Freitag, 11. Juni 2021

Gänserndorf

11.6.2021

Im niederösterreichischen Gänserndorf wurde ein Fußballspiel besucht. 12.000 Menschen leben hier.

Der Bahnhof Gänserndorf liegt an der Nordbahn, die von den 1830er Jahren an als private Kaiser-Ferdinands-Nordbahn von Wien Richtung Krakau errichtet und 1906 verstaatlicht wurde. Der Bahnanschluss 1838 brachte Gänserndorf durch schnelle Anbindung an Wien wirtschaftlichen Aufschwung. Zwischen 14. Mai und 9. Juli 1944 ließen die Nazis in Ungarn mithilfe der ungarischen Gendarmerie mehr als 430.000 ungarische Jüdinnen und Juden verhaften und zur Ermordung nach Auschwitz deportieren. Einige der vielen Deportationszüge, vor allem aus der damals ungarischen Bačka (heute Serbien), hielten auf der Fahrt nach Auschwitz in Gänserndorf. Dabei wurden hier von den NS-Behörden einige Männer und Frauen aus den Zügen selektiert und zur Zwangsarbeit in der Landwirtschaft in Niederösterreich eingesetzt. Außerdem wurden hier zahlreiche unter den unmenschlichen Bedingungen tagelang ohne Versorgung eingepfercht in Viehwaggons Verstorbene hier entladen.


Gänserndorf ist voller bemalter Gänse-Statuen, die nicht annähernd vollständig im Bild festgehalten werden konnten. Im Jahr 1115 wird Gänserndorf als „Genstribindorf“ erstmals schriftlich erwähnt. Dieser „Gänsetreiberdorf“ bedeutende Ortname lässt darauf schließen, dass hier Gänse in großem Stil gezüchtet worden sein dürften, könnte aber auch auf einen Personen- oder Spitznamen „Gänsetreiber“ zurückzuführen sein.


Straßenszene. Von etwa 1750 bis 1904 hieß Gänserndorf Unter-Gänserndorf, um es von Ober-Gänserndorf bei Korneuburg zu unterscheiden.


Das Piefkedenkmal ist eine „Klangskulptur aus COR-TEN-Stahl“ vor der Stadtbücherei. Das 2009 errichtete Denkmal ehrt Johann Gottfried Piefke, der als preußischer Militärmusiker im Juli 1866 zusammen mit seinem Bruder Rudolf in Gänserndorf ein Konzert gegeben hatte, nachdem die preußische Armee im Krieg gegen Österreich von 1866 Teile Niederösterreichs besetzt hatte. Piefke war seinerzeit ein durchaus auch in Österreich bekannter und beliebter Militärmusiker. Sein preußisch-militaristischer Gestus wurde sprichwörtlich für den Typus des Piefke.


Erdöl- und Erdgasförderung prägten und prägen den Bezirk Gänserndorf.


Rathaus mit Rathausturm auf der Rückseite


Die Stadt Gänserndorf ist Bezirkshauptstadt des Bezirks Gänserndorf.


Die ehemalige Synagoge wurde 1889 gebaut und bis zur Schließung und Enteignung durch die Nazis 1938 als Synagoge der Gänserndorfer Jüdinnen und Juden genutzt. Mit dem Aufschwung und Bevölkerungswachstum Gänserndorfs nach dem Eisenbahnbau siedelten sich Mitte des 19.Jhs. hier auch Jüdinnen und Juden an. In den 1930er Jahren lebten in der Stadt 52 Jüdinnen und Juden, im ganzen Bezirk über 400. In Gänserndorf beschloss die Stadt 2014 den Abriss des Gebäudes, ein Konzept legte aber den Umbau zu einem öffentlichen Gebäude für kulturelle Zwecke nahe. Bis 2018 gab es dann hier einen Jugendklub. 2018 beschloss die Stadt erneut den Abriss des historischen Gebäudes, um hier einen Parkplatz zu errichten. Das Bundesdenkmalamt erließ einen vorläufigen Denkmalschutzbescheid, dieser wurde aber vom Gänserndorfer Bürgermeister vor Gericht bekämpft und vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben. Noch steht das Haus.


1907 wurde eine eigene Israelitische Kultusgemeinde Gänserndorf gegründet und 1908 ein jüdischer Friedhof fertiggestellt. Über 400 Mitglieder hatte dies das ganze Marchfeld umfassende Kultusgemeinde. Rund 120 Grabsteine haben die Verwüstungen überstanden. Nach der Nazi-Machtübernahme misshandelten, demütigten und beraubten Gänserndorfer Nazis die Gänserndorfer Jüdinnen und Juden öffentlich und unverhohlen. Bis September wurden alle im Bezirk Gänserndorf lebenden Jüdinnen und Juden behördlich gezwungen, den Bezirk zu verlassen. Sie gingen großteils nach Wien und wurden von den Nazis im Holocaust ermordet. Von Februar 1939 bis April 1940 sperrten die Nazis bis zu 160 Juden (hauptsächlich aus Wien) in ein Lager in Gänserndorf. Sie mussten Zwangsarbeit v.a. in der Landwirtschaft leisten.

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