Samstag, 4. Juni 2022

Rom

4.6.2022

Zum fünften Mal wurde ein Stück von Rom besichtigt, zum ersten Mal wieder nach der letzten Besuch vor fünf Jahren. Es wurde auch ein Fußballspiel besucht.

Im europäischen Revolutionsjahr 1848 wurde auch die Herrschaft des Papstes im sich über Mittelitalien ersteckenden Kirchenstaat erschüttert. Nach der Flucht von Papst Pius IX. vor der Revolution aus Rom, schüttelte die Stadt die jahrhundertelange drückende, religiös begründete und mit Gewalt durchgesetzte Gottesstaats-Herrschaft ab. Revolutionäre gründeten im Sinne der sozialrevolutionären, nationalistisch-radikaldemokratischen Politik Giuseppe Mazzinis am 9. Februar 1849 die Römische Republik (Repubblica Romana). Die Todesstrafe wurde abgeschafft und Religionsfreiheit eingeführt. Die Republik bestand aber nur fünf Monate. Ab April 1849 erfolgte ein militärischer Angriff von spanischen und französischen Armeen zur Wiederherstellung der Monarchie. Einen Monat lang belagerten sie Rom. Die blutigsten Kämpfe mit den meisten Toten fanden um die Mauern am Gianicolo-Hügel statt, wo die Belagerungssoldaten am 21./22. Juni eine Bresche in die Befestigung schlugen. Am 3. Juli 1849 eroberten sie die Stadt, beendeten die Republik und setzten den Papst wieder als Herrscher ein. Unter wiederhergestellter Papstherrschaft wurde schnell der Polizeistaat unter Leitung von von drei Kardinälen, dem gefürchteten „rote Triumvirat“, wieder etabliert. Anhänger der Republik und Kritiker der Papstherrschaft wurden im Namen des Papstes verfolgt, einsperrt und getötet. Zum Schutz gegen weitere Revolutionen blieb die französische Armee in Rom stationiert. Im Zuge der Kriege zur Begründung des italienischen Nationalstaats griff das Kriegsfreiwilligenheer Garibaldis 1862 und 1867 zweimal Rom an, um die Herrschaft des Papstes zu stürzen, wurde aber in jeweiligem gegenseitigen Töten von den französischen und päpstlichen Truppen abgewehrt. Als die französischen Soldaten im Zuge des deutsch-französischen Kriegs 1870 abgezogen wurde, da der französische Kaiser Napoléon III. alle Kräfte zur letztlich erfolglosen Verteidigung seiner Herrschaft brauchte, griff die reguläre Armee des Königreichs Italien erneut Rom an und eroberte es im blutigen Kampf am 20. September 1870.


Im ehemaligen Stadttor Porta San Pancrazio befindet sich heute das Museo della Repubblica Romana e della memoria garibaldina, das von dieser Zeit erzählt.


Heldendenkmal des Giuseppe Garibaldi aus dem Jahr 1895 am Gianicolo


Ausblicke auf die Stadt vom Gianicolo, einem der sieben Hügel Roms


Denkmal der Anita Garibaldi aus dem Jahr 1932, deren sterbliche Überreste unter der Statue wiederbestattet wurden. Die mit Giuseppe Garibaldi verheiratete brasilianische Revolutionärin beteiligste sich mit ihm am Töten in Revolutionskriegen in Südamerika und Italien. Das große Standbild zeigt sie in einer Szene, als sie wenige Tage nach der Geburt eines Kindes mit diesem am Arm aus dem angegriffenen Militärlager der 1836 bis 1846 als Abspaltung vom Kaiserreich Brasilien bestehenden Riograndesischen Republik entkommen konnen. Auf der Rückseite zeigt ist Anita Garibaldi in Giuseppe Garibaldis Armen auf der Flucht vor den sie jagenden österreichischen Truppen nach der Niederlage der Römischen Republik zu sehen, auf der Anita starb.


Straßenszene


Engelsburg (Castel Sant'Angelo). Schon beim ersten Rombesuch vor dreißig Jahren faszinierte das Bauwerk aufgrund seiner Geschichte aus zwei Jahrtausende altes Bauwerk. Als Grabmal des römischen Kaisers Hadrian errichtet (im Jahr 139 fertiggestellt) und später auch als Mausoleum weiterer römischer Kaiser genutzt, wurde der Rundbau aufgrund seiner massiven Bauweise und strategischen Lage am Fluss bereits in der Spätantike im 4./5.Jh. in die militärische Befestigungsmauer integriert und im 6.Jh. von den gotischen Eroberern als Burg zur militärischen Kontrolle der Stadt genutzt und als frühmittelalterliche Burg ausgebaut. Im 10.Jh. kam die Burg in den Besitz der Päpste, die sie als Fluchtburg in Aufständen und Kriegen nutzen. Die Päpste ließen hier auch politische Gegner einkerkern und töten. Im 15.Jh. ließen die Päpste die Engelsburg zur zeitgemäßen Festung erweitern und zugleich im Inneren luxuriöse Gemächer für sich bauen. Als 1527 im Sacco di Roma das Söldnerheer des römisch-deutschen Habsburgerkaisers Karl V. Rom eroberte und tagelang ausraubte, in Brand setzte, die Frauen vergewaltigte und die Bevölkerung zu tausenden ermordete, konnte sich der Papst mit einer kleinen Truppe einen Monat lang in der belagerten Engelsburg halten bis er kapitulieren musste.


Über einen 800 Meter langem geschützten Gang auf der Mauer, dem Passetto di Borgo, ließen sich die Päpste 1277 die mit vorgelagerten Bastionen zur massiven Festung jener Zeit ausgebaute Engelsburg als Fluchtburg bei Gefahren mit ihrem Palast im Vatikan verbinden. 1527 froh hier Papst Clemens VII. vor den Rom plündernden und brandschatzenden Soldaten des Kaisers Karl V., drei Jahrhunderte später tat dies Papst Pius VII. vor der französischen Armee von Napoléon Bonaparte.


Im Borgo zwischen Engelsburg und Petersplatz


Petersplatz und Petersdom. Seit bald hundert Jahren, seit den Lateranverträgen des Vatikan mit Mussolinis Italien, verläuft vor dem Petersplatz die anerkannte Staatsgrenze zwischen Italien und dem Vatikan. 1527 griff das seit Jahren in Italien für den Habsburgerkaiser Karl V. Krieg führende, aber schlecht bezahlte und versorgte kaiserliche Söldnerheer Rom an und eroberte es. Zweck war die Plünderung (Sacco di Roma). Nach einer Eroberung drei Tage lang die Bevölkerung der eroberten Stadt auszurauben, nach Lust und Laune zu töten und die Frauen zu vergewaltigen, war damals der übliche Brauch in Kriegen. Hier taten das die Kaiserlichen viel ausgiebiger und länger. Ungefähr 90% der Kunstschätze wurde aus Rom geraubt. Die etwa 24.000 angreifenden hauptsächlich deutschen und spanischen Landsknechte töteten rund 5.000 Römer, welche die Stadt verteidigten, und 485 der 500 Schweizergardisten. In ihrer letzten Stellung am deutschen Friedhof im Vatikan sowie am Petersplatz und den Stufen des Petersdoms ließen sich die letzten 147 Schweizer im Kampf töten, während 42 mit dem Papst in die Engelsburg flüchteten um sich darin zu verschanzen. Nachdem sie die letzten 1.000 Verteidiger nach Ende der Kämpfe umgebracht hatten, begannen die Eroberer die Stadt zu brandschatzen und auszuplündern und ermordeten dabei rund 12.000 Zivilistinnen und Zivilisten. Es lagen so viele Leichen in den Straßen der Stadt, dass Seuchen ausbrachen. An ihnen starb die Hälfte der 10.000 in der Stadt verliebenen und überlebenden Einwohnerinnen und Einwohner sowie die Hälfte der Eroberer.


Am Weltflüchtlingstag 2019 ließ der Papst Franziskus am Petersplatz die Skulptur Angels Unawares („Engel, ohne es zu ahnen") des Künstlers Timothy Schmalz. Aus der Menge auf einem kleinen Boot dicht gedrängter Menschen sind Engelsflügel, die die Gegenwart des Heiligen unter den Flüchtenden symbolisieren sollen.


Verschlossenes Eisenbahntor zum Vatikan. Teil der Lateranverträge von 1929, in denen Italien den Vatikan als eigenen Staat anerkannte, war die Errichtung einer Eisenbahnverbindung der italienischen Staatsbahn in den Vatikan.


Die Leoninischen Mauern aus dem 9.Jh. dienen heute nicht mehr der militärischen Verteidigung des Vatikan gegen Aufstände der vom Kirchenstaat Unterdrückten oder Armeen fremder Mächte, markieren aber die Staatsgrenze Vatikan-Italien. Hier die Porta Pertosa sowie dahinter der mittelalterliche Johannesturm.

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