Sonntag, 6. September 2020

Stropkov

6.9.2020

Im ostslowakischen Stropkov (deutsch früher Stroppkau, ungarisch Sztropkó) wurde ein Fußballspiel besucht. 10.400 Menschen leben hier.

Wahrscheinlich im 14.Jh. zogen deutsche Siedler mit ihren Familien hierher und ließen sich nieder. 1910 gaben 41% der Bevölkerung slowakisch, 33% deutsch und 16% ungarisch als Umgangssprache an. Die religiöse Zusammensetzung war ebenso bunt wie die nationale: 49% waren 1910 römisch-katholisch, 41% jüdisch und 9% griechisch-katholisch. Nach den Umwälzungen und Massenmorden des 20.Jh. ist Stropkov heute eine slowakische Stadt mit 9%-Roma und 3% ukrainischer Minderheit und religiös gibt es nur mehr verschiedene christliche Ausrichtungen: 56% römisch-katholisch, 26% griechisch-katholisch und 4% orthodox.


Römisch-katholische Kirche aus dem 14./15.Jh., im 17. und 18.Jh. umgebaut. Davor eine Statue des aus Polen gekommenen Papstes, wie man sie sonst eher nur von dort kennt. Die polnische Grenze ist hier allerdings auch nah.


Das nach einem Großbrand 1814 anstelle der vormaligen Burg neuerrichtete ehemalige Herrenhaus aus dem 19.Jh., Sitz der über die hier lebenden Menschen herrschenden Adeligen.. Die Mauern der zerstörten Burg wurden beim Wiederaufbau der Stadt abgerissen und die Steine für die neuen Häuser verwendet. Die Gräben wurden zugeschüttet. Mauern der mittelalterlichen Burg sind sichtbargemacht. Heute wäre im Gebäude ein Museum, allerdings an diesem Tag nicht offen (regulär nur Montag bis Freitag geöffnet, Juli/August zusätzlich auch an Sonntagnachmittagen).


Im Rahmen der Aufrüstung vor dem Ersten Weltkrieg fanden 1911 Militärmanöver der österreichisch-ungarischen Armee um Stropkov und Svidník statt. Die Übung mit rund 100.000 Soldaten zielte darauf ab, die Karpatenpässe gegen einen russischen Angriff zu verteidigen. Stropkov beherbergte damals den Thronfolger Franz Ferdinand, der die Aufsicht über die Manöver führte. Dafür erhielt die Stadt Finanzmittel, mit der man sich herausputzte, um einen guten Eindruck zu machen. Eine Kanalisation wurde gebaut, das Wasserversorgungssystem wurde repariert, Straßen wurden repariert, Gehsteige wurden betoniert, ein Fluss wurde reguliert, die Straßenbeleuchtung wurde verstärkt etc. Das Herrenhaus und die Häuser in der Hauptstraße wurden ebenfalls renoviert. Ein ungekannter Investitionsschub in die Infrastruktur. Den politisch eher zweifelhaften (Gegner jeglicher Demokratie) Franz Ferdinand müsste man dafür nicht ehren, tut es aber.


Solche Holzschnitz-Statuen stehen an mehreren Stellen der Stadt und ehren historische Persönlichkeiten. Hier u.a. einen ungarischen Grafen, der im 17.Jh. hier herrschte, und den Bürgermeister Jozef Žanony. Dieser leitete den Infrastrukturausbau 1911, aber erlebte die Ankunft des Thronfolgers nicht mehr mit, da er am Tag zuvor an den Folgen der Vorbereitungen im Alter von 74 Jahren erschöpft starb.


Griechisch-katholische Kirche aus dem Jahr 1948.


Orthodoxe Kirche aus den 1990er Jahren.


Römisch-katholisches Franziskanerkloster.


Eine Schule. Stropkov ist übrigens der Geburtsort des ehemaligen FIFA-Schiedsrichters Ľuboš Micheľ.


2.000 Jüdinnen und Juden lebten 1942 in und um Stropkov. Seit der Gründung des mit Hitler verbündeten faschistischen slowakischen Staats 1939 wurden sie schrittweise vom öffentlichen Leben ausgeschlossen und ihrer Lebensgrundlagen beraubt. Von Mai bis Oktober 1942 deportierten sie die slowakischen Behörden zur Ermordung in deutsche Vernichtungslager. Nur hundert überlebten. Nur mehr der jüdische Friedhof erinnert an das jahrhundertelange jüdische Leben hier.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen