Montag, 1. Dezember 2014

Jihlava

30.11.2014

Im tschechischen Jihlava (deutsch Iglau) wurde ein Fußballspiel besucht. Rund 50.000 Menschen leben hier.

Der große Marktplatz, heute Masaryk-Platz (Masarykovo náměstí), im Stadtzentrum. Hier verbrannte sich in einer öffentlichen Protestaktion 1969 der 39-jährige Evžen Plocek aus Protest gegen die sowjetische Besatzung und Niederschlagung des Prager Frühlings von 1968, wie schon zuvor Jan Palach and Jan Zajíc in Prag.


Die barocke Jesuitenkirche mit angeschlossenem Jesuitenkolleg wurde 1680 bis 1727 errichtet. 1625 waren hier an der oberen Seite des Platzes Gebäude zum Jesuitenkolleg umgewidmet worden. Die 1620er Jahre standen im Zeichen der von der habsburgischen Staatsgewalt vorangetriebenen Rekatholisierung nachdem die Stadt 1620 im Dreißigjährigen Krieg von der kaiserlich-katholischen Armee besetzt worden war.


Das Rathaus entstand im 16.Jh. durch Umbau mehrerer Häuser. Mit den Iglauer Kompaktaten wurden hier 1436 per Vertrag zwischen Vertretern von Kaiser Sigismund als König von Böhmen sowie hussitischen Vertretern die seit 1420 währenden blutigen Religionskriege, die Hussitenkriege, beendet. Sigismund machte Zugeständnisse, dafür wurde er von ihnen als legitimer König anerkannt.


Straßenszene am Masarykovo náměstí. Im Hintergrund die den Platz umgebenden Bürgerhäuser aus dem 13. bis 16.Jh.


Die gotische Jakobskirche (sv. Jakuba) ist die Hauptkirche der Stadt. Mit ihrem Bau wurde 1243 begonnen.


Straßenszene am Masarykovo náměstí. Gotische Arkaden.


Seit dem frühen Mittelalter wurde hier in Bergwerken Silber gefördert. Der Bergbau, aber auch das Tuchmachergewerbe, bot hier Arbeit. So kamen viele Arbeitsmigranten aus dem deutschsprachigen Raum hierher, vor allem aus den nahen Ländern des heutigen Österreich. Es entstand eine deutsche Sprachinsel im tschechischsprachigen Umland. 1910 sprachen von den 26.000 Einwohnerinnen und Einwohnern der Stadt 20.500 deutsch und 5.200 tschechisch als Umgangssprache. Drei Jahrzehnte später waren 12.500 deutschprachig und 17.000 tschechisch. Nach der Gründung der Tschechoslowakei veränderte sich das Sprachenverhältnis, durch Ab- und Zuwanderung, staatliche Förderung des Tschechischen und dadurch, dass es für Zweisprachige nun vorteilhafter war, sich als tschechisch zu deklarieren. Nach den Verbrechen der Naziherrschaft im Zweiten Weltkrieg wurden die deutschsprachige Bevölkerung 1945/46 vertrieben. Zuerst im Frühsommer 1945 wild, mit von Massakern mit hunderten Toten begleiteten Fußmärschen tausender Menschen an die österreichische Grenze. Im Jänner 1946 folgten dann staatlich organisierte Vertreibungen, mit Eisenbahnzügen wurde die verbliebenden 8.024 Deutschprachigen nach Bayern verbracht. Von ihrer jahrhundertelangen Geschichte zeugen heute nur mehr sehr wenige Inschriften.


Große Teile der Stadtmauer aus dem 14.Jh. sind erhalten geblieben. Man sieht noch die zweistufige Ebene der Befestigung. Im 15.Jh. wurde davor weitläufige Gräben und Erdwälle errichtet. In den 1640er Jahren verstärkten die schwedischen Truppen, welche die Stadt im Dreißigjährigen Krieg zweimal erobert hatten, die Befestigung mit vorgelagerten Bastionen.


Das Frauentor oder Brána Matky Boží (wörtlich übersetzt „Mutter-Gottes-Tor“) ist das einzige erhaltene Stadttor. Es wurde ursprünglich in der zweiten Hälfte des 13.Jh. erbaut. 1508/09 wurde der alte Tortrum abgetragen und das heutige gotische Tor errichtet. Der sich abhebende Renaissanceaufbau stammt aus dem Jahr 1564. Das Vortor mit Barbakane wurde 1862 abgerissen.


Straßenszene mit der im 13.Jh. errichteten und im 18.Jh. barock umgebauten Mariä-Himmelfahrtskirche (Kostel Nanebevzetí Panny Marie) des ehemaligen Minoritenklosters.


Die 1863 eingeweihte jüdische Synagoge wurde am 30. März 1939 von Iglauer Nazis um zwei Uhr morgens angezündet und niedergebrannt. Die Reste wurden in den 1950er Jahren abgerissen und hier ein Markt eingerichtet. 2008 wurden die Grundmauern der zerstörten Synagoge ausgegraben und als Gedenkstätte gestaltet. Heute ist hier der Gustav-Mahler-Park zu Ehren des hier geborenen Komponisten.


Die Gedenktafel an der ehemaligen Synagoge ist leider nur mehr schwer zu lesen.


Der jüdische Friehof wurde 1867 oder 1869 angelegt. Das 1903 in neoromanischem Stil errichtete Friedhofsgebäude steht heute nicht mehr. Im Zuge der Zerstörung der Snyagoge im März 1939 verwüsteten Iglauer Nazis auch den Friedhof und zerstörten viele Gräber und Grabsteine.


1997 wurde am jüdischen Friedhof ein Gedenkstein für die im Holocaust Ermordeten errichtet. 1940 lebten hier 435 Jüdinnen und Juden. Mitte Mai 1942 wurden die meisten in das KZ Thersesienstadt deportiert und von dort später nach Auschwitz verbracht. 1944 lebten noch 112 Jüdinnen und Juden hier. Nach Kriegsende und Befreiiung kehrten nur 18 Menschen zurück.


1968/69 wurde das Areal verkleinert, in den 1990er Jahren wurde viel renoviert und hergerichtet. Heute stehen hier neben zerstörten Gräbern auch über 1.000 moderne Grabsteine, auch aus Bestatttungen der letzten Jahre.

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