Montag, 17. November 2014

Warschau

16.11.2014

In der polnischen Hauptstadt Warschau (Warszawa) wurde ein Fußballspiel besucht. Rund 1,7 Mio. Menschen leben hier.

Das große Denkmal für den Warschauer Ghetto-Aufstand 1943 wurde 1948 enthüllt. Es wurde vom jüdischen, in Warschau geborenen Bildhauer Nathan Rapaport in Zusammenarbeit mit Leon Marek Suzin aus schwedischen Labradoritsteinblöcken, die von NS-Reichsminister Albert Speer zur Errichtung eines Siegesdenkmals bestimmt gewesen waren, gestaltet. Das Denkmal zeigte eine Skulpturengruppe in der Mitte, mit zwei Menorahs davor. Auf der Rückseite stellt ein Relief den Zug von Holocaust-Opfern dar.


Ein erstes Denkmal für den Aufstand im Ghetto wurde bereits 1946 errichtet. Beim deutschen Überfall auf Polen 1939 lebten fast 500.000 Jüdinnen und Juden in Warschau. 1945 hatten davon nur etwa 20.000 überlebt, zumeist von Polinnen und Polen gerettet und versteckt. Mitte 1940 pferchten die deutschen Besatzer die halbe Million Menschen aus der ganzen Stadt in ein abgesperrtes Stadtgebiet. Die Lebensbedingungen waren katastrophal, es fehlte an allem, die Menschen starben massenhaft. Bereits nach zwei Jahren waren Mitte 1942 100.000 Menschen an Mangelerscheinungen ums Leben gekommen. Ab Juli 1941 wurden in nur zwei Monaten 250.000 Menschen aus dem Ghetto in das Vernichtungslager Treblinka deportiert und dort ermordet. Im April 1943 lebten im Ghetto noch 56.000 Menschen. Den Tod vor Augen wehrten sie sich im April und Mai 1943 in einem bewaffneten Aufstand gegen Abtransport und Ermordung. Der Aufstand wurde von deutschen SS-Truppen blutig niedergeschlagen, die mit der feierlichen Sprengung der Großen Synagoge als Schlusspunkt ihren bluttriefenden Triumph feierten. Etwa 7.000 Jüdinnen und Juden starben kämpfend. 300 SS-Soldaten konnten sie töten. Die übrigen überlebenden Menschen im Ghetto wurden von den deutschen Soldaten in Massenhinrichtungen vor Ort erschossen oder nach Treblinka deportiert.


Das große Museum der Geschichte der polnischen Juden (Polin) gegenüber wurde erst unlängst im Oktober 2014 eröffnet. Ein Besuch hier war wie auch bei anderen Museen im Zeitbudget nicht drinnen. Man wird wiederkommen.


Denkmal für den in Łódź geborenen Jan Karski. Als polnischer Offizier und Kurier der Widerstand leistenden Polnischen Heimatarmee (Armia Krajowa) informierte er zwischen 1942 und 1943 die polnische Exilregierung in London sowie die britische und US-Regierung über den Naziterror in Polen und den Holocaust. Er berichtete als Augenzeuge, da er in einer Uniform der ukrainischen Miliz (NS-Hilfstruppe) in ein KZ (das Vernichtungslager Belzec oder das Sammellager Izbica) und durch einen Tunnel in das Warschauer Ghetto eingeschleust worden war. Er traf von US-Präsident Roosevelt abwärts viele wichtige Entscheidungsträger, doch wurden seine Schilderungen als unglaubwürdige Übertreibungen eingestuft. Typischerweise wird er auf einer Bank auf Einlass wartend dargestellt.


In einer unvergesslichen, berührenden Geste kniete der westdeutsche Bundeskanzler Willy Brandt 1970 beim Besuch des Denkmals an den Aufstand in Ghetto nieder und bat um Vergebung für das viele Morden. Ein eigenes Denkmal am Rand des Parks erinnert an diesen historischen Moment.


