Samstag, 25. September 2021

Plovdiv

25.9.2021

In der bulgarischen Stadt Plovdiv wurde das eine und das andere Fußballspiel besucht. 364.000 Menschen leben hier.

In der Antike bestand hier in Thrakien die nach dem makedonischen König Philipp II. benannte Stadt Philippopolis (Φιλιππούπολις), in der thrakische, griechische und makedonische Einwohnerinnen und Einwohner lebten. Im Jahr 168 v.u.Z. eroberte das Römische Reich Makedonien und die Stadt wurde eine römische Provinzhauptstadt. 863 wurde die nunmehr byzantinische Stadt von Bulgaren erobert und in den folgenden Jahrhunderten wechselten bulgarische und byzantinische Herrschaft bis zur osmanischen Eroberung 1363 oder 1364. Vom frühen 15.Jh. bis Ende des 17.Jh. war die Bevölkerung hauptsächlich muslimisch. Im Russisch-Osmanischen Krieg 1877/78 eroberte die russische Armee Plovidv und beendete faktisch ein halbes Jahrtausend osmanischer Prägung. Zur Zeit des Osmanischen Reiches war die türkisch Filibe genannte Stadt die Hauptstadt des bulgarischen Teils von Thrakien. Bis 1885 verblieb Plovdiv in Ostrumelien unter formaler osmanischer Oberhoheit und wurde dann an das 1878 gegründete Bulgarien angeschlossen. Von den 33.442 Einwohnerinnen und Einwohnern des Jahres 1885 waren 50% bulgarisch, 21% türkisch, 16% griechisch, 6% jüdisch und 3% armenisch gewesen. Die ehemalige Multikulturalität gibt es nicht mehr. Nachdem der Großteil der türkischen und griechischen Bevölkerung Ende des 19.Jh. bis spätestens zu den Balkankriegen 1912/13 und dem anschließenden Ersten Weltkrieg 1914 bis 1918 sich angesichts des gewaltätigen Nationalismus gezwungen sah, die Stadt zu verlassen, verließen die Jüdinnen und Juden sie zumeist nach der Gründung des Staats Israel 1948. Heute ist die Stadtbevölkerung zu 85% bulgarisch und 5% türkisch.


Postamt


Straßenszene


Die Freitagsmoschee (bulgarisch Джумая джамия / Dschumaja dschamija, türkisch Ulu Cami), aus dem Jahr 1425 ist die älteste erhaltene Freitagsmoschee der osmanischen Architektur auf dem Balkan. Im Februar 2014 marschierte ein faschistischer Mob von mehreren hundert Personen durch die Stadt, attackierte Leib und Leben von Moslems auf den Straßen und versuchte die Moschee mit Pyrotechnik in Brand zu setzen.


Reste des antiken römischen Stadions aus dem 2.Jh.u.Z., als Philippopolis Hauptstadt der römischen Provinz Thrakien war. Das für Laufbewerbe und Wagenrennnen konzipierte Stadion bot 30.000 Plätze.


Das Forum, der Hauptplatz der römischen antiken Stadt.


Das römische Theater von Philippopolis aus dem 1.Jh.u.Z. bot einst 5.000 bis 7.000 Plätze. Die Ruine des antiken Theaters, mit Blick vom Hügel in die Ebene, wird auch heute für Veranstaltungen genutzt.


Die Muttergotteskirche wurde 1844 errichtet und zu einem Symbol der bulgarischen Unabhängigkeitsbestrebungen. 1859 und 1860 hielt hier der Bischof von Plovdiv orthodoxe Messen in bulgarischer statt griechischer Sprache ab und wandte sich damit öffentlich von der Oberhoheit des griechisch-orthodoxen Patriachats von Konstantionopel ab, was später mit der Gründung der bulgarisch-orthodoxen Kriche endete.


Die Altstadt zieht sich bemerkenswert über einen Hügel, mit engen gepflasterten Straßen und schönen Häusern.


Einige Bauten aus osmanischer Zeit wie dieses Bad in typischer osmanischer Architektur des 16.Jh. sind zu sehen.


Straßenszene


Bulgarisches Unabhängigkeitsdenkmal


Im mit den Nazis verbündeten Bulgarien verhafteten die Behörden am 10. März 1943 auch in Plovdiv die hier lebenden Jüdinnen und Juden, um sie den deutschen Behörden zur Deportation in KZ und Ermordung zu übergeben. Es gab dagegen aber breite Proteste in der bulgarischen Gesellschaft. In Plovdiv protestierte etwa der orthodoxe Bischof dagegen. Schließlich lenkte die Regierung des bulgarisches Zars Boris III. ein und übergab den Deutschen die Jüdinnen und Juden aus den im Krieg bulgarisch besetzten und annektierten Gebieten, um sie zu ermorden, aber nicht die im Kernland lebenden Jüdinnen und Juden. 1.500 Menschen in Plovdiv wurde damit das Leben gerettet.


Das Alyosha Monument aus den Jahren 1954-57 gedenkt weithin sichtbar auf einem Hügel den während der sowjetischen Eroberung des mit den Nazis verbündeten Bulgarien 1944 getöten Soldaten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen