Donnerstag, 5. Dezember 2013

Saarbrücken

3.12.2013

In der Hauptstadt des Saarlands im Westen Deutschlands gab es einen abendlichen Fußballspielbesuch. Zuvor wurde durch die Stadt spaziert, in der rund 177.000 Menschen leben.

Das ehemalige Bergwerksdirektionsgebäude beherbergte von 1880 bis in die frühen 1970er Jahre die zentrale Verwaltung der Bergwerke im saarländischen Kohlerevier. Die Geschichte des Saarlands läßt sich schon rein daran ablesen: Es war dies erst die Königlich Preußische Bergwerksdirektion, dann der französische und der deutsche Staat, die Mission Française des Mines de la Sarre bis hin zu den Saarbergwerken AG. Heute ist hier nicht mehr der Schlüssel zur Hochtechnologie des 19./20.Jh. zuhause, sondern nach einer Aushöhlung des Gebäudekomplexes hinter derselben Fassade mit einem Einkaufszentrum ein Konsumtempel des 21.Jh.


Ein Mahnmal wurde erst vor wenigen Wochen am Rabbiner-Rülf-Platz aufgestellt. Letzterer ist nach dem Rabbiner Friedrich Schlomo Rülf benannt, der die Saarbrücker jüdische Gemeinde von 1929 bis 1935 leitete. Das Mahnmal ist ein Kunstwerk namens Der unterbrochene Wald des Bildhauers Ariel Auslender. Über die Stufen und den Platz ziehen sich abgeschnittene bronzene Baumstämme und am Platz wurde echte Bäume gepflanzt, sodaß sich das Ensemble eines Erinnerungswalds ergibt. Geschätzte 2.500 Saarbrücker Jüdinnen und Juden wurden von den Nazis deportiert und ermordet.




Nachdem die alte jüdische Synagoge aus dem Jahr 1888 im Novemberpogrom 1938 in Brand gesetzt und 1939 abgerissen worden war, wurde zwischen 1948 und 1951 an einem anderen Standort eine neue Synagoge für die 1946 neugegründete jüdische Gemeinde erbaut. Es ist damit die erste Nachkriegssynagoge Deutschlands.


Das Rathaus wurde zwischen 1897 und 1900 als Rathaus der Stadt St. Johann errichtet. Das heutige Saarbrücken entstand erst 1909 durch Zusammenlegung der zuvor selbständigen Städte Saarbrücken, St. Johann und Malstatt-Burbach.


Den Landwehrplatz mit der schönen alten Feuerwache ziert inmitten nicht etwa ein militärisches Denkmal, wie man angesichts des Namens vermuten würde, sondern ein wohl als Kunstobjekt aufgestelltes altes Schiff. Es hätte auch ein Duell-Denkmal sein können: Die Fama erzählt, daß sich die Bürgermeister von St. Johann und Saarbrücken wegen des Streits über den zu wählenden Stadtnamen der neuen gemeinsamen Stadt, Saarbrücken oder St. Johann, ein Pistolenduell geliefert haben sollen. Es gab zwar tatsächlich ein solches Duell, aber schon 1894 und es ging damals nicht um den Namen der neuen Stadt sondern um den Standort des Bezirkskommandos des Militärs. Das Bezirkskommando war in St. Johann am Landwehrplatz und die Bürgermeister wurden wegen des Duells mit rechtlichen Konsequenzen konfrontiert.


Am Rand des Landwehrplatzes ist eine Fläche neben der Alten Feuerwache Max-Braun-Platz benannt. Max Braun war bis zum Anschluß des bis dahin französisch verwalteten Saarlands an Nazideutschland 1935 Vorsitzender der saarländischen SPD und Saarbrücker Stadtrat. Unter Einsatz seines Lebens stellte er sich gegen die Vereinigung und NS-Machtübernahme und schützte Jüdinnen und Juden. Leider schließlich erfolglos.


Straßenszene


Blick von St. Johann auf das Saarbrücker Schloß in Alt-Saarbrücken. Aus der mittelalterlichen Burg entwickelte sich im 17.Jh. ein Renaissanceschloß. Nach dessen Kriegszerstörung wurde im 18.Jh. das jetzige Barockschloß als Fürstenresidenz errichtet.


Mahnmal auf der Schloßstiege: Den Opfern zum Gedenken. Uns zur Mahnung. Nie wieder Faschismus.


