15.7.2018
Am Weg von Poysdorf zu einem Fußballspielbesuch in Drasenhofen wurde die Burgruine Falkenstein besichtigt. In der Ortschaft zu Füßen des Burgbergs leben rund 450 Menschen.
Die Burg Falkenstein wurde auf einem Hügel nordwestlich des Ortes Falkenstein bei Poysdorf um 1050 errichtet und in mehreren Bauphasen erweitert. Die Burg ist weithin sichtbar und von oben hatte man einen militärisch wertvollen weiten Ausblick über das Weinviertel und Südmähren.
Von 1600 bis 1620 wurde die mittelalterliche Burg zu einer Renaissancefestung ausgebaut und erhielt der Zeit entsprechende neue Wehranlagen. 1645 wurde die Burg im Zuge des Dreißigjährigen Krieges dennoch von schwedischen Truppen erobert, allerdings hatten sie sich durch Verrat einen Torschlüssel erkaufen und die Burg so fast unbeschädigt besetzen können. 1646 wurden sie von kaiserlichen Armee der Habsburger belagert und dabei die Burg durch die Kriegshandlungen beschädigt. Später im 17.Jh. wurde die militärisch bedeutungslos gewordene Burg bald als „Steinbruch“ durch die Bevölkerung der Umgebung für billiges Baumaterial genutzt und zur Ruine. Der Abtransport brauchbaren Materials hörte erst auf, als 1830 das Burgtor zugemauert wurde. Erst 1990 wurde das Renaissanceportal wieder als Zugang geöffnet.
Gleich im ersten Burghof (aus dem 16.Jh.) steht ein maßstabsgetreu nachgebauter Rumpf einer historischen Galeere, wie es sie vom 13. bis ins 17.Jh. gab. 1539 wurden 150 Anhänger der radikal-reformatorischen religiösen Täuferbewegung in der Burg eingesperrt und anschließend nach Triest verbracht, um dort als Galeerensklaven verkauft zu werden, wie es die katholischen Herrscher damals mit Nicht-Katholiken gerne machten.
Sehr gute und anschauliche Texttafeln infomieren in der Galeere über das damalige Leben auf diesen Schiffen im Mittelmeer im 16.Jh. Bis in das 17.Jh. waren geruderte Schiffe über zweitausend Jahre lang der hauptsächliche Typ von Kriegsschiffen im Mittelmeer. Während in der griechischen und römischen Antike die Ruderer Soldaten und damit freie Männer waren, erfand das christliche Europa den Typus des Galeerensklaven:
„Die Ruderer saßen oder standen dabei angeschmiedet, meist ganz ohne jegliche Bekleidung, das Gesicht zum Schiffsheck gewendet. Schon bei mittlerem Seegang wurde das gewölbte Deck häufig vom Wasser überspült.“
„Auf Drängen des Papstes fand gegen die Osmanen 1571 bei Lepanto die größte Galeerenschlacht statt. An ihr waren 470 Galeeren und etwa 172.000 Ruderer beteiligt. Rund 38.000 Rudersklaven wurden − an ihren Schiffen angeschmiedet − in die Tiefe gerissen.“
„Es gab sowohl die zeitlich begrenzte als auch die lebenslängliche Galeerenstrafe. Bei deren Antritt wurde der Verurteilte oft wie ein Tier mit einem Brandzeichen versehen.“
„Trommelschläge, Pfeifsignale und Peitschenhiebe waren die Mittel der Verständigung. Hitze und entsetzlicher Gestank erfüllte den Schiffsraum. Man roch Galeeren schon lange, bevor man sie sah! Damit die Schwielen nicht aufweichen konnten, war Waschen verboten.“
„Auf einem einzigen Quadratmeter mussten sie arbeiten, essen, schlafen und ihre Notdurft verrichten. Zur Nahrung wurden Zwieback, Bohnen und oft schlechtes Wasser gereicht.“
„Jedem, der beim Rudern erlahmte, half man zynisch mit ‚Windstößen‘ nach: Er wurde gepeitscht, bis er sich wieder aufraffte. Unbrauchbar gewordene Sträflinge wurden losgekettet und ins Meer geworfen.“
Weg aus dem ersten Burghof hinauf in den älteren Teil der Burg durch das Vorwerk aus dem 14.Jh.
Der Eingang zum ältesten Teil der Burg aus dem 11.Jh.
Der in der zweite Ausbaustufe des 13.Jh. dreigeschoßige Palas wurde auf einem abgestemmten Felsplateau errichtet. Er ist das Hauptgebäude der Burg. Im 16.Jh. wurde der mittelalterliche Rittersaal zu einer Kapelle umgebaut und der heute zu sehende Glockenturm im Jahr 1602 errichtet.
2011 wurde in einem historischen Gewölbe der Burgruine ein Museum unter dem Namen Täufergwölb eröffnet. Es informiert über die Reformationsentwicklungen in der christlichen Religion in der frühen Neuzeit und die Überlieferung der Geschichte der Falkensteiner Galeerensträflinge durch einen von ihnen, Kaspar Braitmichek, der überlebte und ihre Geschichte aufschrieb.
Teil des Strafvollzugs für die sich vom katholischen Glauben abgewendet Habenden war der Fußmarsch in Ketten aneinandergeschmiedet mitten im Winter von Falkenstein nach Triest, wo im Hafen die Flotte der Habsburger unter Admiral Andrea Doria lag.
Anfang des 16.Jh. war das unweit von Falkenstein liegende südmährische Nikolsburg, heute Mikulov, ein Zentrum des Protestantismus und der Täuferbewegung, da sich auch der dortige Grundherr Leonhard von Liechtenstein der neuen Religion anschloss. Während sie anderwo verfolgt wurden, lebten dort bis zu ihrer staatlichen und kirchlichen Verfolgung, Ermordung und Vertreibung bald 12.000 Anhängerinnen und Anhänger der neuen Religion, in ganz Mähren 60.000.
Habanerkeramik, der Name Habaner benennt die ab Mitte des 16.Jh. in die heutige Slowakei abgewanderten Hutterer, eine täuferische Kirche, die auf den Tiroler Jakob Hutter zurückgeht und im 19.Jh. nach Nordamerika auswanderte.
Ein ehemaliger Vorratskeller, der im 16.Jh. vorübergehend auch als Gefängnis gedient haben dürfte.
Ausblicke von der Burg ins Weinviertel, auf die Ortschaft Falkenstein und hinüber nach Mikulov.
Burgansichten
In der Ortschaft Falkenstein unten. Der burgähnliche Pfarrhof war zu Beginn ein adeliger Herrschaftssitz, ursprünglich Teil einer mittelalterlichen Wehranlage. Er stammt im Kern aus dem 12.Jh. und wurde im 16. und 17. Jh. erhöht und ausgebaut.
Die frühbarocke Falkensteiner Kirche wurde um 1670 erbaut und 1678 geweiht, wobei der aus der Mitte des 13.Jh. stammende romanisch-gotische Wehrturm des Vorgängerbaus beibehalten wurde.
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