Freitag, 5. Juni 2015

Danzig

3.6.2015

Im polnischen Danzig, polnisch Gdańsk und kaschubisch Gduńsk, wurden mehrere Fußballspiele, darunter ein großes besucht. 460.000 Menschen leben in der Stadt Danzig, das zusammen mit mit Gdynia (deutsch Gdingen) und Sopot (Zoppot) die sogenannte Trójmiasto (Dreistadt) mit mehr als 740.000 Einwohnerinnen und Einwohnern bildet.

Das Danziger Stadtzentrum, die Rechtstadt, am rechten Flussufer der Mottlau (Motława). Seit dem 13.Jh. war Danzig deutsch bewohnt. Laut der preußischen Sprachenerhebung von 1831 waren in der Stadt Danzig und dem Umland 24% polnisch- bzw. kaschubisch- und 76% deutschsprachig. 1923 sprachen laut Volkszählung 95% deutsch und 3% polnisch bzw. kaschubisch als Muttersprache. Nach Schätzungen machte die polnische Minderheit 1923 15% aus und ca. 10% im Jahr 1939.


Ab 1361 war die Stadt Danzig Mitglied des lange mächtigen Handelsbunds der Hanse. Ab Ende des 15.Jh. bis zu ihrem Ende 1669 verlor die Hanse dann an Bedeutung. Der mittelalterliche Reichtum der Stadt fand seinen Ausdruck in der prächtigen Ausgestaltung der Rechtstadt und dem Bau von dreizehn gotischen Kirchen.


Das aus Ziegeln und Holz gebaute Krantor (polnisch Brama Żuraw) erfüllte die Funktion eines Stadttors am Kai und war gleichzeitig ein Hafenkran. Bereits 1363 wurde ein doppelturmiger Torvorgängerbau errichtet. Nach einem Brand wurde er 1442 bis 1444 in der heutigen Form neu errichtet. 1945 brannte die hölzerne Konstruktion des Krantors ab und die Ziegelbausubstanz wurde stark beschädigt. Das Gebäude wurde 1957 bis 1959 rekonstruiert.


Die vielen großen Speicher auf der Speicherinsel erinnern an die große Zeit Danzigs als Handelsstadt. Ab 1454 unterstellte sie sich als weitgehend selbständige Stadtrepublik dem Königreich Polen-Litauen. Bis zu 80 Prozent von dessen Außenhandel liefen über den Danziger Hafen. Die osmanische Eroberung Konstantinopels 1453 brachte Danzig bedeutende wirtschaftliche Vorteile, da aufgrund der Sperre des Bosporus der osteuropäische Getreideexport nun über die Ostsee lief. Um 1650 war Danzig mit ca. 77.000 Einwohnerinnen und Einwohnern vor Wien, Augsburg, Köln und Hamburg die größte deutschsprachige Stadt und größer als Krakau.


Das Hohe Tor (Brama Wyżynna) bildete die Haupteinfahrt nach Danzig zur Langgasse und zum Langen Markt. Es wurde im 16.Jh. errichtet und befand sich bis 1895 zwischen zwei Basteien. 1884 wurden die noch im Rohzustand befindlichen Teile der Backsteinwände mit Steinplatten verkleidet. Das Tor überstand die Kriegseinwirkungen 1945 fast ohne Schaden.


Das im 14.Jh. errichtete Peinkammertor mit dem Stockturm, polnisch Wieża Więzienna, Kerkerturm. Als er im Jahr 1604 seine Bedeutung als Teil der Befestigungsanlagen Danzigs verloren hatte, wurde der Turm zum Gefängnis umfunktioniert. Hier befanden sich die Folterkeller der Stadt.


Als drittes dieser Reihe an Stadttoren öffnet das Langgasser Tor (auch Goldenes Tor, Złota Brama) den Weg in die Stadt. Das heutige Tor wurde 1612–1614 gebaut. Zuvor stand an dieser Stelle ein gotisches Tor aus dem 13.Jh. 1945 wurde das Tor zerstört und 1957 wieder aufgebaut.


Durch die Prachtstraße Langgasse zogen die polnischen Könige in die Stadt ein.


Das Rechtstädtische Rathaus (Ratusz Głównego Miasta). Der Stadtteil Rechtstadt am rechten Flussufer ist seit dem Mittelalter das Stadtzentrum. Der Stadtteil Altstadt ist zwar älter und war früher besiedelt, seine heutige Bebauung stammt aber aus späterer Zeit. Um die Wende des 13. zum 14.Jh. entstand hier ein Vorläuferbau als Hansekontor, der 1327 auf dem heutigen Grundriss neu erbaut wurde. Der Rathausturm wurde von 1486 bis 1488 errichtet. Nach einem Brand 1556 wurde das ursprünglich gotische Rathaus im Stil des Manierismus umgebaut. Nach schweren Zerstörungen am Ende des Zweiten Weltkriegs dauerte der Wiederaufbau bis 1970. Es beherbergt heute das Stadtmuseum.


