Montag, 8. September 2014

Tarnów

7.9.2014

Im südostpolnischen Tarnów wurde ein Fußballspiel besucht. Rund 112.000 Menschen leben hier.

Tarnów gehörte von der ersten Teilung Polens 1772 bis zu deren Ende 1918 zur Habsburgermonarchie. Die von Gewerbe und Handel und nur wenig Industrie geprägte Stadt war die drittgrößte Stadt Galiziens. Unter dem Einfluss der blutigen Aufstände im nahen russischen Teil Polens wurde die Stadt ab den 1830er Jahren ein Zentrum polnisch-nationaler Geheimorganisationen. Im Krieg war die Stadt 1914/15 schwer umkämpft.


Der Marktplatz (Rynek) mit dem Rathaus aus dem 15./16.Jh.


Bürgerhäuser aus dem 16. bis 18.Jh. säumen den Platz.


Die katholischen Marienkathedrale wurde im 14.Jh. errichtet und vom 15. bis zum 19.Jh. mehrmals umgebaut.


Blick in die an den Marktplatz anschließende Judengasse (ulica Żydowska). Der Straßennahme stammt aus dem Beginn der jüdischen Ansiedlung im 15.Jh. 1939 waren von den 40.000 Einwohnerinnen und Einwohnern der Stadt die Hälfte jüdisch.


Einzig die Bima ist von der 1630 errichteten Synagoge übriggeblieben, nachdem sie von den deutschen Besatzern am 8. November 1939 in Brand gesetzt wurde und diese dann die Brandruine 1941 sprengten. 1987 wurde zum Schutz das Dach errichtet und die Bima 2006 als Denkmal renoviert. Unmittelbar nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in die Stadt am 8. September 1939 begann die Terrorisierung der jüdischen Bevölkerung. Juden wurden in Razzien gefangengenommen und zu Zwangsarbeiten gezwungen. 1941 mussten alle Wertgegenstände abgegeben werden. Von 11. bis 19. Juni 1942 trieben deutsche Einheiten tausende Jüdinnen und Juden am Marktplatz zusammen und folterten und ermordeten sie willkürlich. Über 3.000 Menschen wurden in diesen Tagen in den Straßen der Stadt und in Massenerschießungen am jüdischen Friedhof umgebracht. Einige Kilometer außerhalb wurden in einem Wald weitere 7.000 Menschen erschossen.


Eine Ausstellung an der Gedenkstätte zeigt die jüdische Geschichte von Tarnów.


Von Juni 1942 bis September 1943 sperrten die deutschen Besatzer bis zu 40.000 Jüdinnen und Juden aus Tarnów und Umgebung hier in ein Ghetto und deportierten sie von hier aus in Transporten zur Ermordung in die Vernichtungslager. Mitte 1942 entstand eine zionistische jüdische Widerstandsorganisation, ihre Kämpfer flohen aus dem Ghetto und schlossen sich den Partisanen in den Wäldern an, wo die meisten in Kämpfen gegen deutsche Einheiten getötet wurden. Andere versuchten Fluchtwege aus dem Ghetto nach Ungarn, wo der Holocaust erst 1944 begann, einzurichten, hatten dabei aber keinen Erfolg. Ein Platz erinnert an die Helden des Ghettos.


Straßenszene


Denkmal für den in Tarnów geborenen polnischen General Józef Bem, der im polnischen Aufstand von 1830/31 gegen die russische Herrschaft und an der Seite der ungarischen Revolution von 1848/49 gegen die Habsburgerherrschaft über Ungarn kämpfte.


Während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg war Tarnów ein Zentrum der Armia Krajowa (AK) und anderer polnischer Widerstandsorganisationen. Vom Bahnhof ging am 14. Juni 1940 der erste deutsche Häftlingstransport mit 728 überwiegend polnischen politischen Gefangenen ins KZ Auschwitz. Dieses Denkmal erinnert an sie. Nur 200 überlebten.


Der Auschwitz-Transport ging vom ehemaligen jüdische Badehaus (Mikvah) ab, vor dem das Denkmal steht.


Das 1999 errichtete Denkmal für die Opfer des Stalinismus. Es erinnert an polnische Ermordete, Verfolgte und nach Sibirien Verbannte der Jahre 1939 bis 1956.


Im 1855 eröffneten Bahnhof wurde in der Nacht des 28. August 1939 ein folgenschwerer Bombenanschlag verübt, der zwanzig Menschen tötete und 35 verletzte. Die Bombe in einem Koffer wurde wahrscheinlich auf deutschen Auftrag hin deponiert. Die Spannungen kurz vor Kriegsbeginn sollten damit verschärft werden. Der Attentäter Antoni Guty, halb Deutscher und halb Pole, wurde zwar noch verhaftet. Sein weiteres Schicksal verlor sich aber im drei Tage später mit dem deutschen Überfall auf Polen beginnenden Zweiten Weltkrieg.

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