Freitag, 9. August 2024
Bischofshofen
9.8.2024
In der Salzburger Stadt Bischofshofen habe ich ein Fußballspiel besucht. 10.500 Menschen leben in der aus neun Orten bestehenden Stadtgemeinde, wovon es im Hauptort Bischofshofen selbst 8.000 sind.
Die Eisenbahn ist zentral in der Geschichte Bischofshofens der letzten eineinhalb Jahrhunderte und beschäftigte lange Zeit hier sehr viele Leute. Bischofshofen ist Knotenpunkt der Salzburg-Tiroler-Bahn und der Ennstalbahn. Hier laufen die Verbindungen zwischen Salzburg, Innsbruck und Graz zusammen. In die arme Region kam mit dem Bau der Eisenbahn in Richtung Graz um 1875 und dem Bau der Tauernbahn 1908 ein Wirtschaftsaufschwung. Bischofshofen wuchs an Bevölkerung und wurde zu einem Industriezentrum. Die prekären Lebensverhältnisse und die politische Rechtlosigkeit der Arbeiterinnen und Arbeiter hinkten dem hinterher und so wurde Bischofshofen auch zu einem Zentrum der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung in der Region. 1892 wurde in Bischofshofen ein Arbeiter-Bildungsverein als Beginn sozialdemokratischer Organisation gegründet.
Der Bahnhof wurde aufgrund seiner strategischen Bedeutung für die Kriegslogistik der Nazis im Zweiten Weltkrieg durch Luftangriffe zerstört und in der Nachkriegszeit wiederaufgebaut. Das heutige Aussehen stammt vom Umbau der Jahre 2000 bis 2003.
Straßenszenen. Bischofshofen, hier „B’hofen“ gesprochen, hat seinen Namen von Besitzungen des Bistums Chiemsee. 1290/91 wurde erstmals die Ortsbezeichnung Houen episcopi Chyemensis („Höfe des Chiemseer Bischofs“) schriftlich erwähnt. Seinerzeit war das Bistum Chiemsee eine dem Salzburger Erzbistum unterstehende Diözese.
Der Kastenturm ist Überrest des 1775 bei einer Überschwemmung zerstörten Kastenhofs der Chiemseer Bischöfe als Grundherren, in den die untertänigen Bauern den Zehent, die Früchte ihrer Arbeit, an ihre Herrschaft, abliefern mussten. Der Ortsteil um die heutige Pfarrkirche unterstand als chiemseeische Hofmark dem Bistum Chiemsee, der übrige Ort war dem Salzburger Erzbischof als Landesfürsten untertan.
1525/26 rebellierten auch in Bischofshofen wie in ganz Salzburg Bauern und Bergknappen gegen die an den Adel und den Salzburger Erzbischof zuzahlenden hohen Steuern und Arbeitsleistungen. Die benachbarte Burg Hohenwerfen wurde von den Aufständigen besetzt, die Festung Hohensalzburg drei Monate lang belagert. Mit Hilfstruppen des Schwäbischen Bundes ließ der Salzburger Erzbischof den Salzburger Bauernkrieg aber blutig beenden und in Schlachten bei Zell am See und Radstadt viele töten. Vier Jahrzehnte später setzten die Bischofshofener 1564 einen Protestanten als Pfarrer ein, was erneut Repressionsmaßnahmen auslöste. Zwei aufständische Bauern wurden zur Aufrechterhaltung der Herrschaft der katholischen Kirche hingerichtet. Ihre Nachkommen mussten zweieinhalb Jahrhunderte lang bis 1811 als Strafe einen Widder, bedeckt mit einem roten wollenen Tuch, abgegeben (Blutwidderdienst). Im Spätherbst und Winter 1731/32 begann das Fürsterzbistum Salzburg Vertreibung aller Einwohnerinnen und Einwohner evangelischen Glaubens aus dem Land Salzburg. Zuerst traf es 4.000 bis 5.000 Mägde und Knechte. Die ersten wurden ohne Vorwarnung gefangen genommen und an die Grenze gebracht. 20.000 Menschen mussten schließlich ihre Heimat verlassen. Aus Bischofshofen und dem benachbarten Werfen waren es über 4.000, etwa 70% der Bevölkerung. Die meisten wurden in Preußen aufgenommen. Erst nach internationalem Druck gewährte der Salzburger Erzbischof als Zugeständnis, dass die Vertriebenen ihre Kinder mitnehmen und ihren Besitz vor dem Verlassen des Landes verkaufen durften. Zwischen Mai und August 1732 verließen vor allem Handwerker- und Bauernfamilien in 16 großen Märschen das Land Salzburg Richtung Preußen. Etwa ein Viertel überlebte die Strapazen nicht.
In Bischofshofen ließen die Nazis wie an einigen anderen Orten eine Südtirolersiedlung errichten. Hitler hatte mit dem italienischen faschistischen Dikator Mussolini vereinbart, dass alle deutschsprachigen Südtirolerinnen und Südtiroler das Land verlassen mussten, wenn sie nicht italienischsprechende Italienerinnen und Italiener werden wollten. Lediglich der Kriegsverlauf des von ihnen angefangenen Weltkriegs verhinderte die völlige Umsetzung des gemeinsamen Projekts von deutschen Nazis und italienischen Faschisten zur Aussiedlung der Südtiroler Bevölkerung.
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