Samstag, 12. November 2022
Sárvár
12.11.2022
In der ungarischen Stadt Sárvár wurde ein Fußballspiel besucht. 15.000 Menschen leben hier.
Das Schloss Nádasdy wurde im 16.Jh. als Wasserburg im Stil der Renaissance einige hundert Meter entfernt von der mittelalterlichen Lehmburganlage errichtet, die es als für moderne Kriege zeitgemäßere Anlage ersetzte. Im Jahr 1875 erbte die bayerische Königsfamilie der Wittelsbacher das Schloss und blieb bis zur Verstaatlichung in der Nachkriegszeit Eigentümer. 1921 starb hier auf einer Reise der bis 1918 amtierende letzte bayerische König Ludwig III., nach dem Zweiten Weltkrieg wurden hier Wohnungen und eine Landwirtschaftsschule untergebracht, seit den 1960er/70er Jahren dann die Stadtbücherei und ein Kulturzentrum. Heute wird hier in einem Museum der ungarische Nationalheld Nádasdy III. Ferenc verehrt. Der ungarische Hochadelige war einer der Anrührer eines 1670 nach jahrelangen Vorbereitungen begonnenen bewaffneten Aufstands ungarischer Adeliger, die ihre Soldaten gegen die Armee des Kaisers und Königs Leopold I. Krieg führen ließen, weil die Habsburger ihnen zu wenig Anstrengungen zu Eroberungskriegen für das großteils im Osmanischen Reich befindlichen Ungarn setzen. Der Aufstand wurde schnell niedergeschlagen, seine in den Krieg geschickten Soldaten getötet oder gefangen und Franz III. Nádasdy in Wien 1671 hingerichtet.
Holocaust-Denkmal im Schlosspark. Jüdinnen und Juden lebten hier wahrscheinlich seit der Vertreibung aus Sopron 1526. Mehrmals gab es Pogrome, in denen sie von den christlichen Nachbarn überfallen, beraubt und ermordet wurden. 1840 gab es blutige Ausschreitungen und Jagden auf Jüdinnen und Juden in der Stadt nachdem ein christliches Mädchen verschwunden war und herumerzählt wurde, dass die Juden schuld wären. In der Zeit des Weißen Terrors in den Jahren 1919 bis 1921 nach dem Sturz der kommunistischen Räterepublik wurden die Geschäfte, die Jüdinnen und Juden gehörten, geplündert und ungarische Horthy-Soldaten sowie junge Männer aus der deutschen Bevölkerung der Stadt attackierten Jüdinnen und Juden auf den Straßen und vertrieben sie. Ein altes jüdisches Ehepaar wurde ermordet. Die Mörder waren allgemein bekannt, aber kamen wie alle Beteiligten des Weißen Terrors zur Wiederherstellung der alten Herrschaft ohne jegliche strafrechtliche Verfolgung davon. Nach einigen Wochen konnten die Jüdinnen und Judne in ihre ausgeraubten Häuser und Wohnungen zurückkehren. 1930 lebten hier 300 von ihnen. Im Zweiten Weltkrieg zog das mit den Nazis verbündete ungarische Horthy-Regime jüdische Männer zur Zwangsarbeit ein. Auch in Sárvár wurde im Oktober 1942 ein Zwangsarbeitslager errichtet. Nach dem Einrücken der deutschen Wehrmacht im März 1944 wurde die jüdische Bevölkerung in ein Ghetto rund um die Synagoge zusammengepfercht, woraus die deutschen Soldaten und ungarische Gendarmerie die Männer im Juni zur Zwangsarbeit nach Kőszeg brachten. Wenig später deportierten sie die verbliebenen 5.000 Menschen zur Ermordung mit der Eisenbahn nach Auschwitz. 150 Überlebende kamen nach Kriegsende in ihre Heimatstadt zurück, waren aber nicht willkommen und wanderten bis 1959 nach Israel aus.
Evangelische Kirche. In der Renaissance war die Stadt das Zentrum der ungarischen Reformationsbewegung. Hier wurde die Grammatica Hungarolatina des Melanchthon-Schülers und Humanisten János Sylvester (1539), das erste gedruckte ungarischsprachige Buch, sowie seine ungarische Übersetzung des Neuen Testaments (1541) gedruckt. Amtssprache war im ungarischen Königreich bis 1848 ja Latein. Mátyás Bíró Dévai, der bedeutendste ungarische Reformator und Verfasser des ersten ungarischen Katechismus (1538) lebte auch hier.
Straßenszene. Der Stadtname Sárvár lässt sich als „Schlammburg“ übersetzen, womit die in einer damaligen Sumpflandschaft errichtete Burg Ausgangspunkt für die spätere Stadt rundherum geworden wäre. Eine andere Übersetzungsmöglichkeit wäre auch „Lehmburg“. Im frühmittelalterlichen Ungarn waren Burgbauten aus Erdwällen und mit Lehm gebauten Palisaden üblich.
Straßenszene. Als Verbündeter der Nazis besetzte Ungarn im Zweiten Weltkrieg nach dem deutschen Überfall auf Jugoslawien 1941 bis 1918 zum Königreich Ungarn gehörende Landesteile, genauer gesagt die Regionen Bačka und Baranja sowie einen Teil Sloweniens. Rund 3.500 erschossen sie. Weiters wurde die serbische Bevölkerung zu abertausenden in der Vojvodina von den ungarischen Soldaten gefangengenommen und im Juni 1941 in Lager wie u.a. hier in Sárvár gebracht, um den slawisch bewohnten Gebieten dort eine ungarische Mehrheit zu verschaffen. 15.000 Menschen allen Alters und beiderlei Geschlechts wurden in Sárvár auf dem Gelände eine ehemaligen tTextilfabrik eingesperrt. Folter und Gewalt der Bewacher war Alltag. Viele starben an Hunger, Typhus und Tuberkulose. Zu 95% waren es Serbinnen und Serben, der Rest Sloweninnen und Slowenen aus Lendava. Nach einer Initiative des serbisch-orthodoxen Bischofs der Bačka, Irinej Ćirić, ließen die ungarischen Behörden 1942 zumindest 2.812 Kinder unter 15 Jahren aus dem Lager frei, während die Eltern weiter gefangen blieben. Erst im März 1945 wurden sie von der vorrückenden sowjetischen Armee befreit.
Katholische Kirche
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