Graz, 25.10.2014
Vor eins zwei Fußballspielen wurde in Graz das Museum im ehemaligen Palais Herberstein besucht, wo derzeit eine Ausstellung zur Steiermark im Ersten Weltkrieg zu sehen ist.
Die Steiermark und der Große Krieg
Universalmuseum Joanneum, Museum im Palais (Palais Herberstein)
28.6.2014−5.7.2015
Zu Beginn der Ausstellung wird als Einführung dargestellt, dass die Steiermark bis 1918 anders aussah, tief ins heutige Slowenien reichte, es mit Marburg/Maribor neben Graz eine zweite Großstadt gab und das Land zweisprachig deutsch-slowenisch war. Der Nationalismus der damaligen Zeit und die deutschnationale Vorherrschaft des Grazer Bürgertums wird damit angesprochen.
Die Ausstellung zeigt Exponate und viele Fotos zum allgegenwärtigen Militarismus vor allem in der Stadt Graz vor 1914 und dem Krieg ab 1914. Hier werden einzelne Soldaten thematisiert, die Dimension des Großen Kriegs bleibt dabei außen vor.
Das Bild zeigt Kinder, die in einer Kriegsschulküche 1917 ihre Frühstückssuppe erhalten. Die Verarmung und der Hunger der Menschen im Land wird angesprochen, aber auch hier fehlte mir ein wenig die Verdeutlichung der Dimension, mit der dies die Bevölkerung traf.
Ein großartig subversives Stück Spott, das den Hunger der Bevölkerung und die nutzlosen Lebensmittelkarten, für die man nichts kaufen konnte, anspricht.
Im Lagerland Steiermark waren 100.000 Menschen als Kriegsgefangene eingesperrt. Die von den k.u.k. Behörden durchgeführte Verschleppung und Zwangsinternierung von 30.000 ukrainischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern der Habsburgermonarchie (Ruthenen) in Graz-Thalerhof, die pauschal als politisch unzuverlässig eingestuft worden waren, ist ein besonders dunkles Kapitel. Hier erfährt man in der Ausstellung viel zu wenig. Bis zum Winter 1914/15 wurden die Internierten auf offener Wiese, bei Wind, Regen und Schnee, gefangengehalten. Sie wurden gefoltert und geschlagen. Bis 1917 bestand das Lager. Über 2.000 Menschen starben dort, an Seuchen, unzureichender Versorgung und Gewalt der Wachen. Davon hätte ich hier etwas erwartet.
Der Erste Weltkrieg in Farbe
Fotografien aus der Sammlung Reinhard Schultz
Universalmuseum Joanneum, Museum im Palais (Palais Herberstein)
2.10.−31.12.2014
Eine Sonderausstellung zeigt Farbfotografien aus dem Ersten Weltkrieg. Besonders die exotischen Perspektiven sind interessant. Hier zur Unterstützung der britischen Kriegsanstrengungen eingesetzte chinesische Arbeiter in Ägypten 1918.
Der Krater nach einer der Explosion von 19 Minen, die am 7. Juni 1917 von britischen Soldaten in Westflandern unter den deutschen Stellungen gegraben und zur Explosion gebracht worden waren. Dabei wurden 10.000 Menschen umgebracht, darunter auf einen Schlag fast die gesamte 3. königlich bayerische Division. Es war eine der größten nicht-nuklearen Explosionen aller Zeiten.
Ein französischer Soldat.
Statussymbole
Universalmuseum Joanneum, Museum im Palais (Palais Herberstein)
In den Prunkräumen des im 18.Jh. barock umgebauten Adelspalasts Palais Herberstein werden Exponate der kunsthistorischen Sammlung des Universalmuseum Joanneum präsentiert. Von Herrschaftsinsignien wie dem Herzogshut der Steiermark über Waffen oder Mode des 18.Jh. bis hin zu einem Globus aus dem Jahr 1692. Die Beletage selbst mit der Prunkstiege ist allein für sich ebenfalls sehenswert. Das Palais war von 1742 bis 1928 im Besitz der Adelsfamilie Herberstein.
Die Qualität der Ausstellungen ist recht unterschiedlich.
AntwortenLöschenDie im Palais Porcia (Herrengasse Wien, Kriegspropaganda) fand ich eher mau, die auf der Schallaburg (WK 1) dafür -sehr- umfassend, da wird das große Bild geboten - bis hin zu Kontigenten aus Indien und Australien!
Auf der Schallaburg ist fotografieren leider nicht erlaubt - schade. Aber ansonsten auf alle Fälle einen Besuch wert!
Das stimmt. Die beiden Ausstellungen stehen auch noch auf meiner Liste.
LöschenHallo aus Graz!
AntwortenLöschenVielen lieben Dank für den Beitrag zum Museum im Palais und zu den derzeit gezeigten Ausstellungen! Vielleicht klappt es wieder einmal mit einem Besuch in einem unserer anderen Häuser. Das würde uns freuen.
Was die Kritikpunkte zur Weltkriegsausstellung betrifft, nur kurze Erklärungen:
Die Ausstellung weist einen regionalen Schwerpunkt auf und thematisiert die zentralen Entwicklungen in der Steiermark. Als "steirisches Landesmuseum" war diese Ausrichtung selbstverständlich, außerdem kommt dieser Blickwinkel in anderen Weltkriegsausstellungen zu kurz - beleuchten die meisten Ausstellungen ohnehin das große Ganze.
Das Anliegen bestand unter anderem darin, die Schicksale von Steirern an der Front sichtbar zu machen und zu dokumentieren. Natürlich nahm man in der Steiermark – allen voran in Graz – als nicht unmittelbarer Ort der Kampfhandlungen den „Großen Krieg“ in anderen Dimensionen wahr – was aber wiederum auch darauf schließen lässt, wie schrecklich dieser Krieg war.
Und bzgl. des Lager Thalerhofs wird hier einiges vermischt. Bei Fragen und näherem Interesse hat aber Nicole Goll (Institut für Geschichte (Zeitgeschichte), Karl-Franzens-Universität Graz) angeboten, zur Verfügung zu stehen.
Liebe Grüße
Christoph Pelzl
(Universalmuseum Joanneum)
Vielen Dank für Ihr Feedback!
LöschenDer Blog-Beitrag gibt meine sehr persönlichen Eindrücke wieder. Dass hier in der Ausstellung ein spezieller Blickwinkel gewählt wurde ist gut. Der regionalgeschichtliche Fokus auf die Steiermark hatte sogar mein Interesse besonders geweckt und mich hierher geführt. Möglicherweise kommt dies nicht genug im Text heraus, da ich Kritikpunkte oft deutlicher formuliere als jene Aspekte, die mir gefallen. Da war einiges gut und gelungen. Bezüglich der Internierten in Thalerhof und der Zustände dort bin ich tatsächlich kein Experte. Hier hätte ich mir persönlich eben mehr an Information erwartet gehabt. Dass eine Ausstellung aber nicht universell alle Aspekte abdecken kann, ist mir klar. Jedenfalls werde ich gerne wieder bei Gelegenheit eines der Museen oder eine der Ausstellungen besuchen.