Freitag, 27. Dezember 2013

Athen

21.−23.12.2013

Drei Tage wurden in der griechischen Hauptstadt Athen verbracht. Je zur Hälfte galten sie dem Fußball (vier Spielbesuche, 1, 2, 3 und 4) und der Stadtbesichtigung. Man könnte sagen, daß die Vorbereitung zu dieser Reise mehr als ein Vierteljahrhundert dauerte, nachdem ich als Kind die ersten Lektüren über die Antike verschlungen habe.

Die Stadt Athen (Αθήνα) ist etwa 5000 Jahre alt. Um 1300 v.u.Z. wurde auf einem nur von Westen her zugänglichen Felsen ein mykenischer Palast errichtet. Die Fläche wurde eingeebnet und mit einer starken Mauer umgeben. Dieser Felsen wurde als Akropolis (obere Stadt) später als Burgberg der militärische und als Tempelanlage der religiöse Mittelpunkt Athens. Den Höhepunkt seiner politischen und kulturellen Macht erlebte der Stadtstaat Athen vor zweieinhalbtausend Jahren, während des 5. und 4. Jahrhunderts v.u.Z., und zwar als Demokratie und als Führungsmacht im (delisch-)attischen Seebund, der de facto ein athenisches Imperium war. Der Ausbau der Akropolis, der ein eigener Blogeintrag gewidmet ist, war der sichtbarste Ausdruck jener Zeit.


Das oben zu sehende Bild der Akropolis wurde vom Musenhügel aus gemacht, auf dem das Philopappos-Monument steht. Der südanatolische Fürst Philopappos wurde nach Athen verbannt, wo er 116 u.Z. starb. Da er in Athen als Mäzen agierte, bekam er diesen prominenten Platz für ein Grabmal. Es ist nur mehr eine Hälfte erhalten, sie zeigt u.a. Filopappos als römischen Konsul auf einem Wagen.



Blick über das moderne Häusermeer auf den markanten Berg Lykavittos. In der engeren Stadtgemeinde Athen leben heute 900.000 Menschen, in der ganzen Großstadt im weiteren Sinn vier Millionen.


Das Hadrianstor wurde in den Jahren 131/132 u.Z. an der Stelle eines Stadttores aus dem 6.Jh.v.u.Z. erbaut und zeigte den Übergang von der alten Stadt zur römischen Stadterweiterung unter Kaiser Hadrian an. In osmanischer Zeit wurde es 1778 als Stadttor in die Stadtmauer integriert.


Groß, größer, am größten war die Devise beim Bau des Tempels des Olympischen Zeus, des Olympeions. Unter dem Tyrannen Peisistratos wurde im 6.Jh.v.u.Z. ein Tempel von einer Größe nur etwas kleiner als der Parthenon geplant. Ein von seinen Söhnen vorangetriebener Tempelbau hätte mit 8:21 Säulen bereits Riesenausmaße angenommen, wurde nach der Vertreibung aber eingestellt und die Baustelle blieb 350 Jahre leer. 175 v.u.Z. ließ der syrische König Antiochos IV. weiterbauen, doch auch dieser Bau blieb unvollendet und 300 Jahre lang geschah mit der Baustelle wiederum nichts. Um 130 u.Z. ließ Kaiser Hadrian den Tempel nach 700 Jahren Baugeschichte fertigstellen. Hundert Jahre später begann dann aber auch schon wieder der Verfall. Es war jedenfalls ein riesiges Bauwerk von 104 Säulen. Von diesen stehen nur mehr 13 Säulen mit einem Teil des Gebälks in einer Ecke sowie zwei aufrechte Säulen und eine 1852 umgestürzte Säule am anderen Ende.


Blick auf das Hadrianstor und das Olympeion von der Akropolis aus.


Das Dionysos-Theater am südöstlichen Abhang der Akropolis wurde seit dem 6.Jh.v.u.Z. in neun verschiedenen Bauphasen errichtet und ausgebaut. Es war ursprünglich Teil des angrenzenden Dionysos-Heiligtums. Um 330 v.u.Z. wurden die steinernen Sitzreihen gebaut, die im unteren Drittel heute noch zu sehen sind. Sie zogen sich einst den Hügel hinauf und boten in drei Rängen etwa 17.000 Menschen Platz unter freiem Himmel. Hier fanden die jährlichen Dionysien statt, ein berühmter Dichterwettbewerb, und hier wurden die großen antiken Tragödien wie z.B. von Sophokles uraufgeführt. Keine altgriechischen Texte, nicht einmal Homer, bereiteten mir im Schulunterricht einst solche Probleme wie Sophokles. Ob es an ihm oder mir gelegen hat? Auch der Genius loci konnte es nicht beantworten.