Blick von den Kasematten des Schlosses auf die Stadt


Schloßplatz


Der Platz des Unsichtbaren Mahnmals ist ein etwas mysteriöses Mahnmal, da keine Erklärungstafel vor Ort zu sehen war. Auch das mag Teil des Konzepts des Unsichtbaren sein. Es nicht zu erklären, hilft aber wohl nicht, eine Verdrängung sichtbar zu machen. (Nachtrag: Angeblich gibt es doch eine Tafel) 1993 wurde das Mahnmal offiziell eingeweiht nachdem zuvor bereits seit 1990 Studierende zunächst heimlich in Pflastersteine des Schloßplatzes die Namen jüdischer Friedhöfe eingemeißelt hatten und diese Steine anschließend mit der Beschriftung nach unten wieder eingefügt hatten. Das Schloß war zur Nazizeit eine Leitstelle der Gestapo. 2.146 Ortsnamen jüdischer Friedhöfe, die bis zum Jahr 1933 bestanden hatten, sind an den Unterseiten der Pflastersteine des Mittelstreifens des Schloßplatzes angebracht.


Die Ludwigskirche am Ludwigsplatz wurde ursprünglich zwischen 1761 und 1775 errichtet. Kirche und Platz bilden im Sinne einer barocken place royale ein Gesamtkunstwerk. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche bei einem Bombenangriff 1944 praktisch komplett zerstört. Es stand nur mehr Reste der Außenmauern. 1949 begann ein Wiederaufbau, der sich über Jahrzehnte hinzog, da von den 1950er Jahren bis in die 1970er Jahren darüber gestritten wurde, ob der barocke Innenraum ebenfalls wiederaufgebaut werden sollte oder ein moderner Saal geschaffen werden soll. Schließlich wurde der barocke Kirchenraum ebenfalls wiederhergestellt und die Restaurierung 2009 abgeschlossen.




An der Stadtgrenze lag von 1940 bis 1944 an der Metzer Straße das Gestapo-Lager Neue Bremm. 1940 bis 1943 wurde das Lager Neue Bremm zunächst für Zwangsarbeiter, dann für Kriegsgefangene genutzt. Von Februar 1944 bis November 1944 sprachen die Nazis euphemistisch von einem „Erweiterten Polizeigefängnis“, es diente nun auch als Durchgangslager für die Konzentrationslager. Die Zahl der Ermordeten wird auf einige Hundert geschätzt, die der Insassen insgesamt auf etwa 20.000. Das deutsche Lagerpersonal (zum Teil SS-Chargen) wurde 1946 vor einem Gericht der französischen Militärregierung des Saarlands wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Diebstahl, Misshandlung Gefangener, Mord und Totschlag angeklagt und überwiegend verurteilt. 1947 wurde ein weithin sichtbarer Obelisk als Denkmal errichtet. Er steht heute an der gegenüberliegenden Straßenseite nachdem in den 1960er Jahren die Metzer Straße zum Autobahnzubringer ausgebaut wurde.


2004 wurde die Gedenkstätte neugestaltet. Auf einer Mauer sind straßenseitig die Worte HOSTAL HOSTILE HOTEL HOSTAGE GOSTIN OSTILE HOSTEL HOSTIL HOST zu lesen, was in verschiedenen Sprachen auf die Geschichte des Ortes hinweist. Es gab hier ein Männerlager und ein Frauenlager. Am Gelände des Frauenlagers wurde in der Nachkriegszeit eine Hotelanlage errichtet.


Ein nur schwer zu erkennendes Bild an der Betonwand zeigt ein Familienfoto. Das Bild aus dem Jahr 1943 zeigt eine Frau, ein Kind und einen kleinen Hund, im Hintergrund sind die Häftlingsbaracken des Lagers Neue Bremm zu erkennen. Das Lager lag nicht versteckt, sondern an der damaligen Hauptverkehrsader Metzer Straße.


Blick vom ehemaligen Eingang in das Männerlager. Die Baracken wurde 1945 abgerissen. Nach Einweihung der französischen Gedenkstätte 1947 geriet das Lager Jahrzehnte in Vergessenheit.


Freigelegte Fundament der Baracken sind zu sehen. Hier die Baracken für Waschräume, Küchen und die Effektenkammer, wo der abgenommene persönliche Besitz der Gefangenen verstaut wurde. Der Waschraum diente auch als Folterkammer. Die Schreie waren auf der Straße (hinter der Mauer im Hintergrund) zu hören.


Inmitten des Männerlagers liegt ein Löschteich, der ebenfalls Ort der Folter der Gefangenen war. Berichte erzählen von stundenlangem Watscheln in Hockhaltung im Entengang rundherum, begleitet wurde Stockschlägen und Schüssen.


Interessante Schautafeln erzählen über das Lager, die Insassen, die Täter und den Umgang mit dem Ort in der Nachkriegszeit.


Die Lebensgeschichte der Überlebenden Clemence Jacques und der an den Folgen der Mißhandlung verstorbenen Cécile Vecrin.


Bei der Neugestaltung 2004 wurde auch das Hotel, das 1975 am Gelände des Frauenlagers errichtet worden war, einbezogen. An der Außenwand wurde das Portrait von Yvonne Bermann, einer ehemaligen Gefangenen, angebracht. Eine Informationstafel berichtet über ihr Schicksal. Im Foyer des Hotels wurde ebenfalls eine Tafel angebracht.


Will nicht narben.

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