Die Langgasse führt zum Langen Markt (Długi Targ). Seit dem 17.Jh. wohnten hier die reichsten Danziger Bürger.


Das Grüne Tor (Brama Zielona) steht als Stadttor i zwischen dem Langen Markt und dem Kai. Es wurde von 1564 bis 1568 im prunkvollen flämischen Manierismus erbaut. Viele niederländische Baumeister und Architekten wurden damals nach Danzig geholt, um hier nach ihrem Stil zu bauen. Das Gebäude ist wie ein Schloss ausgestaltet, da es als Stadtresidenz der polnischen König dienen sollte, von denen sich aber keiner hier aufhielt. Die Fassade war einst grün gestrichen. 1945 wurde das Tor bis auf die Außenmauern fast komplett zerstört und später wiederaufgebaut.


Ein Blick auf das Grüne Tor und die Danziger Innenstadt 1945. Ende März 1945 wurde Danzig von der sowjetischen Armee und polnischen Militäreinheiten erobert. Durch die Kampfhandlungen wurde große Teile der Innenstadt zerstört. Rund 90% der Bausubstanz der Rechtstadt ging durch Beschuss und Brände verloren. Wie in Warschau ist praktisch das gesamte historische Stadtzentrum eine Rekonstruktion der Nachkriegsjahrzehnte nach 1945. Da die Ziegel mit den Jahrzehnten auch wieder Patina gewonnen haben, sieht man ihnen ihr junges Alter nicht an.


Vornehmlich wurden nach 1945 Fassaden, öffentliche und wichtige Gebäude und Bauten an Hauptstraßen wiedererrichtet. Abseits davon wurden die Häuser schneller und schmucklos wieder instand gesetzt.


Typisch für viele Danziger Innenstadtgassen sind die Beischläge, vor der eigentlichen Haustür gelegene, erhöhte Terrassen, die über oft verzierte Treppen zu erreichen sind.


Die Marienkirche (Bazylika Mariacka) ist eine der größten Kirchen Europas und bietet 25.000 Menschen Platz. Sie wurde zwischen 1343 und 1502 in für Danzig charakteristischer Backsteinbauweise errichtet. Vom 16.Jh. bis 1945 war es eine evangelische Kirche der mehrheitlich protestantischen deutschen Bevölkerung Danzigs. Seither ist es eine polnische katholische Kirche. Im März 1945 wurde sie durch Kriegseinwirkungen schwer beschädigt, brannte aus und 14 Gewölbebögen stürzten ein. 40 Prozent der Kunstschätze waren vernichtet. Der Wiederaufbau begann 1946 und war 1955 abgeschlossen.


Da nach der Reformation die katholische Kirche keine Kirche mehr in Danzig hatte, spendete der polnische König für den Bau einer Kirche, die als Königliche Kapelle (Kaplica Królewska) 1681 direkt neben der Marienkirche fertiggestellt wurde.


Straßenszene. Nachdem Hitler im Jänner 1933 in Deutschland an die Macht gekommen war, übernahmen die Nazis Mitte 1933 auch in der Freien Stadt Danzig die Regierung. Politische Gegnerinnen und Gegner wurden verfolgt und vor allem Jüdinnen und Juden immer stärker ihrer Rechte beraubt. Aufgrund der internationalen Kontrolle des Gebietes mussten sie bis 1936/37 Oppositionsparteien und Meinungsfreiheit zulassen. Bei den Wahlen von 1935 scheiterten die Danziger Nazis trotz massiver Wahlbeeinflussungen und -fälschungen an einer Zwei-Drittel-Mehrheit. Jüdinnen und Juden wurden unter der Naziherrschaft im Zweiten Weltkrieg deportiert und ermordet, die polnische Minderheit drangsaliert.


