Samstag, 19. April 2025

Gallneukirchen

19.4.2025

Im oberösterreichischen Gallneukirchen habe ich ein Fußballspiel besucht. 6.500 Menschen leben hier in der Stadtgemeinde im Unteren Mühlviertel.

Das Schloss Riedegg wurde nach einem Brand des Vorgängerschlosses 1609 neu errichtet. Hier befand sich zunächst die 1150 erstmals schriftlich erwähnte Burg Riedegg, von der heute nur mehr Teile als Ruine zu sehen sind. Im Kriegsjahr 1529 ließ sich der Burgherr die Burg von osmanischen Kriegsgefangenen einerseits militärisch stärker befestigen (Steinummantelung des Burgfelsens) und andererseits zu einem Renaissanceschloss umbauen. Nach dem Brand von 1609 wurde der Turm in den Neubau des Schlosses Riedegg integriert.


Das Franzosenkreuz. Im Kriegsjahr 1742 des Österreichischen Erbfolgekrieges wurden in Gallneukirchen über 200 französische und bayerische Soldaten beim Kampf um Gallneukirchen in der Nacht vom 14. auf den 15. Jänner 1742. getötet, als sie aus dem von ihnen besetzten, aber von österreichischen Truppen eingekesselten Linz ausbrechend im Mühlviertel Lebensmittel rauben sollten. Das Alter des Kreuzdenkmals ist unbekannt. Hier wurde es 1927 aufgestellt. 1951 hat man bei Grabungsarbeiten auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein Massengrab mit 218 Schädeln und Gebeinen gefunden.


Die katholische Stadtpfarrkirche wurde um 1400 in frühgotischem Stil anstelle einer romanischen Kirche aus dem 12./13.Jh. gebaut. Die barocke Inneneinrichtung stammt aus dem 18.Jh. 1909 wurde das Innere neogotisch neu gestaltet. 1890/91 wurde der rund um die Kirche verlaufene Friedhof geschlossen und planiert. Die Kirche ist dem christlichen Heiligen Gallus geweiht, der als irischer Mönch v.a. im Bodenseeraum die christliche Religion zu verbreiten versuchte und um 640 gestorben ist. Der Ort wurde 1125 erstmals schriftlich als Novenkirchen erwähnt. Seit 1356 wird der heutige Ortsname Gallneukirchen verwendet.


Die evangelische Pfarrkirche wurde 1906 eröffnet. Die evangelische Gemeinde Gallneukirchens geht auf den von 1806 bis 1815 hier als katholischem Pfarrer arbeitenden Martin Boos zurück. Boos war zuvor bereits in Augsburg 1797 mehr als ein Jahr im Gefängnis gesessen, da ihm vom dortigen Bischof das Verbrechen der Abweichung von der katholischen Kirche vorgeworfen worden war. Nach der Freilassung übersiedelte er 1799 nach Linz. Auch hier wurde er aufgrund seines von der katholischen Kirche als Ketzerei eingestuften Wirkens ein Jahr lang eingesperrt, davon ein halbes Jahr in Einzelhaft (1815/16). 1846 anerkannte die evangelisch-lutherische Kirche die Boosianer und nahm sie auf.


Das Mahnmal für Euthanasieopfer aus dem Jahr 1991 erinnert an die 64 Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen, die hier vom evangelischen Diakoniewerk in Gallneukirchen betreut wurden und welche die Nazis im Jänner 1941 im Rahmen des Behinderten-Massenmordens von hier abholen und in die Tötungsanstalt in Hartheim bringen ließen, wo sie diese ermordeten.


Das Mahnmal für den Frieden aus dem Jahr 2006 erinnert einerseits an die hier zum Kriegsende von der US Army im Rahmen der Übergabe des Mühlviertels in die sowjetische Besatzungszone an ihre sowjetischen Allierten übergebenen 15.000 Soldaten der deutschen Wehrmacht. Die Wehrmachtssoldaten hatten sich von amerikanischer Kriegsgefangenschaft bessere Bedingungen erhofft als in der Sowjetunion, wo 27 Millionen Menschen, darunter etwa 14 Millionen Zivilbevölkerung, im deutschen Vernichtungskrieg der Nazis gegen die Sowjetunion getötet worden waren. Andererseits erinnert das Mahnmal auch an die Ermordeten des Februar 1945 im Mühlviertel als in der sogenannten Mühlviertler Hasenjagd die Bevölkerung aus dem Todesblock des KZ Mauthausen entkommene sowjetische Kriegsgefangene jagte und umgebrachte. 419 KZ-Häftlinge, hauptsächlich kriegsgefangene sowjetische Offiziere, die von den Nazis zur Ermordung vorgesehen waren, schafften es in einem großen Ausbruch das KZ zu verlassen. Viele der ausgehungerten Mengen brachen jedoch bereits kurz nach der Mauer erschöpft im Schnee zusammen oder wurden von den Maschinengewehren der KZ-Wachen erschossen. Die 75 Häftlinge des Blocks, die krank und schwach oder aus anderen Gründen im KZ zurückgeblieben und nicht geflohen waren, wurden von den Wachen sofort ermordet. Über 300 Häftlingen gelang vorerst die Flucht. SS, SA, Gendarmerie, Feuerwehr, Wehrmacht, Volkssturm und Hitler-Jugend sowie die Zivilbevölkerung der Umgebung wurden von den Nazis mobilisiert und veranstalteten drei Wochen lang eine Hetzjagd. Der Großteil der Menschen wurde gefunden und meistens an Ort und Stelle ermordet. Die Toten wurden nach Ried in der Riedmark gebracht und dort wie bei Jagdbeute-Trophäen bei Treibjagen auf Wildtiere stolz zu einem Haufen übereinandergestapelt. Wer lebende Gefangene brachte, wurde von den Nazis beschimpft, weil er die Menschen nicht sogleich ermordet hatte. Am Ort des Mahnmals in Gallneukirchen wurden am Abend des 2. Februar 1945 zwanzig Gefangene von SS umgebracht. Auch in Gallneukirchen gab es aber zwei mutige Familien, die zwei der geschundenen Menschen versteckten. Nur von elf entkommenen sowjetischen Kriegsgefangenen ist bekannt, dass sie die Menschenjagd und das Kriegsende überlebten. Einzelne Bauernfamilien und zivile ausländische Zwangsarbeiter versteckten trotz des extrem hohen Risikos Häftlinge oder versorgten die in den umliegenden Wäldern versteckten Flüchtlinge mit Nahrungsmitteln. Drei Monate später ging der Krieg zu Ende und die versteckten Menschen waren in Sicherheit.

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