemaligen Synagoge gedenkt den als Jüdinnen und Juden von den Nazis ermordeten Einwohnerinnen und Einwohnern. Im Jahr 1332 wurden erstmals hier lebende Jüdinnen und Juden schriftlich erwähnt. Da der Landesherr Ladislaus Postumus (Herzog von Österreich und König von Böhmen und Ungarn) im Jahr 1454 alle Jüdinnen und Juden aus den seiner unmittelbaren Herrschaft unterstehenden königlichen Städten der Region wie Olmütz/Olomouc, Brünn/Brno, Znaim/Znojmo, Iglau/Jihlava oder Nové Město na Moravě / Neustadt vertreiben ließ, zogen viele von ihnen u.a. hierher. Von da an bildeten die Jüdinnen und Juden bis zur Vertreibung und Ermordung durch die Nazis einen großen Bevölkerungsanteil, zeitweilig die Hälfte der Einwohnerinnen und Einwohner. Sie sprachen deutsch, sahen sich als Deutsche und belebten das deutschsprachige Kulturleben. Unterrichtssprache in der jüdischen Schule war deutsch. Es entstand ein eigenes, eng bebautes jüdisches Viertel mit beengten Wohnverhältnissen. Noch vor der staatlichen Gleichberechtigung von Jüdinnen und Juden als Staatsbürgerinnen und Staatsbürger 1867 durfte der Mißlitzer Schlosser Raphael König 1831 als erster Jude in der Habsburgermonarchie einen Meisterbrief erhalten. Vor dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht 1938 und der Eingliederung Südmährens in das Deutsche Reich flohen die meisten in das Innere des noch ein halbes Jahr freien tschechoslowakischen Rest-Staats. Die Nazi-Behörden ließen alle Jüdinnen und Juden, die noch nicht geflüchtet waren, verhaften und ebenso dorthin abschieben, wo sie großteils im Holocaust ermordet wurden.


Pomník obětem bombardování, Gedenkstein für die Opfer des Bombardements am 7. Mai 1945 gegen Ende des von den Nazis losgebrochenen Zweiten Weltkriegs, das neben 50 Soldaten auch 42 Zivilistinnen und Zivilisten tötete.


Gedenkstätte für die 1945 hier getöteten sowjetischen Soldaten.


Rathaus aus dem Jahr 1914. Vor dem Ende der Habsburgermonarchie war die Bevölkerung zu rund drei Vierteln (1910 76%) deutschsprachig (deutschsüdmährisch). Nach dem Zerfall der Monarchie wurde Südmähren 1918 Teil der Tschechoslowakei. Eine Miliz aus Deutschsüdmährern versuchte dies im November in einem Gefecht am Bahnhof mit Waffengewalt die Einfahrt eines Panzerzugs mit Soldaten der tschechischen Legion zu verhindern, der Ort wurde aber schließlich im Dezember 1918 von tschechischem Militär besetzt und die deutschsprachige Gemeindeverwaltung mit Bürgermeister abgesetzt. 1923 wurde Deutsch-Knönitz (Miroslavské Knínice) eingemeindet, was den tschechischen Bevölkerungsanteil vergrößerte. Vom neuen Staat wurde eine Bodenreform durchgeführt, welche Teile des hiesigen Großgrundbesitzes des deutschsprachigen Adels an tschechische Kleinbauern verteilte. Durch die Umkehrung der Sprachen-Bevorzugung (zuvor deutsch bevorteilt, nunmehr tschechisch), Abwanderung deutschsprachiger Beamter und Zuzug tschechischer öffentlich Bediensteter veränderten sich die nationalen Verhältnisse. Nach den Verbrechen der Nazis während der deutschen Besatzung begannen nach der Befreiung 1945 die Bedrohungen und Vertreibungen der deutschprachigen Bevölkerung, mit schließlich 1946 staatlich durchgeführter Zwangsaussiedlung, Enteignung des Besitzes und Vertreibung über die Grenze.


Straßenszene


Die evangelische Kirche entstand 1846 nach den Vorschriften des Toleranzedikts, das evangelische Kirchen erlaubte, aber nur ohne Turm.


Katholische Pfarrkirche St. Peter und Paul, Barockbau aus dem Jahr 1729

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