Das Denkmal für die polnische Opfer Danzigs (Pomnik Tym co za polskość Gdańska) wurde 1969 errichtet und erinnert an die polnischen Toten in Danzig von 1308 bis zum Zweiten Weltkrieg. Mittelalterliche Kriege um Danzig, in denen die kaschubischen Fürsten von Pommern, die Markgrafen von Brandenburg, der Deutsche Ritterorden und die polnischen Könige ihre Soldaten um die Herrschaft über Stadt und Region kämpfen ließen, wurden um 19. und 20.Jh. als nationale deutsch-polnische Konflikte dargestellt. 1308 riefen die Truppen des polnischen Königs in der Burg die Ritter des Deutschen Ordens um Hilfe gegen ein brandenburgisches Heer. Aus einem Streit kam es zum Konflikt, infolge dessen die Ritter die wenigen Soldaten und tausenden Zivilistinnen und Zivilisten, die in der Burg Schutz gesucht hatten, massakrierten. Die Opfer werden sowohl ethnisch als auch politisch als polnisch bezeichnet. Dem Massenmord der Kreuzritter lag aber nicht ein nationaler Konflikt sondern vor allem ein Streit um die Macht zugrunde. Aufbegehren gegen die Herrschaft der Ritter wurde auch in der folgenden Zeit von diesen mit Gewalt und Tod beantwortet.


Reste der mittelalterlichen Stadtmauer


Die Nikolaikirche (Bazylika św. Mikołaja) ist die einzige gotische Backsteinkirche Danzigs, die während der Kämpfe im April 1945 nicht ausbrannte. Die erste Nikolauskirche entstand um 1185. Der Bau der heutigen Kirche wurde nach 1384 begonnen.


Die Große Mühle (Wielki Młyn) in der Altstadt gehört zu den größten Wirtschaftsbauten des Mittelalters. Das Backsteingebäude wurde im 14.Jh. errichtet und fungierte 600 Jahre lang bis zur Kriegszerstörung 1945 als Mühle. Heute befindet sich in der im Krieg ausgebrannten Großen Mühle ein Einkaufszentrum.


Die Katharinenkirche (Kościół św. Katarzyny) gegenüber der Mühle wurde im 13.Jh. errichtet und im 14. und 15.Jh. ausgebaut. Die Kirche ist die älteste der Stadt und gilt nach der Marienkirche als zweitwichtigste Kirche Danzigs. Der 1945 zerstörte Kirchenbau wurde in der Nachkriegszeit wiederaufgebaut.


Straßenszene. Die noch nicht geflohene deutsche Bevölkerung, ca. 120.000 bis 130.000 Menschen, wurde in den ersten Nachkriegsmonaten 1945 vertrieben. In die weitgehend leere und zerstörte Stadt wurden zehntausende polnische Vertriebene aus den an die Sowjetunion angegliederten ehemaligen polnischen Ostgebieten angesiedelt.


Der Danziger Hauptbahnhof, Gdańsk Główny, wurde zwischen 1894 und 1900 erbaut.


Das Kindertransport-Denkmal erinnert seit 2009 vor dem Hauptbahnhof an die etwa 140 jüdischen Danziger Kinder, die von 1938 bis 1939 mit sogenannten Kindertransporten nach Großbritanniengebracht wurden und so ihre Leben retten konnten, während ihre Familien dann meist umgebracht wurden. Das erste dieser Denkmäler wurde 2006 an ihrem Ankunftsort, der Liverpool Street Station in London aufgestellt. Der Künstler Frank Meisler war selbst in einem Kindertransport aus Danzig dem Nazi-Morden entkommen. Seine Eltern hatten sich wie andere entschlossen, ihren 10-jährigen wegzugeben und allein auf die weite Reise zu schicken, damit er es anderswo besser habe. Sie wurden später umgebracht.


Das berühmte Polnische Postamt. Nach dem Ersten Weltkrieg entstand der Staat Polen neu. An Danzig vorbei erhielt Polen über Gdynia einen Ostseehafenzugang. Danzig wurde als Freie Stadt Danzig zu einem unabhängigen Staat gemacht, der für Deutschland und Polen gleichermaßen zugänglich sein sollte. De facto wurde die polnische Nutzung des Hafens aber von deutscher Seite blockiert. Der Hafen, der Zoll sowie internationale Eisenbahn- und Postverbindungen waren unter polnischer Verwaltung. Die problematischen Verhältnisse schürten viele deutsch-polnischen Konflikte.


Das Denkmal erinnert an die Verteidiger des polnischen Postamts 1939. Am ersten Tag des Zweiten Weltkriegs wurde das Postamt am 1. September 1939 von deutschen Einheiten der Danziger SS und Polizei angegriffen. Mit vorhandenen Waffen wehrten sich die rund 50 Postbeamten sowie der Hausmeister samt Frau und 10-jähriger Tochter 14 Stunden gegen den Angriff. Der polnische Verteidigungsplan sah vor, das Gebäude im Kriegsfall sechs Stunden lang zu halten bis die polnische Armee aus dem nahen Gdynia ankäme. Die kam aber nicht, da sie von der deutschen Wehrmacht angegriffen wurde. Nach 14 Stunden gaben die Verteidiger auf. Als Rache für ihren Widerstand wurden alle bis auf vier, die flüchten konnten, zum Tode verurteilt und am 5. Oktober 1939 von den Deutschen hingerichtet.


