Sonntag, 7. Juni 2015

Kielce

5.6.2015

Im polnischen Kielce wurde ein Fußballspiel besucht. 200.000 Menschen leben hier.

Der Marktplatz (Rynek) mit Häusern hauptsächlich aus dem 18.Jh.


Straßenszene


Die Kathedrale mit freistehendem Glockenturm wurde ursprünglich im 12.Jh. erbaut, zwischen 1632 und 1635 umgebaut und erhielt im 19.Jh. ihr gegenwärtiges Aussehen.


Kielce war ein wichtiges Zentrum des polnischen Widerstandes im Zweiten Weltkrieg. In und um Kielce waren verschiedene Partisanengruppen tätig. Es gab hier mehrere Attentate auf deutsche Besatzungssoldaten und SS- und Gestapo-Männer. Um trotz Schließung der polnischen Schulen durch die Deutschen weiter die Kinder und Jugendlichen lernen zu lassen, gab es geheime Untergrund-Bildungseinrichtungen bis hin zum Hochschulniveau.


Der barocke ehemalige Palast der Krakauer Bischöfe in Kielce (pałac Biskupów Krakowskich w Kielcach) wurde von 1637 bis 1644 als Sommerresidenz der Bischöfe von Krakau errichtet.


Das ehemalige Gefängnis in Kielce, heute Museum der nationalen Erinnerung (Miejsce Pamieci Narodowe. Wiezienie kieleckie 1939-1956), war von 1828 bis 1956 eine Haftanstalt für Verbrecher und politische Gefangene verschiedener Regime. Die Gebäude stammen aus dem 18.Jh. und waren ursprünglich Stallungen des Bischofspalasts. Sie wurden in den Jahren 1826 bis 1828 zum Gefängnis umgebaut. Vor allem in der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg wurde hier gewütet. In einer spektakulären Aktion brach im November 1942 ein dutzend gefangener polnischer Partisanen aus dem damaligen deutschen Gestapo-Gefängnis aus. In den Nachkriegsjahren sperrten die kommunistischen Behörden hier Regimegegner ein.

Die Synagoge wurde 1903 eröffnet. Nach der deutschen Besetzung 1939 machten die Nazis aus der Synagoge ein Gefängnis und ein Lager für von Jüdinnen und Juden geraubtes Eigentum. In der Nachkriegszeit stand das Gebäude bis 1951 leer, die angrenzenden Häuser ehemaliger jüdischer Einrichtungen wurden in den 1970er Jahren abgerissen.


Ein Denkmal vor der Synagoge ehrt Polinnen und Polen, die in der Nazizeit ihren jüdischen Mitmenschen geholfen haben.


Erinnerungsstein vor der Synagoge an die 27.000 Kielcer Jüdinnen und Juden, die von den Nazis umgebracht wurden.


Denkmal für das Ghetto von Kielce. Am Vorabend des Zweiten Weltkriegs lebten 24.000 Jüdinnen und Juden in Kielce, ein Drittel der Stadtbevölkerung. Nach dem deutschen Einmarsch 1939 begannen Attacken, Beraubungen, Verschleppungen etc. bis im April 1941 schließlich ein Ghetto eingerichtet wurde, in das 27.000 Jüdinnen und Juden aus Kielce und den umliegenden Orten gesperrt wurden. Zu ihnen kamen weitere 1.004 Menschen hinzu, die aus Wien-Wien am 19. Februar 1941 deportiert worden waren. Kielce ist also auch ein Ort des Leidens und Sterbens jüdischer Wienerinnen und Wiener.


Die Straßen des Ghettos waren von der übrigen Stadt durch einen Holzzaun, Stacheldraht und Wachposten abgetrennt. Die Menschen im Ghetto wurden zu harter Zwangsarbeit eingesetzt und bekamen wenig zu essen. Allein im ersten Jahr starben hier 6.000 Menschen allein an Hunger und Krankheiten. Dazu herrschte deutsche Willkürherrschaft, Jüdinnen und Juden wurden aus nichtigen Anlässen auf den Straßen, im Gefängnis und am Jüdischen Friedhof getötet. Binnen fünf Tagen liquidierten die deutschen Behörden 1942 das Ghetto mit der bürokraktischen Gründlichkeit des Mordens. Am 19. August rollte der erste Zug und wurden die 7.000 Menschen ins Vernichtungslager Treblinka deportiert. Am 22. August wurden die Kinder des jüdischen Waisenhauses am Flussufer massakriert. Am 23. August wurden die Patientinnen und Patienten des jüdischen Spitals mit tödlichen Injektionen umgebracht. Am 24. Augst fuhr der letzte Deportationszug nach Treblinka ab. 17.000 aus Kielce angekommene Menschen wurden dort ums Leben gebracht. Insgesamt überlebten nur 400 von 28.000 Menschen das Ghetto von Kielce.


Ein Jahr nach Kriegsende fand hier am 4. Juli 1946 der Pogrom von Kielce statt. Nach der Befreiung waren zweihundert überlebende Jüdinnen und Juden nach Kielce zurückgekehrt. In den harten Nachkriegsjahren, in denen Armut und Hunger herrschten, lebten Neid und Vorurteile weiter und so verbreitete sich im Sommer 1946 die jahrhundertelange Ritualmordlegende, Juden hätten aus religiösen Gründen christliche Kinder entführt und getötet. Vor diesem Haus, in dem das jüdische Komitee untergebracht war und mehrere Jüdinnen und Juden wohnten, versammelte sich deswegen eine aufgebrachte Menschenmenge. Die Miliz (Polizei) stürmte schließlich das Haus auf der Suche nach Kindern und trieb die Jüdinnen und Juden auf die Straße, wo sie vom versammelten Mob umgebracht wurden. Es entstand ein Pogrom in der Stadt, in dem insgesamt 42 Jüdinnen und Juden ermordet und 80 weitere verletzt wurden.


Unter den Opfern des Pogroms von 1946 befanden sich auch zwei nichtjüdische Polen, die Angegriffenen zu Hilfe geeilt waren. In den nachfolgenden Monaten verließen zehntausende polnische Jüdinnen und Juden, die den Holocaust und die deutschen Nazi-Verbrechen überlebt hatten, das Land, das ihnen kein Überleben zu gewährleisten schien. Von der polnischen Justiz wurden neun Personen für ihre Verbrechen 1946 zum Tode verurteilt und hingerichtet, drei weitere kamen ins Gefängnis. Weitere Prozesse für die vielen weiteren Beteiligten gab es nicht. Die Verantwortung der polnischen Behörden für das Geschehen wurde nie ganz geklärt.


Es gibt am Haus mehrere Gedenksteine.


Berührend sind großformatige Plakate mit privaten Fotos aus dem jüdischen Kielce vor 1939. So viele ausgelöschte Leben.


Etwas abseits an der Hautstraße steht ein weiteres Denkmal an den Pogrom von 1946 in Form eines Kunstwerks mit schwarzen zwischen weißen Steinen.

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