Sonntag, 20. Juli 2014

Salzburg und der Erste Weltkrieg, Salzburg Museum

19.7.2014

In der Stadt Salzburg wurde diesmal vor dem Fußballspiel das Salzburg Museum am Residenzplatz besucht, wo es derzeit eine Ausstellung zu Salzburg im Ersten Weltkrieg gibt.

Die Neue Residenz wurde ab 1588 am Residenzplatz neben dem Salzburger Dom als Schloß des Salzburger Fürsterzbischofs errichtet. Im Geist der italienischen Renaissance hieß es damals Palazzo Nuovo. Der markante Turm erhielt seine heutige Gestalt im Jahr 1701. Von 1786 bis 2005 diente das Gebäude Ämtern als Verwaltungssitz. Seit 2005 ist hier das Salzburg Museum untergebracht.




Krieg. Trauma. Kunst.
Salzburg und der Erste Weltkrieg


Salzburg Museum
Neue Residenz
9.5.2014 bis 27.9.2015








Die Ausstellung zeigte die Verarbeitung des Kriegs durch Kunstschaffende in Bild, Schrift und Ton, befaßt sich aber vor allem auch mit den Auswirkungen auf das Leben der Menschen in Salzburg. Die Erzählung reicht von der Kriegspropaganda und Schaffung von Feindbildern bis zur geschichtspolitisch prägenden Erinnerung durch Kinofilme der zweiten Hälfte des 20.Jh.


Zehntausende Männer, Frauen und Kinder in den Kriegsgebieten der Monarchie flüchteten vor den Kämpfen, sie wurden aber auch von Militär und Behörden massenhaft zwangsweise vertrieben − „evakuiert“ nannte man das. Ein Teil dieser Flüchtlinge, unter ihnen viele Jüdinnen und Juden, wurde in einem Lager in Grödig untergebracht, aber auch in privaten Unterkünften in Stadt und Land Salzburg.


In Grödig entstand ab Herbst 1914 entstand ein riesiger Lagerkomplex für 40.000 Kriegsgefangene und Flüchtlinge. Russische, serbische und italienische Kriegsgefangene wurden Arbeitskommandos zugeteilt und in Stadt und Land eingesetzt. Es herrschten Unterernährung, Seuchen und schlechte hygienische Verhältnisse. Die Gefangenen starben hier unter Obhut der k.u.k. Behörden zu tausenden.


Russische Kriegsgefangene in Salzburg-Nonntal bei Feldarbeit 1915/16.


Eine Ausgabe des Buchs Die letzten Tage der Menschheit von Karl Kraus, welches in vielen Szenen die Verrücktheiten des Krieges überdeutlich schildert. An anderer Stelle in der Ausstellung kann man Helmut Qualtinger daraus vorlesen hören.


Bereits in den ersten Tagen des Krieges im August 1914 erschossen österreichisch-ungarische Soldaten in der serbischen Stadt Šabac 121 Männer, Frauen und Kinder hinter der Dorfkirche. Zehntausende Unschuldige aus der lokalen Bevölkerung wurden an der Ost- und Südostfront kollektiv als Spione verdächtigt und verfolgt. Beweise brauchte es für eine Hinrichtung nicht, ein schneller Verdacht reichte. Die k.u.k.-Heeresverwaltung musste zusätzliche Henker in eigenen Hinrichtungskursen ausbilden, weil die Zahl der Exekutionen im Frontgebiet so groß war. Schätzungen gehen von bis zu 36.000 Hinrichtungen in den ersten Kriegsmonaten aus. Die zumeist Erhängten wurden öffentlich zur Schau gestellt und verhöhnt.


Am 25. Juli 1914 traten Notverordnungen in Kraft, die staatsbürgerliche Grundrechte massiv einschränkten und unter anderem das Verbot öffentlicher Versammlungen, die Zuständigkeit der Militärgerichte für politische Vergehen (darunter verstand man z. B. Kritik am Krieg und an der Monarchie) und Zensurmaßnahmen enthielten. Es war fortan ein „Leben in der Diktatur“, wie es der Ausstellungstext zutreffend nennt. Kriegswichtige Betriebe und deren Personal wurden unter militärische Leitung gestellt. Damit verbunden waren Verbote, den Arbeitsplatz frei zu wechseln oder den Betrieb (z. B. durch gewerkschaftliche Tätigkeit) zu stören. Ein Großteil der Kriegskosten wurde mittels Geldsammelaktionen und einschneidenden Sparmaßnahmen im zivilen Bereich aufgebracht. Es herrschte Hunger und Not.


Ein Sittenbild der k.u.k. Zeit: Der Salzburger Landesbeamte Eduard Rambousek unterschlug Unterstützungsgelder sowie für Flüchtlinge und Salzburger Familien vorgesehene Lebensmittel. Adelige und großbürgerliche Familien versorgte Rambousek mit Delikatessen. Als dies öffentlich wurde, kam es zu einer großen „Hungerdemonstration“ am 19. September 1918 am Mozartplatz.


Die Schrecken des Krieges, Ölbild von Karl Reisenbichler, um 1920. 350.000 Kriegswitwen und -waisen im heutigen Österreich verloren ihre Ehemänner und Väter. Kriegsheimkehrer fanden kaum mehr in den normalen Alltag zurück. Mehr als 100.000 Kriegsinvalide in Österreich wurden ausgegrenzt und konnten nur schwer Arbeit finden. Psychisch traumatisierte Soldaten galten als Simulanten.




Weitere Impressionen dieses Tages:

Im zweiten Stock der Neuen Residenz befinden sich die Prunkräume der Fürsterzbischöfe mit bunten Stuckdekordecken (1602).



Am Salzburger Residenzplatz inszenierten die Nazis am 30. April 1938 die einzige Bücherverbrennung in Österreich. 1200 Werke vor allem von jüdischen und katholisch-konservativen Schriftstellerinnen und Schriftstellern sowie von austrofaschistischen Politikern wurden von der Hitlerjugend öffentlich verbrannt. Eine Gedenktafel erinnert seit 2011 daran. In Deutschland hatten von März bis Oktober 1933 in 70 Städten (u.a. in Berlin) 93 Bücherverbrennungen stattgefunden.


Straßenszene

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