27 christliche, jüdische und wie hier ein konfessionsloser Friedhöfe wurden in Danzig entweder 1945 durch die Kriegseinwirkungen zerstört, aber v.a. auch in der Nachkriegszeit planiert, da es keine Nachkommen gab weil sie als Deutsche nach dem Krieg vertrieben oder zuvor als Jüdinnen und Juden von den Nazis deportiert und umgebracht worden waren.


Das große Denkmal für die getöteten Werftarbeiter von 1970 (Pomnik Poległych Stoczniowców 1970) erinnert mit 42 Meter hohen Stelen, an denen sich Anker befinden, an die 42 Menschen, die bei einer Protestdemonstration gegen Preiserhöhungen im Dezember 1970 von der Miliz erschossen wurden. Es gab infolge Straßenkämpfe und der Sitz der Kommunistische Partei wurde gestürmt und angezündet. Zehn Jahre spatter wurde das Denkmal im großen Streik der Danziger Werftarbeiter von ihnen ertrotzt. Es war das erste Denkmal im Ostblock, das im kommunistischen Regime an ein von ihm begangenes Verbrechen erinnerte.


Aus einem lokalen Streikkomitee der Danziger Werft entwickelte sich 1980 unter Führung von Lech Wałęsa die landesweite katholische Gewerkschaftsbewegung Solidarność, deren Wirken schließlich zum Zusammenbruch des kommunistischen Regimes in Polen 1989 führte. Dazwischen folgten aber noch harte Jahre der harten Verfolgung und staatlichen Repression nach Verbot und Verhängung des Kriegsrechts in Polen zur Unterdrückung der Solidarność 1981.


Heute gibt es hier auch ein Museum zur Überwindung des Kommunismus.


Danziger Ansicht vom Wasser aus. Eine Schifffahrt, die ist fein.


In der Danziger Werft Stocznia Gdańska, während der kommunistischen Zeit bekannt als Lenin-Werft, arbeiteten zu ihren besten Zeiten 17.000 Menschen. Die Arbeiterinnen und Arbeiter der Werft wussten um ihre ökonomische Bedeutung und waren dementsprechend selbstbewusst. Heute arbeiten in der privatisierten Werft nur mehr rund 3.000 Beschäftigte. Bei der Fahrt mit dem Schiff zur Westerplatte werden die riesigen Ausmaße der seit 1844 bestehenden Werft bewusst, wenn man kilometerlang an den Anlagen vorbeifährt.


Die Festung Weichselmünde (Twierdza Wisłoujście) geht auf das 15.Jh. zurück als der Turm als Wach- und Leuchtturm errichtet wurde. Später entstand rund um den Turm eine quadratische Festung mit vier Bastionen, die in vielen Kriegen schwer umkämpft war. Durch das Anspülen von Sand hat sich die Festung vom Ostseeufer entfernt, wodurch am Ende des 18. Jahrhunderts die preußischen Befestigungen auf der Westerplatte die Aufgabe der Verteidigung der Weichselmündung übernahmen. Die Festung diente danach als Gefängnis.


Das Westerplatte-Denkmal, polnisch Pomnik Obrońców Wybrzeża („Denkmal der Verteidiger der Küste“) aus dem Jahr 1966 erinnert an die Es erinnert an die Verteidigung der Westerplatte durch polnische Soldaten zu Beginn des Zweiten Weltkrieges. Zur Bewachung des polnischen Munitionsdepots auf der Halbinsel Westerplatte vor dem Danziger Hafen waren Polen 88 Soldaten erlaubt. Aufgrund der Kriegsgefahr hatten sie die Anzahl im Sommer 1939 auf 240 erhöht. Am 1. September 1939 griff die deutsche Wehrmacht die polnische Garnison von See aus an und eröffnete den Zweiten Weltkrieg. Die zumeist aus der Gegend von Kielce stammenden polnischen Soldaten hielten gegen alle Erwartung eine Woche gegen und mit 3.000 deutsche Soldaten aus, mussten dann aber kapitulieren und wurden aus Rache für den Widerstand erschossen.


Das Meer. Blick auf die Ostsee

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