Sonntag, 14. September 2014

Wiener Neustadt im Ersten Weltkrieg, Stadtmuseum Wiener Neustadt

13.9.2014

Vor einem Fußballspiel wurde in Wiener Neustadt das Stadtmuseum besucht.




Für Kaiser und Vaterland? Wiener Neustadt im Ersten Weltkrieg
28. März 2014 bis 2. November 2014

Ziel war die aktuelle Sonderausstellung zur Geschichte der Stadt im Ersten Weltkrieg. Die Themenauswahl und die Texte der Ausstellung sind sehr gut, informativ und treffend geschrieben. Leider steht die Fülle und Qualität der Exponate demgegenüber zurück, was den Gesamteindruck trübt.


Die Menschen in den Städten litten Hunger während Staat und Wirtschaft auf das Kriegführen ausgerichtet waren. Bereits nach Kriegsbeginn führten Preissteigerungen von bis zu 300% für Lebensmittel zu Krawallen auf dem Hauptplatz, wie der Ausstellungstext informiert. Die Mangelwirtschaft wird etwa durch Lebensmittelkarten oder einem Plakat illustriert, das mit den Worten „Jeder Sammler hilft sich und dem Vaterlande“ zum Sammeln und Abliefern von Beeren im Wald auffordert.


Wiener Neustadt war eine hochindustrialisierte Stadt. Hier wurden in großen Fabriken unter anderem Lokomotiven und Flugzeuge gebauten. Das Umland war geprägt von Munitionsfabriken. Der interessanteste Teil der Ausstellung macht auf Sabotageaktionen vor allem ab 1916 aufmerksam, mit denen die rechtlosen Arbeiterinnen und Arbeiter in den Fabriken gegen den Krieg Widerstand leisteten: „Die Arbeiter und Arbeiterinnen versteckten Flugzettel in Munitionskisten. Das Pulver für Patronen wurde mit Sand gestreckt. Explosionen in den Rüstungswerken durch Saboteure waren kaum von tatsächlichen Arbeitsunfällen zu unterscheiden. In jedem Falle lähmten die Unglücksfälle die Produktion für einige Zeit.“


Das bedeutsamste Ereignis während des Ersten Weltkriegs war der von Wiener Neustadt ausgehende Jännerstreik. Nachdem den hungernden Arbeiterinnen und Arbeitern im Wiener Neustädter Daimler-Motorenwerk die Mehlration noch einmal halbiert wurde, traten sie in einen Streik, der immer weiter um sich griff und schließlich bis zu einer Million Streikende in der ganzen Habsburgermonarchie erfaßte. Er drückte das Elend, den Hunger, die Verzweiflung und die Wut der Menschen aus. Hier ein Bild von am Wiener Neustädter Hauptplatz versammelten Streikenden. Ich hatte mir hier zum Jännerstreik allerdings etwas mehr als einige Fotos von der Ausstellung erhofft.


„In der Gemeinderatssitzung vom 13. März 1917 bemerkte Bürgermeister Praschek, dass vor dem Krieg die Bevölkerungszahl etwa 33.000 Menschen betragen habe. Nun hielten sich, inklusive der in Baracken untergebrachten Personen und der anwesenden Militärpersonen, nahezu 70.000 Menschen in der Stadt auf.“ erzählt der Ausstellungstext. Die Wohnungsnot verschärfte die sozialen Konflikte.



Stadtmuseum Wiener Neustadt

Die Dauerausstellung führt durch die Stadtgeschichte. Wiener Neustadt wurde 1195 als Civitas Nova nach Plan angelegt und diente von Anfang an militärischen Zwecken. Dieses Modell zeigt die stark befestigte, von Wassergräben umgebene Stadt in mittelalterlicher Größe. Die heutigen Landmarks Burg (rechts unten), Hauptplatz (oben Mitte) und Dom (links oben) sind gut zu sehen.


Ein Wasserspeier aus Sandstein aus dem 13.Jh. von den abgetragenen alten Türmen des Doms. Aus dem Mund der Figur rann als Endpunkt einer Regenrinne das Regenwasser heraus.


Vieles in der Ausstellung widmet sich der kriegerischen Geschichte der Stadt, die qua Funktion als Bollwerk vor Wien oftmals im Zentrum blutiger Auseinandersetzungen stand. Das 20.Jh., man denke vor allem an den Zweiten Weltkrieg, wird aber nicht behandelt. Mehr sozialgeschichtliche Aspekte hätten auch nicht geschadet. Es soll aber eine neue Präsentation in Arbeit sein.


Im Untergeschoss gibt es eine Ur- und Frühgeschichtsabteilung mit antiken römischen Grabsteinen.


Das Museum liegt direkt an der mittelalterlichen Stadtmauer, im ehemaligen Kloster St. Peter an der Sperr aus dem 13.Jh., das Ende des 16.Jh. säkularisiert wurde.


Die ehemalige Klosterkirche St. Peter an der Sperr wurde ebenfalls im 13.Jh. errichtet. Sie wurde nach Beschädigung des Gewölbes durch das Erbeben von 1768 als religiöser Raum aufgegben und dient heute als Ausstellungssaal.




Wiener Neustadt

Kein Teil des Stadtmuseums, aber doch immer wieder markant ist der Reckturm, ein 1901 teilweise rekonstruierter Eckturm der Stadmauer, vermutlich in der Form, wie er Mitte des 15.Jh. aussah.

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