Sonntag, 20. Oktober 2013

Liptovský Mikuláš

19.10.2013

In der mittelslowakischen Stadt Liptovský Mikuláš leben rund 31.000 Menschen. Es wurde hier ein Fußballspiel besucht und ein wenig herumspaziert.

Bis 1952 war der slowakische Name der Stadt Liptovský Svätý Mikuláš, aber das Wort svätý − „heilig“ − paßte natürlich nicht ins kommunistische Regime. Deutsch hieß die Stadt Liptau-Sankt-Nikolaus oder Sankt Nikolaus in der Liptau und der bis 1918 offizielle ungarische Name war Liptószentmiklós. Der christliche Heilige Nikolaus prangt auch am Stadtwappen und selbst die örtliche Schnapsbrennerei trägt seinen Namen. Da sage noch jemande, der Nikolaus wäre nur etwas für Kinder.


Die zwischen 1842 und 1846 erbaute und nach einem Brand 1906 zuletzt umgestaltete ehemalige Synagoge. Sie ist eine der größten in der Slowakei und sticht vor allem durch ihren klassizistischen Baustil hervor.


Zur Zeit der Errichtung der Synagoge in den 1840er Jahren stellte die jüdische Gemeinde rund 40% der Stadtbevölkerung, 1940 waren es aufgrund Zuwanderung durch die industrielle Entwicklung nur mehr 15%. Es waren 957 Jüdinnen und Juden, die 1940 am Vorabend der Deportationen hier lebten. 1941 wurde 540 Menschen aus Bratislava vom slowakischen faschistischen Regime hierher deportiert. Im November 1941 verwüsteten Antisemiten aus Liptovský Mikuláš im Zuge eines Pogroms die Synagoge, anschließend brachen sie in jüdische Häuser und Wohnungen ein und wüteten dort. Im März 1942 wurden 120 junge Frauen und Männer zusammengetrieben und in KZs deportiert. Von April bis Oktober 1942 wurde etwa die Hälfte der Jüdinnen und Juden aus Liptovský Mikuláš in KZs deportiert. Rund 80% davon wurden umgebracht. Nach den Deportationswellen 1942 lebten immer noch 250 Menschen in der Stadt und 623 im Bezirk und zu Jahresbeginn 1944 waren es rund 300 in der Stadt und 690 im Bezirk. Aufgrund des deutschen Einmarsches in der Slowakei nach dem Slowakischen Nationalaufstand 1944 flohen viele davon in die umliegenden Wälder oder suchten in kleinen Dörfern Zuflucht.
Nach der Befreiung lebten 1948 336 Jüdinnen und Juden in der Stadt, fast alle emigrierten aber nach 1949 nach Israel oder in andere Länder. Das Synagogengebäude wurde 1980 von der Stadt erworben und in den 1990er Jahren renoviert. Es finden hier kulturelle Veranstaltungen statt.


Eine Gedenktafel unter den Säulen erinnert an die 885 Jüdinnen und Juden, die von hier zwischen 1942 und 1945 in KZ deportiert und ermordet wurden.


Das älteste weltliche Gebäude der Stadt ist das ursprünglich aus dem 15.Jh. stammende Herrenhaus der Adelsfamilie Pongrácz (slowakisch Pongrácovská kúria), die hier lange regierten.


Das 1793 fertiggestellte und in der heutigen Ansicht aus dem Umbau 1907 stammende ehemalige Komitatshaus (slowakisch Župný dom), in dem heutige die Bezirksverwaltung untergebracht ist.


Den zentralen Hauptplatz Námestie osloboditeľov („Platz der Befreier“) dominiert neben dem Komitatshaus die katholische Nikolauskirche. Sie stammt im heutigen spätgotischen Aussehen aus dem 15.Jh.


Denkmal für die bei der Befreiung der Tschechoslowakei im Zweiten Weltkrieg getöteten sowjetischen Soldaten am Námestie osloboditeľov. Von Jänner bis März 1945 tobten in dieser Gegend heftige Kämpfe, wovon auch ein großer Soldatenfriedhof außerhalb der Stadt zeugt.


Daneben erinnert ein Gedenkstein an die 28 Bürgerinnen und Bürger der Stadt, die von 1939 bis 1945 im Kampf gegen den Faschismus und im Slowakischen Nationalaufstand 1944 gestorben sind.


Gedenktafel für die Menschen, die sich hier am Námestie osloboditeľov im November 1989 mit der Forderung nach Freiheit und Demokratie versammelt haben.


Gedenktafel am Komitatshaus für die Menschen, die von 1948 bis 1954 vom kommunistischen Regime aus politischen Gründen in Zwangsarbeitslager gesperrt wurden.


Straßenansicht


Man blickt aus den Straßen der Innenstadt auf schneebedeckte Bergwipfel.


Die evangelische Kirche wurde zwischen 1783 und 1785 nach dem Toleranzedikt von Joseph II. in klassizistischem Stil als sogenannte Toleranzkirche gebaut, also als nach außen hin nicht als Kirchengebäude sichtbares Haus. Hundert Jahre später konnte ein großer Kirchturm vorangestellt werden.


In der zweiten Hälfte des 19.Jh. schritt hier die industrielle Entwickung voran, vor allem nach der Fertigstellung der Bahnstrecke Košice–Žilina 1871/72. Begleitend entstand auch eine Arbeiterinnen- und Arbeiterbewegung. Dieses Gebäude namens Čierny orol („Schwarzer Adler“) war einst ein Gasthaus und wurde dann als Arbeiterheim mit Theaterbühne zum kulturellen und sozialen Zentrum.


Am 1. Mai 1918 fand im Hof des Čierny orol eine Maiversammlung statt, bei der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer noch unter österreichisch-ungarischer Herrschaft und bei tobendem Ersten Weltkrieg nicht nur soziale und staatsbürgerliche Rechte einforderten, sondern auch erstmals die Forderung nach einem eigenen tschechisch-slowakischen Staat erhoben.


Es ist Herbst.


Im heutigen Stadtteil Okoličné liegt am Ufer des aufgestauten Flusses Waag (Váh) die Klosteranlage samt großer gotischer Klosterkirche Kostol sv. Petra z Alkantary aus dem 15.Jh. 1571 verließen die Franziskaner Okoličné im Zeitalter der sich ausbreitenden Reformation wieder und das Kloster verfiel. Zwischen 1688 und 1697 wurde die Anlage im Barockstil wiederhergestellt. 1950 wurde das Kloster vom kommunistischen Regime aufgelöst, dabei ging auch die Sammlung der Bibliothek von 25.000 Bücher verloren. Seit den 1990er Jahren ist hier wieder ein Kloster.



Das Denkmal aus dem Jahr 1928 erinnert an die erste slowakische Nationalversammlung, die sich im Zuge der Revolution am 18. Mai 1848 an dieser Stelle versammelt hatte. Liptovský Mikuláš spielte damals eine Rolle in der slowakischen Nationalbewegung, die sich 1848/49 auf habsburgischer Seite am Krieg gegen die ungarische Revolution beteiligte. Die erhofften nationalen Autonomierechte blieben vom siegreichen Kaiser und König Franz Joseph aber verwehrt und die Slowakei bis 1918 ungarisch regiert.


Gedenktafel am Bahnhof an den Eisenbahner Ján Hubka, der am 10. März 1945 als Widerstandskämpfer erschossen wurde.

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