Das Denkmal für die Befreiung Warschaus von der deutschen NS-Terrorherrschaft Anfang 1945. Sie ist geschichtspolitisch hier hitzig rezipiert, einerseits da die sowjetische Armee dem Warschauer Aufstand 1944 nicht zu Hilfe kam und erst danach die Stadt besetzte sowie andererseits aufgrund der nachfolgenden jahrzehntelangen kommunistischen Diktatur. So wurde der Park zum Platz der politischen Gefangenen des Stalinismus (Skwer Więźniów Politycznych Stalinizmu) erklärt und 1999 ein Gedenkstein für sie aufgestellt.


Unzählige Denkmäler, Gedenksteine und Tafeln an den Häusern erinnern im Stadtzentrum an Morde in der Zeit der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg und an den Warschauer Aufstand von 1944. Schon zuvor hatte es im Rahmen der polnischen Untergrundarmee Armia Krajowa Widerstandsaktionen gegeben. Nachdem die sowjetische Armee die deutschen Truppen im Juli 1944 in die Nähe Warschaus zurückgedrängt hatte und am Ostufer des Flusses Weichsel stand, wurde ein Aufstand versucht. Zwei Monate dauerten die Kämpfe. Unter riesigen Verlusten an Menschenleben mangels ausreichender Bewaffnung vertrieben die Aufständischen die deutschen Besatzer zunächst. Die britische Luftwaffe kam zu Hilfe, erlitt so tief im deutsch beherrschten Gebiet aber erhebliche Verluste. Der US-Luftwaffe wurde die Zwischenlandung im sowjetischen Gebiet verwehrt. Die sowjetische Armee hielt den Vormarsch an und wartete die Niederschlagung des Aufstands ab. In den sowjetischen Plänen war keine Rolle für ein sich selbst befreiendes Polen vorgesehen.


Das große Denkmal für den Warschauer Aufstand von 1944 (Pomnik Powstania Warszawskiego) wurde 1989 errichtet. Vor allem SS-Truppen schlugen den Aufstand trotz heftigen Widerstands nieder. Sie versuchten die Widerstandskraft der Aufständischen zu brechen, indem sie im Stadtteil Wola als Terrormaßnahme alle dortigen Einwohnerinnen und Einwohner vom Säugling bis zum Greis, 30.000 Menschen, in wenigen Tagen erschossen. Nach 63 Tagen Kampf waren 200.000 Zivilistinnen und Zivilisten und 20.000 polnische Soldaten getötet worden. Die verbliebenen 300.000 Menschen in Warschau wurden vertrieben oder in KZ deportiert. Danach begann die systematische Zerstörtung der Stadt. Haus für Haus sprengten die deutschen Soldaten in der Altstadt und im umliegenden Stadtzentrum alle Gebäude, von denen nach zwei Monaten Artilleriebeschuss und Bombardements noch etwas übrig war. Es sollte nichts stehenbleiben. 90% der Gebäude im Stadtzentrum westlich der Weichsel waren schließlich zerstört.


Lateinische Weisheiten mit polnischer Übersetzung umgeben die Säulen des Denkmals des Warschauer Aufstands. Da ich der polnischen Sprache leider nicht mächtig bin, ermöglichte die Anbringung in der Originalsprache dennoch deren Lektüre.


Das 1983 errichtete Denkmal des kleinen Aufständischen erinnert an 1944 kämpfende Kinder. Kinder wurden von den deutschen Soldaten genauso wie Frauen, alte Leute oder allgemein Unbeteiligte unterschiedslos umgebracht und beteiligten sich auch am Widerstand.


Nach der Zerstörung 1944 wiederaufgebauten Reste der ab dem 14.Jh. errichteten Stadtmauer. 1413 wurde Warschau masowischer Fürstensitz, später zog der polnische Königshof hierher und 1596 wurde die Hauptstadt schließlich aus Krakau nach Warschau verlegt.


Der Altstädter Marktplatz (Rynek Starego Miasta). Anhand von historischen Gemälden (Canaletto), Fotos und Trümmern wurden die Häuser des Stadtzentrums in einem großen Kraftakt bis 1953 wiedererrichtet. In den Nachkriegsjahren herrschte bittere Not, Wohnraum gab es in der zerstörten Stadt viel zu wenig. Es wurden hauptsächlich die Fassaden der Häuser rekonstruiert, die Gebäude selbst modern errichtet.


