Sonntag, 20. Oktober 2013

Stockerau

18.10.2013

Nach Stockerau ins niederösterreichische Weinviertel führte ein Fußballspiel, zuvor wurde durch die Stadt spaziert. Rund 17.800 Menschen leben hier.

Das sogenannte Schlößl ist ein im Kern aus dem 16.Jh. stammender, ab 1832 neogotisch historistisch gestaltetes Wohnhaus. Zwischen 1804 und 1824 diente es als staatliches Kastenamt (Finanzamt) und war von 1832 bis 1906 eine Teppichfabrik.


Der ehemalige Posthof wurde im 16.Jh. errichtet und diente bis 1904 als Poststation. Die Fassade stammt aus dem Anfang des 18.Jh. Hervorstechend ist der Turmaufbau mit Sonnenuhr.


Die erste urkundliche Erwähnung der Siedlung im Jahr 1012 handelt von einem Mord: Der irische Wandermönch Koloman kam hierher, da man seine Sprache in Stockerau aber nicht verstand, wurde er von den Einwohnern kurzerhand umgebracht. Das Stadtwappen ziert aber nicht eine Galgenschlaufe, sondern ein Abbild des jungen Baums, der nach erfolgter Hinrichtung aus dem morschen Baum gewachsen sein soll, an dem Koloman gehenkt wurde. Der Leichnam wurde 1014 exhumiert und nach Melk gebracht. Die heutige Stadtpfarrkirche steht am Ort seines ehemaligen Grabs. Anstelle einer ersten romanischen Kirche wurde im 15.Jh. eine gotische Kirche errichtet. An diese wurde von 1722−1725 der barocke Kirchturm angebaut (mit 88 Metern der höchste Kirchturm Niederösterreichs) und ein halbes Jahrhundert später dann der gotische Kirchenbau dahinter abgerissen und 1777/78 durch den heutigen frühklassizistischen Bau ersetzt.


Der 1927 im Stil der Gemeindebauten des Roten Wien als kommunaler Wohnbau errichtete Grafendorferhof.



Der 1721−1724 nach einem Normplan als Kaserne errichtete Niembsch-Hof, eine von mehreren Kasernen in der dadurch lange militärisch geprägten Stadt. Bis 1945 war hier eine Kavalleriekaserne, heute sind hier Wohnungen und die städtische Bücherei.


Das auf das 15.Jh. zurückgehende, schließlich bis 1780 als adeliges Lustschloß dienende Belvedereschlößl. Im Bürgerkrieg des Februar 1934 wurden Stockerauer Sozialdemokraten in dessen Kellern eingesperrt.


1988 wurde im Garten des Belvedereschlößls ein Mahnmal des Bildhauers Walter Meierhofer aufgestellt, das mittels eines gespaltenen Baumes und der von einem Spalt durchzogenen Gedenktafel an den Februar 1934 und den März 1938 erinnert.



Straßenansicht


Die heutige evangelische Lutherkirche ist eine ganz eigene Geschichte einer „Arisierung“ der Nazizeit. Das Gebäude wurde 1903 als Synagoge erbaut und von der NS-Stadtverwaltung 1938 mittels eines erzwungenen Schenkungsvertrags der jüdischen Gemeinde von Stockerau an die evangelische Kirche übergeben. Diese richtete eine Kirche ein und ließ einen Kirchturm aufbauen. 1910 lebten in Stockerau 199 Jüdinnen und Juden. Nach ihrer Vertreibung und Ermordung bleib von der Stockerauer Gemeinde nichts übrig wie von den anderen 15 israelitischen Kultusgemeinden Niederösterreichs, die alle nicht wiedererstanden. 1953 ging das Gebäude mittels eines Vergleichs rechtmäßig an die evangelische Kirche. 2011 wurden in einer Renovierung die baulichen Hinweise auf die Synagoge freigelegt und die evangelische Gemeinde stellte sich der Geschichte. Ein Gedenkstein vor dem Eingang erinnert daran. Die bauliche Einteilung mit den erhöhtem Frauenbereich an den Seiten sowie Holvertäfelung und Lampen im Innenraum stammen noch original aus der Synagoge von 1903.




Der jüdische Friedhof wurde 1874 errichtet. 305 Menschen sind hier begraben, 133 Gräber erhalten. Im Zuge des Novemberpogroms vom 9./10. November 1938 wurde er von Stockerauer Nazis verwüstet. In einem Eck stand nach 1945 noch das alte Friedhofsgebäude, das 1997 aufgrund Baufälligkeit abgerissen wurde. In einem Massengrab liegen am Friedhof sechs ungarische jüdische Zwangsarbeiter, die 1944/45 verschleppt worden waren. Neben fünf namenlosen Toten, die im Jänner 1945 aus einem Eisenbahntransport geworfen wurden und neben den Geleisen gefunden wurden, wurde hier auch Samuel Feldheim bestattet, ein 1944 als Zwangsarbeiter verstorbener ehemaliger Vorstand der jüdischen Kultusgemeinde von Szeged in Ungarn.



Eine Straße mit vielen Bäumen, das ist eine Allee.


An der Hornerstraße (Nr. 46) steht ein Gebäude, das einen Davidstern unter dem Giebel zeigt und damit wohl auch auf die ehemaligen Präsenz von Jüdinnen und Juden in der Stockerauer Bevölkerung hindeutet.


Außerhalb der Stadt wurde im 12.Jh. am Hinrichtungsort von Koloman eine Kapelle errichtet, die später erweitert wurde. Schließlich wurde 1643−47/60 eine neue Kirche und ein Franziskanerkloster errichtet. Dieses wurde 1783/84 unter Kaiser Joseph II. staatlich aufgelöst, die Anlage diente anschließend als Fabrik und Kaserne bis es 1912/13 wieder zu einem Kloster umgebaut und 1936/37 erweitert wurde. 1940 lösten die NS-Behörden das nunmehrige Nonnenkloster wieder auf, bis 1945 diente es ihnen als Umsiedlerlager und Zentrale der Gauleitung. 1945 brachte die sowjetische Armee hier zunächst ein Lazarett unter, ließ die Nonnen aber zurückkehren und übergab ihnen 1946 wieder das ganze Kloster.

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