Zur Erhöhung seines Ruhms stiftete der König von Pergamos Eumenes II. im 2.Jh.v.u.Z. eine Stoa (Säulenhalle) vor dem Dionysos-Theater und dem Tempel. Die Steine für das 162 Meter lange, zweistöckige Gebäude wurden in Pergamos vorbereitet und behauen, nach Athen verschifft und hier zusammengesetzt. Die heute sichtbaren Arkaden waren einst marmorverkleidet.


Am anderen Ende der Stoa des Eumenes ließ der Römer Herodes Atticus im Jahr 161 ein exakt halbrundes römisches Theater bauen, das Odeion des Herodes Atticus. Da die Bühnenwand hier großteils erhalten ist, gibt es einen wunderbaren Eindruck eines antiken Theaters. Den Innenraum der Konzerthalle bedeckte einst ein Dach. Die Sitzreihen wurden 1952/53 wiederhergestellt und bieten 5.000 Menschen Platz.




Der Felsen Areopag (Areshügel) war in der Frühgeschichte Athens der Sitz des gleichnamigen Adelsrats, der im Lauf des 6.Jh.s entmachtet und auf die Blut- und Strafgerichtsbarkeit beschränkt wurde.


Blick auf den Pynx-Hügel. Das Wort pynx (altgriechisch πνύξ) bedeutet „dicht gedrängt“. Hier fanden seit den Reformen des Kleisthenes (508/07 v.u.Z.) die Tagungen der Volksversammlung statt bis diese im 4.Jh. ins Dionysos-Theater verlegt wurden. Links die aus dem Felsen geschlagene Rednertribüne, wo alle großen athenischen Politiker um Zustimmung für ihre Politik warben.


Modell des Volksversammlungsgeländes im Agora-Museum. Die Anlage war für etwa 20.000 Bürger ausgerichtet. Die politische Teilhabe war Voraussetzung für gesellschaftliche Anerkennung. Nur etwa 13% (430 v.u.Z.) der in Athen lebenden Menschen galten als Bürger und konnten teilnehmen, mitreden und mitstimmen. Demokratisch nach modernem Standard ist etwas anderes, aber damals war dies sensationell. 87% − Frauen, Sklaven sowie nicht aus Athen Kommende − waren politisch rechtlos.


Blick vom Areopag auf die Agora, tausend Jahre lang als Markt- und Versammlungsplatz sowie Ort der öffentlichen Bauten das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Zentrum des antiken Athen.


Blick auf den wunderbar im antiker Gestalt erhaltenen Tempel des Hephaistos oberhalb der Agora. Im Vordergrund ist das runde Fundament des Tholos gut zu erkennen.


In dem um 465 v.u.Z. errichteten Rundbau des Tholos war der Raum der 50 Prytanen. Tag und Nacht mußte ein Drittel von ihnen hier anwesend sein, um in dringenden Staatsangelegenheiten unmittelbar entscheiden zu können. Sie wurden in dieser Anwesenheitszeit auf Staatskosten verpflegt. Daneben befindet sich das 403 v.u.Z. erbaute Bouleuterion, der Sitz des Rates der 500, der als ausführendes Organ der Volksversammlung den Stadtstaat Athen verwaltete. Der Ort der Entscheidungen der athenischen Demokratie war die Volksversammlung am Pynx-Hügel, aber die täglichen Debatten fanden auf der Agora statt, wo auch die öffentlichen Gebäude vom Münzamt bis zum Gefängnis waren.


Das Hephaistion war ein den Gottheiten Hephaistos und Athene geweihter Tempel aus dem 5.Jh.v.u.Z. Dank Umwandlung in eine christliche Kirche tausend Jahre später blieb das antike Gebäude über die Jahrhunderte erhalten. Im 19.Jh. wurde es ein Museum, heute ist das Innere nicht zugänglich.


Die Ruinen der Agora wie hier Teile der mittleren Stoa (Säulenhalle) aus dem 2.Jh.v.u.Z. sind gut beschriftet und die Funktion der Gebäude wird durch Tafeln erklärt. Dennoch erfordert ein derart großes Ruinenfeld einiges an Vorkenntnissen und Vorstellungsvermögen, um es erfassen zu können.


