Donnerstag, 26. August 2021
Saporischschja
26.8.2021
In der ukrainischen Stadt Saporischschja (englische Schreibweise Zaporizhzhia), wie die Stadt auf ukrainisch heißt (Запоріжжя), russisch ist es Запорожье (Saporoschje), wurde ein Fußballspiel besucht. 732.000 Menschen leben hier.
Die Staumauer des Kraftwerks am Dnepr/Dnipro wurde 1927 bis 1932 in der Sowjetunion als damals drittgrößtes Wasserkraftwerk der Welt gebaut. Die DniproHES-Talsperre (ukrainisch Дніпровська ГідроЕлектроСтанція / Dniprowska HidroElektroStanzija, russisch ДнепроГЭС, DneproGES) sorgte auch dafür, dass seither Hochseeschiffe vom Schwarzen Meer aus den Fluss bis herauf und weiter nach Dnipro fahren können. Zuvor verhinderten das gefürchtete Stromschnellen die auch der Stadt ihren Namen gegeben hatten (Saporischschja heißt „Hinter den Stromschnellen“ – sa = hinter, porisch = Steine, Felsen. Im Zweiten Weltkrieg war das Kraftwerk kriegswichtig und sowjetische Soldaten sprengten 1941 ein Loch in die Staumauer, bevor die deutsche Wehrmacht sie erreicht. Eine riesige Flutwelle ergoss sich über das Land, die zwischen 20.000 und 100.000 Menschen tötete. Die Deutschen ließen die Staumauer in etwa einem Jahr Bauzeit von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern wiederaufbauen, um das Kraftwerk für sich zu nutzen. Durch die Kriegswende rückte nun mehr aber die sowjetischen Armee heran, sodass die deutschen Truppen ihrerseits die Staumauer bombardierten und erneut zerstörten. 1944 bis 1950 wurde sie wiederaufgebaut. 1969 bis 1980 wurde eine zweite Mauer gebaut und in den 2000er Jahren Modernisierungen vorgenommen.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt schwer zerstört. In den Nachkriegsjahren wurde die Repräsentationsstraße als zwölf Kilometer lange Schneise durch die Stadt und damit längste innerstädtische Straße Europas gebaut. Gesäumt wird sie von prunkvollen Gebäuden, welche die Macht der Sowjetherrschaft symbolisierten. Von der Eröffnung 1952 bis 2016 hieß die Straße Lenin-Prospekt (Проспект Леніна), seither heißt sie Sobornyj-Prospekt (ukrainisch Проспект Соборний / Prospekt Soborni, russisch Проспект Соборный). Am Beginn befand sich am früheren Leninplatz von der Einweihung 1964 bis zum Abbau 2016 eine 19,8 Meter hohe Leninstatue, die mit ausgestrecktem Arm auf die Staumauer des Kraftwerks deutete. Im Zuge der Distanzierung von Russland nach Kriegsausbruch 2014 wurden in der Ukraine Gesetze zum Abbau sowjetischer Herrschaftssymbole, die mit russischer Herrschaft verbunden wurden, beschlossen. 1.320 Lenindenkmäler wurden daraufhin binnen weniger Monate im Jahr 2016 abgerissen.
Die Bevölkerung ist zu 70% ukrainisch und zu 25% russisch. Offizielle Staatssprache ist ukrainisch, wie im Osten des Landes üblich wird aber im Alltag oft russisch gesprochen.
Leibeigene Bauern waren der Wende vom 15.Jh. zum 16.Jh. der Unterdrückung ihrer Feudalherren aus Russland und Polen-Litauen an die weiten Landstriche hierher geflohen und hatten sich Kosaken (ukrainisch козаки́n / kosaky, russisch казаки́ / kasaki) genannt, was „freie Krieger“ bedeutet. Sie dienten je nach Lage sowohl russischen Zaren als auch osmanischen Sultanen zum Töten und Getötet werden in Kriegen. Nach dem gemeinsamen Krieg des Habsburgerreichs und des russischen Zarenreichs gegen das Osmanische Reich zur österreichischen Expansion auf den Balkan und russischen Expansion an das Schwarze Meer 1736 bis 1739 kam die Gegend um Saporischschja unter russische Herrschaft. Eine Festung wurde 1770 errichtet, die aber bald aufgrund der späteren russischen Südexpansion ihre militärische Bedeutung verlor. Aus der Festung wurde die Stadt Alexandrowsk (russisch) bzw. Oleksandriwsk (ukrainisch), die 1921 in Saporoschje/Saporischschja umbenannt wurde.
Als die sowjetische Führung in den Jahren 1932 und 1933 drei bis sieben Millionen Menschen in der Ukraine verhungern ließ, was durch massenhaften Tod Kollektivierung der bäuerlichen Betriebe und Dorfgemeinschaften in landwirtschaftliche Großbetriebe der Kolchosen und Sowchosen erleichterte und Widerstand dagegen schwächte, war auch Saporoschje/Saporischschja schwer betroffen.
Am 4. Oktober 1941 besetzte im Zweiten Weltkrieg die deutsche Wehrmacht die Stadt und hielt sie bis 14. Oktober 1943 unter Besatzung. Schon bald nach der Etablierung der deutschen Herrschaft begannen die Besatzungstruppen mit der Verhaftung und Ermordung der Jüdinnen und Juden. Im November 1941 erschossen sie 100, im März 1942 3.700 Jüdinnen und Juden. Insgesamt ermordeten die deutschen Besatzungssoldaten in dieser Zeit 35.000 Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt und verschleppten 58.000 Menschen zur Zwangsarbeit nach Deutschland.
Straßenszenen
Der Hauptbahnhof (Saporischschja-1) (Запоріжжя-1), 1954 eröffnet. Das alte Bahnhofsgebäude wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Es war während der Revolution von 1905 das Epizentrum und letzte Hochburg des bewaffneten Aufstands der Arbeiter von Alexandrowsk gewesen bis dieser vom Militär blutig niedergeschlagen wurde. Im April 1918 standen sich hier rund 350 ukrainische Aufständische und 5.000 Soldaten der Roten Armee gegenüber und töteten sich in heftigen Kämpfen, woran eine Gedenktafel aus dem Jahr 2018 erinnert. Im Bürgerkrieg der russischen Revolution 1917 war die strategisch kriegswichtige Eisenbahnbrücke über den Fluss Ausgangspunkt für 1918 bis 1921 mehrmalige heftige Kämpfe mit viele Toten zwischen sowjetischer Roter Armee einerseits und diversen russischen Weißen Armeen, deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen, welche große Teile der Ukraine besetzt hatten, sowie ukrainischen Aufständischen wie jenen der anarchistischen Schwarzen Armee, die hier eine einige Zeit die Region beherrschte.
Die Großstadt liegt am Fluss Dnipro (ukrainisch, Дніпро) bzw. russisch Днепр/Dnepr.
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