27.6.2014
In Neustrelitz im deutschen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern leben rund 20.000 Menschen. Hier wurde ein Fußballspiel besucht.
Der Bahnhofsvorplatz ist Rudi-Arndt-Platz benannt, nach dem Kommunisten jüdischer Herkunft Rudi Arndt, der unter den Nazis ab 1933 eingesperrt war und 1940 im KZ Buchenwald ermordet wurde. Er hatte sich als Krankenpfleger für jüdische Häftlinge eingesetzt und wurde deshalb von der SS vorgeblich „auf der Flucht“ erschossen. In der Nähe des Bahnhofs wurde 1949 ein Obelisk als Denkmal für die Opfer des Faschismus errichtet.
Straßenszene in Neustrelitz
Die Stadt Neustrelitz entstand ab 1733 als Neugründung einer landesfürstliche Residenzstadt des 1701 begründeten Staates Mecklenburg-Strelitz. Zuvor war dies die alte Stadt Strelitz. Nachdem dort aber das Schloß 1712 abgebrannt war und ein Wiederaufbau scheiterte, wurde von 1726 bis 1731 ein außerhalb gelegenes Jagdhaus zur Residenz ausgebaut und dort die neue Stadt gegründet. Die planmäßig errichtete Altstadt um den sternförmigen Marktplatz erinnert an die Entstehungsgeschichte der Stadt als Neubau.
Die Stadtkirche am Markt entstand zwischen 1768 und 1778. Der Kirchturm wurde erst 1831 vollendet. Anstelle des Springbrunnens in der Platzmitte stand bis 1995 ein Denkmal für die im Zweiten Weltkrieg gefallenen sowjetischen Soldaten inmitten von Soldatengräbern.
Eine Gedenktafel aus dem Jahr 1988 erinnert an einem Haus in der Schloßstraße an den Wehrmachtsoffizier Hans-Jürgen Graf von Blumenthal, der sich nach anfänglicher Begeisterung für den Nationalsozialismus davon abgewandt hatte und zum Widerstandskreis des Attentats vom 20. Juli 1944 gehörte. Er wurde in Berlin-Plötzensee ermordet.
Bis zum Ende des Kaiserreichs und der Gründung der Republik 1918 war das Neustrelitzer Schloß die Residenz der hiesigen(Groß-)Herzöge, zuletzt wurde es 1907 um- und ausgebaut. In den letzten Kriegstagen des Zweiten Weltkriegs wurde das Schloß nach Befreiung der Stadt durch die sowjetische Armee in der Nacht von 29. auf 30. April 1945 durch eine Brandstiftung teilweise zerstört. In mehreren Abschnitten wurden bis 1952 die Reste des Schlosses gesprengt, von dem nach dem Großbrand nur die Umfassungsmauern übrig geblieben waren. Heute gibt er hier noch den Schloßpark am Schloßberg.
Neben der heutigen Freifläche des früheren Schlosses steht die von 1855 bis 1859 in neogotischem Stil errichtete Schloßkirche. 1982 wurde sie von der evangelischen Stadtkirchengemeinde aufgegeben, seit 2001 finden im zur Galerie umgebauten Kirchenraum Ausstellungen statt.
Der Hafen am Zierker See wurde zwischen 1841 und 1846 angelegt. Die alten Speicherhäuser wurden in den 1990er Jahren zu Wohnhäusern umgebaut.
Blick auf den Zierker See
In Alt- und Neustrelitz lebten zur Zeit der Nazi-Machtübernahme 1933 fünfzig Jüdinnen und Juden. In Neustrelitz gab es zwei jüdische Friedhöfe. Der vermutlich ältere Friedhof wurde wahrscheinlich in der NS-Zeit zerstört und eingeebnet. Der neuere Friedhof geht auf das 19. Jahrhundert zurück. Auch er wurde in der Nazizeit zerstört . Nach 1945 wurden 24 erhaltene Grabsteine wiederaufgestellt, wenn auch nicht an ihren ursprünglichen Standorten.
In Altstrelitz wurde 1763 die Synagoge in Gegenwart des Herzogs von Mecklenburg-Strelitz eingeweiht. Im Novemberprogrom 1938 wurde sie verwüstet und anschließend von der Stadtverwaltung abgerissen. Nur der schiedeiserne Zaun aus dem Jahr 1913 ist an ihrem einstigen Standort erhalten.
Nebenan erinnert eine Gedenkstätte an die zerstörte Synagoge.
„Sie waren unsere Nachbarn“ erinnert dieses Denkmal und nennt die Namen, Geburts- und Sterdedaten der vertriebenen und ermordeten Jüdinnen und Juden. Mit dem 15. Oktober 1941 begann die systematische Deportation deutscher Jüdinnen und Juden in den Osten. Am 12. November 1942 wurden die letzten 20 bis 24 jüdischen Einwohnerinnen und Einwohner von Sammelpunkten in Alt- und Neustrelitz abgeholt und mit einem Eisenbahntransport in das KZ Theresienstadt gebracht.
Der Altstrelitzer jüdische Friedhof wurde 1728 angelegt. Er war mit 4.500 m² Fläche einst einer der größten jüdischen Friedhöfe in Mecklenburg. Weniger als ein Achtel der Gesamtfläche mit zwei Grabsteinen und einem Gedenkstein blieb erhalten. Während die Synagoge 1938 zerstört wurde, wurde der Friedhof zwar geschändet und verwüstet, blieb vor größerer Zerstörung aber weitgehend verschont. Nach dem Krieg wurde der Friedhof 1949 wieder hergerichtet. Die zahlreichen unzerstörten Steine wurden wieder aufgerichtet, das Gelände begradigt. 1956 mußte die Jüdische Landesgemeinde Mecklenburg das Gelände sowie die meisten Grabsteine bis auf einen schmalen Streifen von etwa einem Sechstel der bisherigen Fläche verkaufen. 1957 wurden die etwa 100 erhaltenen Grabsteine entfernt. Zerschlagene Grabstelen sind als Straßenbegrenzungen, für Pflasterungen und als Wegeinfassung verwemdet worden, andere Grabsteine wurden in das Hafenbecken von Neustrelitz gekippt. Das weitgehend leer gewordene Grundstück wurde am 15. Mai 1961 als Ehrenhain eingeweiht. 14 Bruchstücke konnten 1993 geborgen und auf den Friedhof zurückgeführt werden.
Straßenszene in Strelitz-alt
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