Die Attalos-Stoa schließt die Agora nach Osten hin ab. Nach dem politischen Niedergang und Machtverlust Athens, endgültig ab der römischen Eroberung im Jahr 86 v.u.Z., blieb Athen noch jahrhundertelang ein kulturelles Zentrum. Römische und kleinasiatische Politiker und Potentaten benutzten dies, um mit großen Bauten in dieser Stadt ihr Prestige zu erhöhen. So stiftete König Attalos II. von Pergamon im 2.Jh.v.u.Z. diese zweistöckige Stoa.



In den 1950er Jahren wurde die Attalos-Stoa unter Verwendung der erhaltenen Steine in experimenteller Archäologie unter Verwendung antiker Bautechniken rekonstruiert. Ein Treffen der Zeiten mit antiken Ruinen, dem wiederrichteten Gebäude und der modernen U-Bahn.


In der Attalos-Stoa befindet sich ein Museum, das Skulpturen, sehenswerte kleine Fundstücke und Modelle antiker Stadtansichten zeigt. Hier ein Modell der Agora im 2.Jh.u.Z.


Quer durch die Agora führt die Panathenäenstraße, auf der sich der Panathenäenfestzug hinauf zur Akropolis bewegte. Die ab dem 6.Jh.v.u.Z. alle vier Jahre zum Geburtstag der Göttin Athene gefeierten Panathenäen waren ein politisch-religiöser Staatsakt von höchster Ordnung. Im Jahr 514 verübten hier zwei Männer ein Attentat auf die beiden Tyrannen, das Brüderpaar Hippias und Hipparch. Hipparch starb, allerdings wurden auch die beiden Attentäter Harmodios und Aristogeiton getötet. Obwohl sie ihre Tat aus persönlichen und nicht aus politischen Motiven verübten, wurden sie nach der endgültigen Vetreibung von Hippias 510 als Märtyrer gefeiert und erhielten Statuen.


Nachdem die Agora über Jahrhunderte ein freier Platz war und auch das Zentrum des politischen Athen, wo diskutiert und geredet wurde, wurde der Platz in römischer Zeit zugebaut. Wohl durchaus nicht unbeabsichtigt wurde auf den Platz der athenischen Demokratie ein großes römisches Musikunterhaltungstheater errichtet, das Odeion des Agrippa mit rund 1.000 Plätzen. Die drei Giganten-Statuen trugen das Vordach. Nachdem das Odeion bei der Eroberung, Plünderung und Verwüstung Athens durch die germanischen Heruler im Jahr 267 u.Z. zerstört worden war, wurde hier ein Gymnasion errichtet, in dem die Akademie untergebracht wurde. Die Giganten wurden in die neue Anlage integriert.


Über dem Nymphaion aus dem 2.Jh.u.Z. wurde im 11.Jh. die Apostelkirche errichtet. Sie wurde als einziges späteres Bauwerk stehengelassen als in den 1920er Jahren hier ganze Straßenzüge großflächig abgerissen wurden, um die Ruinen der Agora freizulegen. Dies ist eine wahre Ausnahme. Von den tausend Jahren byzantinischen Christentums überlebten nur acht mittelalterliche Kirchen in Athen das 19.Jh., das ihnen keinen Wert zumaß.


Im Jahr 132 u.Z. stiftete der römische Kaiser Hadrian eine große Bibliothek, deren westlicher Eingangsbereich und hintere Rückwand teilweise noch stehen. Der Bibliothekssaal hatte wahrscheinlich drei Stockwerke. Darin wäre Platz für 66 Wandschränke mit mehr als 20.000 Schriftrollen. Im 5.Jh. wurde in den Innenhof eine Kirche gebaut. An deren Stelle wurde im 11.Jh. eine neue Kirche erbaut, die 1885 bei einem Großbrand zerstört wurde. Erst danach begannen die Ausgrabungsarbeiten der Hadriansbibliothek.



Der markante Bau der osmanischen Tzisdarakis-Moschee aus dem Jahr 1759 am Monastiraki-Platz. Für ihren Bau wurden antiken Steine verwendet, wie hier seit Jahrhunderten üblich. Nach erfolgter griechischer Unabhängigkeit wurde das Minarett niedergerissen, der Charakter des Baus ist dennoch unverkennbar. Die Atmosphäre am Platz und in den angrenzenden Seitenstraßen ist mit dem Wort Gewurl nur unzureichend beschrieben.