Das v.a. auf das 16.Jh. zurückgehende einstige Königsschloss (Zamek Królewski) wurde gleich beim ersten deutschen Luftangriff nach Kriegsbeginn im September 1939 als nationales Symbol bombardiert und ging in Flammen auf. Es blieben nur Ruinen, die schließlich nach Niederschlagung des Warschauer Aufstands 1944 im Rahmen der Bestrafungsaktion von deutschen Soldaten gesprengt wurden. Erst Jahrzehnte nach Wiederherstellung der Altstadt wurde auch das Schloss am Schlossplatz (plac Zamkowy) wiederaufgebaut und zwischen 1971 und 1988 wiedererrichtet.


Der etwas tiefer als das Königsschloss in Richtung Weichselufer gelegene spätbarocke Palast unter dem Blechdach (Pałac pod Blachą) aus dem 18.Jh. wurde nach seiner Zerstörung 1944 von 1945 bis 1949 wiederaufgebaut. Seinen Namen verdankt das einstige königliche Stadtschloss seinem damals ungewöhnlichen Blechdach.


Die auf das 15.Jh. zurückgehende und später barock und klassizistisch umgebaute St.-Anna-Kirche (Kościół św. Anny) mit ihrem freistehenden Glockenturm am dem Schlossplatz gegenüberliegenden Hügel.


Das Geburtshaus der als Marie Skłodowska geborenen Marie Curie. Die große Physikerin wurde hier 1867 geboren. Sie ging 1891 nach Paris, wo sie für ihre Arbeiten Nobelpreise für Physik und Chemie gewann und schließlich 1934 an den Folgen ihrer Verstrahlung starb.


Die barocke Kasimir-Kirche (Kościół św. Kazimierza) aus dem 17.Jh. Im Zweiten Weltkrieg versorgten die Nonnen des Benediktinerordens hier zunächst verwundete Zivilistinnen und Zivilisten, öffneten das Spital dann im Warschauer Aufstand 1944 auch für verletzte Aufständische. Die deutsche Luftwaffe bombardierte das Spital am 31. August 1944 und tötete dabei vier Priester, 35 Nonnen und mehr als tausend Zivilistinnen und Zivilisten. Krankenhäuser und Lazarette wurden von deutscher Seite im Zweiten Weltkrieg als militärische Ziele behandelt und beschossen.


Straßenszene in der Neustadt (Nowe Miasto)


Im 1643 errichteten heutigen Präsidentenpalast wurde 1955 der Warschauer Pakt unterzeichnet. Heute weht davor neben EU-Fahne und polnischer Nationalflagge das NATO-Emblem.


Rund um die Löwenstatuen vor dem Präsidentenpalast ereignete sich 2012 um einen österreichischen Politiker, der den rechten Parteien FPÖ, BZÖ und Stronach anhing, eine Posse als er sie im deutschnationalen Überschwang während der Fußball-EM mit deutschen Farben beschmierte, dafür festgenommen wurde und sich zur Schande der Republik mit österreichischem Nationalratsabgeordneten-Ausweis daraus entwinden konnte.


Inmitten eines belebten Kreisverkehrs steht eine Palme. Der heute künstliche Baum ist die Nachbildung einer Dattelpalme, welche die polnische Künstlerin Joanna Rajkowska hier 2002 aufstellen ließ. Ursprünglich war die Palme 2001 Bestandteil eines umfangreicher gedachten, kurzzeitigen Projekts einer Jerusalem-Allee aus Palmen in Erinnerung an die jüdische Vergangenheit Warschaus. Daraus wurde dann ein Baum. Da er schnell beliebt wurde, wurde er 2003 durch Kunststoff ersetzt und steht seither auf der Verkehrsinsel.


Der riesige Kulturpalast (offiziell Kultur- und Wissenschaftspalast, Pałac Kultury i Nauki) wurde von 1952 bis 1956 von 3.500 hierhergebrachten Bauarbeitern aus der Sowjetunion errichtet. Das weit ausladende, 231 Meter hohe Gebäude im Stil der Prunkbauten des Stalinismus war und ist für die Warschauer Bevölkerung ein Symbol der kommunistischen Diktatur.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen