Sonntag, 6. Februar 2022

Pula

6.2.2022

In der kroatischen Stadt Pula auf der Halbinsel Istrien wurde ein Fußballspiel besucht. 57.000 Menschen leben hier.

Seit dem 10.Jh.v.u.Z. bestand hier eine Siedlung des illyrischen Volks der Histrier. Nach der römischen Eroberung im Jahr 177 v.u.Z. wurde die Stadt neu gebaut und mit 30.000 Einwohnerinnen und Einwohnern und einem wichtigen Hafen zu einem regionalen Zentrum. Den Sergierbogen (lateinisch arcus Sergii, kroat. Slavoluk Sergijevaca) ließ nach der Schlacht bei Actium 31 v.u.Z., in der die Soldaten von Octavian im Töten und Getötet werden gegen jene von Marcus Antonius und Kleopatra den römischen Bürgerkrieg um die Herrschaft von Rom zugunsten Octavians entschieden, Salvia Postuma Sergia aus der über Jahrhunderte in Pula mächtigen Familie der Sergier zum Gedenken für ihre drei Brüder aus privaten Geldmitteln (lateinisch de sua pecunia) errichten. Er stand einst vor der 1829 abgerissenen porta Aurea („Goldenes Tor“), dem Haupttor der Stadt, und ist daher nur an einer Seite geschmückt. Im vorhergehenden römischen Bürgerkrieg hatte sich die Stadt an die Seite der Verlierer Brutus und Cassius gestellt und war verwüstet worden. Sie wurde wieder aufgebaut und nach Octavians Tochter Julia Colonia Pietas Iulia Pola Pollentia Herculanea benannt. Unter dem Kaiser Septemius Severus wurde die Stadt um 200 in Res Publica Polensis umbenannt.


Das ehemalige Stadttor Herkulestor (kroatisch Herkulova vrata, italienisch Porta Ercole) stammt aus der Mitte des 1.Jh.v.u.Z. und ist das älteste erhaltene römische Bauwerk in der Stadt.


Das antike Doppeltor (lateinisch Porta Gemina, kroatisch Dvojna vrata) wurde als dekorativer Eingang zum (kleinen) römischen Theater errichtet.


Die Ruine eines achteckigen antike römischen Mausoleums aus dem 1.Jh., die 1941 entdeckt wurde. Nur die Überreste des Unterteils sind erhalten, worüber sich wohl die Grabkammer befand. Aufgrund der Ausmaße wird das ganze Gebäude wohl neun Meter hoch gewesen sein.


Das römische Amphitheater wurde im 1.Jh. damals etwas 200 Meter außerhalb der Stadtmauern errichtet. Es ist das sechstgrößte Amphitheater der Antike und aufgrund der stehengebliebenen Fassade eines der am besten erhaltenen. Die in Kalkstein errichtete Fassade in ihrer hier seit dem Jahr 81 u.Z. zu sehenden Form aus zwei Arkadenreihen ragt meerseitig 32,5 Meter in die Höhe und ist an der an einen Hügel gebauten Ostseite niedriger. Nach der Antike diente das Amphitheater jahrhundertelang als Steinbruch. Im Mittelalter wurden die Sitzreihen und die sie tragenden Gewölbe im Inneren abgerissen. Bis zu 26.000 Zuschauer hatten hier ein Platz und konnten mit rundum guter Sicht das beliebte römische Spektakel des Tötens von Menschen und Tieren in Gladiatorenkämpfen, Tierhetzen und wohl auch Naumachien (also nachgespielte Seeschlachten auf Booten, für die Wasser in die Arena eingelassen wurde) betrachten. Wohl der Wahrzeichencharakter des großen Amphitheaters schützte zumindest die Fassade vor dem Abriss. 1260 und 1458 wurden Verbote erlassen, dass nicht mehr Steine für Neubauten herausgebrochen werden dürfen. Gehalten hat man sich nicht immer daran. Für die Fundamente des Glockenturms der Kathedrale von Pula wurde die antike Ruine im Jahr 1709 zum letzten Mal als Steinbruch genutzt. Als im 18./19.Jh. wenig später, beflügelt von der Entdeckung von Pompeji, europaweit die Antike modern wurde, unternahm man Sicherungsarbeiten und begann das Amphitheater archäologisch zu untersuchen. In den frühen 1930er Jahren wurden in italienischer Zeit auf der Ostseite neue Sitzplatzränge eingebaut. Seither wird die Arena wieder für Veranstaltungen genutzt.


Der in den 1950ern gestaltete Titov Park hat nicht nur ein Denkmal für im Krieg gegen die Nazis und Faschisten im Zweiten Weltkrieg getötete Soldaten sondern auch zehn Büsten jugoslawischer Heldinnen und Helden aus jener Zeit. Angesichts der politischen Entwicklung Kroatiens der letzten drei Jahrzehnte eine öffentliche Büste Titos zu sehen, überrascht. Die Farbspuren mutmaßlich nationalistischer Farbattacken auf das Denkmal weniger.


1148 übernahm Venedig erstmals die Herrschaft über Pula und die nächsten Jahrhunderte war man damit in die Konflikte und Kriege der italienischen Stadtstaaten und Seemächte hineingezogen. 1192 griffen Truppen von Pisa die Stadt an und eroberten sie, Venedig errang die Herrschaft aber wieder zurück. Nachdem der Papst Gregor IX. 1238 ein Bündnis zwischen Kirchenstaat, Genua und Venedig gegen den Kaiser und bald auch Pisa gebildet hatte, stellte sich Pula auf die Seite von Pisa. 1243 wurde Pula daraufhin von venezianischen Truppen angegriffen, erobert und geplündert. 1267 und 1397 wurde Pula von Truppen aus Genua angegriffen und zerstört, die mit Venedig im Krieg lagen. Durch die Folgen der Kriege sowie die internen Kämpfe der Familien der Sergier und der Ionotasi um die Herrschaft 1258 bis 1271, schwand die Bedeutung der Stadt. 1331 bis 1797 war Pula schließlich ein Teil des venezianischen Reichs, wurde aber während des 14., 15. und 16. Jh. nicht nur von genuesischen sondern auch kroatisch-ungarischen und habsburgischen Armeen in Kriegen angegriffen und zerstört. Dazu kamen die großen Epidemien der Pest, Malaria, Typhus und Pocken, an denen viele Menschen starben. In den 1750er Jahren lebten hier so nur mehr 300 Menschen.


1797 bis 1805 und nach französischem Zwischenspiel unter Napoleon wieder von 1813 bis 1918 war Pula mit Istrien Teil der Habsburgermonarchie. Ab 1859 wurde der Naturhafen von Pula zum wichtigsten und am stärksten befestigten österreichischen Kriegshafen und zum Hauptzentrum des Schiffbauindustrie ausgebaut. 26 Festungswerke, Artillieriestützpunkte, Gräben, Tunnel etc. wurden errichtet, um den Kriegshafen verteidigen zu können. Im Ersten Weltkrieg war Pula bzw. Pola, wie es damals genannt wurde, eines der Hauptziele der italienischen Marine. Diese konnte die österreichisch-ungarische Flotte zwar blockieren, aber nicht in den Hafen eindringen. Erst nach Kriegsende, im Zerfall der Monarchie und nachdem der österreichische Kaiser Karl die Flotte dem neugegründeten SHS-Staat (später Jugoslawien) überschrieben hatte, wurde das Flaggschiff der vormaligen österreichisch-ungarischen Marine, das nunmehr jugoslawische Schiff Viribus Unitis, in einer italienischen Kommandoaktion im Hafen versenkt, wobei rund 300 Besatzungsmitglieder (meist kroatische, slowenische und tschechische Matrosen) getötet wurden.


Die Uljanik-Werft (der Name kommt von der früheren Olivenwirtschaft auf der Werftinsel, kroatisch maslinovo ulje – Olivenöl) wurde 1856 von der habsburgischen Kriegsmarine als k.k. Seearsenal Pola gegründet. 2019 ging die Uljanik-Unternehmensgruppe in Konkurs.


Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde das damals teils italienisch bevölkerte Istrien an Italien angegliedert. Vor allem unter der faschistischen Herrschaft Mussolinis 1922 bis 1943 wurde die nicht-italienische, kroatische und slowenische Bevölkerung staatlicher Repression und Italianisierungsdruck unterzogen. 1943 besetzte die deutsche Wehrmacht die Region und regierte mit Massenmorden, Deportationen und Verhaftungen bis Istrien und Pula von den jugoslawischen Tito-Partisanen im Mai 1945 befreit wurden. Um die Grenze zu Italien und die Zugehörigkeit der Stadt Triest gab es noch einen jahrelangen Konflikt bis 1954 Istrien endgültig Teil Jugoslawiens wurde, während Triest an Italien kam. Neben den jugoslawischen Massenerschießungen von zehntausenden Menschen, die den Faschismus unterstützt hatten, wurden zwischen Dezember 1946 und September 1947 auch die italienische Bevölkerung Istriens, wie auch Dalmatiens, aus Jugoslawien vertrieben. Zuvor waren 1946 von den 88.000 Einwohnerinnen und Einwohnern Pulas 64% italienisch und 32% kroatisch gewesen. Aus dem italienisch geprägten Pola wurde das kroatische Pula. Die verbliebene italienische Minderheit Pulas beträgt heute 4,5%.


Die katholische Marienkathedrale steht an einer Stelle, die schon seit römischer Zeit für Religion genutzt wurde. Die ersten christlichen Kirchen wurden hier Ende des 4.Jh. und Anfang des 5.Jh. an der Stelle eines antiken Jupitertempels gebaut. Der heutige Dom entstand durch die Erweiterung der Vorgängerbauten und Wiederaufbauten nach Kriegszerstörungen. Die klassizistische Fassade stammt aus dem Jahr 1712. Nach Beschädigung bei den Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg 1944/1945 wurde der Dom 1947 wiederaufgebaut.


Straßenszenen.


Am landläufig als antikes Forum angenommenen Hauptplatz.


Der Augustus-Tempel (kroatisch Augustov Hram) aus dem 1.Jh., gebaut während der Herrschaft des römischen Kaisers Augustus (27 v.u.Z. – 14 u.Z.), um den Kaiser und die Göttin Roma religiös zu verehren. Nach der Antike wurde der Tempel in der byzantischen Zeit in eine Kirche umgebaut und diente später als Getreidespeicher. Während der französischen Zeit 1805 bis 1813 ließ Napoleons Marschall Marmont darin das erste Lapidarium antiker Steindenkmäler anlegen. Während der Luftangriffe auf die deutsch besetzte Stadt und ihren Hafen im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude von einer Fliegerbombe getroffen und weitgehend zerstört. 1945 bis 1947 wurde es von italienischen Archäologen wiederaufgebaut.


Die Festung am Hügel inmitten der Stadt mit guter Sicht über die Bucht ließ Venedig 1631 bis 1633 nach damals modernster Kriegstechnik an einer Stelle errichten, wo sich schon zuvor antike Festungen und eine mittelalterliche Burg befunden hatten.


Franziskuskirche und Franziskanerkloster aus dem 13.Jh.


Bemerkenswert ist die durchgängige kroatisch-italienische Zweisprachigkeit offizieller Aufschriften.


Martkthalle aus dem Jahr 1903


Mediterrane Straßenszene

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