Im 1. Jh.u.Z. wurde ein neuer Marktplatz errichtet, die römische Agora, nach römischen Vorstellungen exakt rechteckig und mit Säulenhallen umgeben. In einem Eck steht die osmanische Fethiye-Moschee aus dem 15.Jh.



Der Turm der Winde auf der römischen Agora wurde im 1.Jh. errichtet, steht also seit zweitausend Jahren so da. Er erfüllte spezielle Aufgaben für den Markt. Außen waren Sonnenuhren angebracht und innen einst eine komplizierte Wasseruhr.


Auf der Platia Mitropoleps stehen zwei unterschiedliche Kirchen. Die Große Mitropolis wurde zwischen 1842 und 1862 als repräsentativer Kirchenbau der neuen Hauptstadt des neuen Staates Greichenland errichtet. Ganz unscheinbar daneben steht die Kleine Mitropolis, eine typische byzantinische Kreuzkuppelkirche des 12.Jhs. Die Besonderheit: Sie wurde aus Bruchstücken älterer Gebäude errichtet und so sieht man an ihrer Außenmauer antike Reliefs. Manche davon sind durch Kreuze quasi christianisiert worden.



Am Syntagma-Platz steht das heutige griechische Parlament (seit 1935), das von 1834 bis 1838 als Königsschloß errichtet wurde. Seinen Namen hat der „Platz der Verfassung“, da hier 1843 der aus Bayern stammende König Otto I. (das griechische Zugeständnis für die Anerkennung der Unabhängigkeit durch die europäischen Großmächte) einer Verfassung widerwillig zustimmen mußte. Zwanzig Jahre später mußte er dennoch gehen, da er mehr Teil der Probleme des jungen Nationalstaats als ihrer Lösung war.


Vor dem Parlamentsgebäude ist ein Grabmal des unbekannten Soldaten angebracht, vor dem martialisch dreinblickende Soldaten in den historischen Uniformen der ehemaligen königlichen Garde (Evzonen) eine Art von Silly Walk aufführen.


Nach der Unabhängigkeit des kleinen griechischen Nationalstaats des 19.Jh., der die Hälfte des heutigen Griechenlands umfaßte, kamen europäische Architekten in die neue Hauptstadt Athen. Die Stadt war 1833 nach dem jahrelangen Krieg samt mehrmaliger Belagerung der Akropolis verwüstet und die Stadtbevölkerung auf 4.000 Einwohnerinnen und Einwohner halbiert worden. Die Architekten, viele Deutsche und die dänischen Brüder Christian und Theophil Hansen, studierten antiken Ruinen vor Ort und importierten den klassizistischen Baustil. Das bekannteste Ensemble ist die Trilogie der Brüder Hansen. Hier die Akademie der Wissenschaften (Theophil Hansen, 1885).


die Universität (Christian Hansen, 1841)


die Nationalbibliothek (Theophil Hansen, 1891)


Beim Neubau der U-Bahn zwischen 1993 und 2000 wurden im Stadtgebiet unzählige Funde ausgegraben. In einigen Stationen sind sie an Ort und Stelle ausgestellt. Hier ein Blick auf die Wasserleitung des 6.Jh.v.u.Z. mit Tonröhren in der Station Evangelismos und diverse tönerne Öllampen des 5.Jh. in der Station Panepistimou.



In einem kleinen Park neben der antiken Friedhofsanlage Kerameikos wurde 2010 ein Holocaust-Denkmal errichtet. Es besteht aus Marmorblöcken, auf denen die Namen der jüdischen Gemeinden Griechenlands vor dem Holocaust eingraviert sind. Die Aussparungen der Steine ergeben einen Davidstern. Es ist dies der Ort, an den am 24. März 1944 die Jüdinnen und Juden von Athen von den deutschen Besatzern unter dem Vorwand einer Lebensmittelverteilung versammelt wurden. Sie wurden gefangen und deportiert. 65.000 griechische Jüdinnen und Juden wurden in KZ deportiert, die meisten aus Thessaloniki, etwa 1.000 aus Athen. 59.000 wurden umgebracht. Auf einer Gedenktafel ist ein Text von Elie Wiesel in französisch, griechisch und englisch angebracht.



An einem Nebengebäude im Hof des klassizistischen Polytechneions erinnert ein Denkmal in Form eines Kopfes an die Opfer der blutigen Niederschlagung eines Proteststreiks der Studierenden gegen die griechische Militärdiktatur (1967 bis 1974). Sie besetzten am 14. November 1973 die Hochschule und riefen zum Widerstand auf, tausende Menschen schlossen sich ihnen an. Am frühen Morgen des 17. November 1973 wurde erst der Strom abgeschaltet, wodurch das Gelände im Dunkeln der Nacht lag. Dann walzte ein Panzer das Eingangstor und die Menschen, die sich daran klammerten, nieder und Soldaten stürmten das Gelände. Wieviele Menschen getötet wurden, ist nie völlig geklärt worden. Eine spätere Untersuchung sprach von 24 Toten.



Ein Gedenkstein erinnert an die im Widerstand gegen die nazideutsche Besatzung von 1941 bis 1944 getöteten Mitglieder des Polytechneions.
580.000 Griechinnen und Griechen wurden in deutsche KZs gesperrt, 59.000 griechische Jüdinnen und Juden ermordet. Als Antwort auf einen Straßenbahnerstreik 1943 wurden 50 Straßenbahner zum Tode verurteilt, ein Generalstreik in Athen rettete ihnen das Leben. Als Rache für den Widerstand von Partisanen gegen die Besatzung wurden von deutschen Soldaten 1700 Dörfer niedergebrannt und 30.000 Menschen in sogenannten Vergeltungsaktionen umgebracht. Zu den schlimmsten Mördertruppen gehört Gebirgsjägereinheiten, darunter sehr viele Österreicher. Ingesamt ermordeten deutsche, italienische und bulgarische Besatzungstruppen in Griechenland 80.000 Menschen. Dazu kommen zehntausende Verhungerte in den Hungerwintern 1941 und 1942 in Athen. Die Schätzungen über die Zahl der Menschen, die in Griechenland an den direkten oder indirekten Folgen der Hungernot aufgrund der deutschen Ausbeutung des Landes starben, schwanken zwischen 100.000 und 450.000 Toten.



weitere Blogeinträge der Athen-Reise:

Akropolis, Athen

22./23.12.2013

Die Akropolis von Athen gehört zu den berühmtesten Baudenkmälern der europäischen Geschichte. Hier gab es bereits eine fast tausendjährige Baugeschichte als zur Hochblüte des klassischen antiken Athen im 5.Jh.v.u.Z., vor zweieinhalbtausend Jahren, mit dem Parthenon, dem Erechtheion und den Propyläen Bauwerke entstanden, die in die Architektur- und die Kunstgeschichte eingingen.

Der schönste Blick auf das Ensemble der Akropolis bietet sich vom gegenüberliegenden Musenhügel mit dem Philopappos-Monument.




Das Entrée auf die Akropolis erfolgt über das mächtige Torbauwerk der Propyläen, zwischen 437 und 432 v.u.Z. errichtet. Am hier links zu sehenden Flügel befand sich die Pinakothek, wo eine Sammlung von Tafelbildern untergebracht war. Rechts oben ist der Niketempel zu sehen, Ort eines bereits damals uralten Heiligtums. Nach der Eroberung und Plünderung des christlichen Konstantinopel 1204 durch einen von Venedig umgeleiteten Kreuzzug europäischer Ritter regierten über Athen fränkische, katalanische und andere westeuropäische Herrscher. Im. 13.Jh. wurden die Propyläen zur Burg und Fürstenresidenz umgebaut. Noch im griechischen Unabhängigkeitskrieg war die Akropolis 1827 bis 1833 heftig umkämpft und wurde wechselweise von griechischen und türkischen Truppen belagert. 1836 wurde das Bollwerk am Südflügel (hier rechts) abgetragen, in die der Niketempel eingebaut war, sowie 1875 der mittelalterliche Frankenturm abgerissen.


Blick von den Stufen der Propyläen über die grünen Hügel. Im Hintergrund die moderne Großstadt.


die akropolisseitige Ansicht des Durchgangs der Propyläen


In religiöser Hinsicht bedeutender als der Parthenon war der Tempel der Stadtgöttin Athena Polias nebenan, das heute sogenannte Erechtheion. Der Tempel wurde zwischen 421 und 406 errichtet und umschließt mehrere alte Heilgtümer, weswegen er eine eigentümliche unregelmäßige Form hat und von jeder Seite anders aussieht. Ein Gegensatz zum ebenmäßigen Parthenon.



Im Süden des Erechtheion steht die kleine Korenhalle, deren Dach von sechs Frauenstatuen getragen wird.


Im 7.Jh. wurde im Erechtheion (rechts) wie schon im Parthenon (links) eine christliche Kirche eingebaut. In osmanischer Zeit richtete der türkische Festungskommandant des Burgbergs hier seinen Harem ein. Der Tempelinnenraum verlor dabei seine antike Aufteilung, sodaß davon im wesentlichen die Außenwände geblieben sind.


Der Parthenon ist ein Meisterwerk des Baumeisters Iktinos, des Bildhauers Phidias und ihrer Handwerker und Arbeiter. Der Tempel der Athena Parthenos, der jungfräulichen Athene, wurde zwischen 447 und 439 v.u.Z. errichtet. Man benützte dabei Vorarbeiten und das Fundament eines durch die persische Zerstörung 480/479 nicht errichteten Vorgängerprojekts. Der Tempel erfüllte weniger eine religiöse als eine repräsentative Funktion. Hier war der Staatsschatz untergebracht. Auch die zwölf Meter hohe Statue der Athene aus Elfenbein und Goldplatten über einem Holzgerüst kann als Teil desselben betrachtet werden, da die Goldplatten abnehmbar gestaltet waren. Berühmt wurde der Parthenon aber weder für sein Innenleben oder seine Porportionen, die den wuchtigen Bau durch mit freiem Auge nicht wahrnehmbare Wölbungen (Kurvaturen) der Kanten und Verjüngungen der Säulen leichter und eleganter erscheinen lassen. Berühmt wurde er durch seinen (im 19.Jh. abmontierten) reichhaltigen Skulpturenschmuck, der aber nicht vor Ort, sondern im Akropolismuseum zu bewundern ist.


Nach 900 Jahren als Tempel wurde der Parthenon im 5.Jh.u.Z. mit gewissen Umbauten, die aber nur verhältnismäßig kleine Teile des antiken Baus zerstörten, zu einer christlichen Marienkirche umgewandelt. Tausend Jahre später wurde daraus 1456 eine Moschee, die christlichen Einbauten wurden rückgebaut. An Aussehen und Pracht des Parthenons änderte sich nicht viel.
1687 traf dann aber bei einer venezianischen Belagerung von Athen ein venezianisches Geschoß das Schießpulvermagazin der am Burgberg der Akropolis verschanzten osmanischen Truppen. Es war hier im Parthenon untergebracht gewesen, der nun nach über zweitausend Jahren zur Ruine zerfiel. Der Anblick, wie er sich heute mit relativ vielen aufrechten Säulen bietet, ist in weiten Teilen ein Rekonstruktionswerk des 20.Jh., wie bei Mary Beard nachzulesen. Dennoch kann man nicht anders als bei diesem Anblick die klassische Antike vor sich zu sehen.


Nach der griechischen Unabhänigkeit 1833 wurde die Akropolis ab 1836 zum Hotspot der Archäologie. Das Plateau war über die Jahrhunderte mit verschiedenen Bauten unterschiedlicher Kulturen zugebaut, die allesamt radikal abgerissen wurden. Alles, was aus der mehrtausendjährigen Geschichte der Akropolis nicht dem Bild einer imaginierten reinen Antike des 5.Jh. entsprach, kam weg. Der Boden wurde bis auf den nackten Felsen abgetragen. In diesem skelettierten Anblick der farblosen Tempelruinen und des harten nackten Felsen entspricht dies aber wohl nicht dem antiken Eindruck.


Am östlichen Eck der Akropolis befindet sich eine moderne Aussichtsplattform mit Fahnenmast. Am 30. Mai 1941 rissen hier in einer aufsehenerregenden Widerstandsaktion die beiden Studenten Manolis Glezos und Apostolos Sandas nach einer nächtlichen Kletterpartie auf den Felsen die von den deutschen Besatzern gehißte Hakenkreuzfahne herunter und zogen eine griechische Fahne auf. Sie wurden dafür in Abwesenheit zum Tod verurteilt, überlebten aber. Eine Gedenktafel erinnert an die Aktion.


Blick von der Akropolis nach Südosten, auf das Olympeion und das Panathenäische Stadion.


Blick nach Nordosten, über das Häusermeer Athens auf den Berg Lykavittos


Blick nach Nordwesten auf die Agora



weitere Blogeinträge der Athen-Reise: