3.11.2013
In Dolný Kubín (deutsch Unterkubin) im Norden der Slowakei wurde ein Fußballspiel besucht, davor und danach wurden wie gewohnt kulturhistorisch-touristische Besichtigungen unternommen.
Dolný Kubín
Erste Station war das Stadtzentrum von Dolný Kubín. Rund 19.000 Menschen leben heute in der Stadt. Sie ist aber erst in der Nachkriegszeit stark gewachsen, als u.a. Elektroindustrie angesiedelt wurde. Allein im Jahrzehnt von 1961 bis 1970 verdoppelte sich die Bevölkerung dadurch von 3.899 auf 7.680.
Die katholische Pfarrkirche wurde 1880 anstelle einer gotischen Kirche aus dem 14.Jh. erbaut.
Am Hauptplatz (heute Hviezdoslavovo nám.) befinden sich die wichtigsten Altstadtbauten nebeneinander, öffentliche Gebäude neben Bürgerhäusern.
Im Zentrum des Platzes steht ein Denkmal für die Befreiung durch die sowjetische Armee vom Faschismus am 5. April 1945. Da in der Gegend Partisanen Widerstand leisteten, unternahmen deutsche Soldaten zuvor Rachefeldzüge in und um Dolný Kubín. Im Dezember 1944 und im Jänner und März 1945 führten sie Massenverhaftungen durch und verschleppten die Gefangenen in KZ nach Deutschland.
Das ehemalige Komitatshaus aus dem 17.Jh. Heute beherbergt es eine Galerie. Eine Gedenktafel am Gebäude erinnert daran, daß sich hier im Zuge des Slowakischen Nationalaufstands von 1944 ein Revolutionskomitée versammelt und zum bewaffneten Aufstand gegen die faschistische Herrschaft aufgerufen hatte.
Einen prominenten Platz am Hauptplatz hat die evangelische Kirche. Sie wurde in neogotischem Stil neuerrichtet nachdem die Vorgängerkirche bei den beiden großen Stadtbränden 1893 und 1895 zerstört worden war.
Im 19.Jh. lebten die Menschen hier von der Landwirtschaft, Viehhandel, der Bierbrauerei und dem Brennen von Schnaps. Gleichzeitig entwickelte sich die kleine Stadt zu einem Zentrum der slowakischen Nationalliteratur. Der Dichter Pavol Országh Hviezdoslav lebte hier (sein Denkmal im Vordergrund) und die Bibliotheca Čaplovičiana entstand, nachdem Vavrinec Čaplovič 1839 seine Sammlung von Büchern, Zeitungen und anderen Druckwerken seit dem 15.Jh. gestiftet hatte. Das Bibliotheksgebäude (im Hintergrund) wurde 1914 eröffnet.
Als letztes in der Reihe bedeutender Gebäude, die am Hauptplatz nebeneinanderstehen, ist hier die ehemalige Synagoge zu sehen. Bis zum Zweiten Weltkrieg war Stadt slowakisch-deutsch-ungarisch gemischt. Einen Großteil der deutschen Bevölkerung machten die etwa 300 Jüdinnen und Juden aus. Eine Gedenktafel aus dem Jahr 1990 erinnert an die 93 jüdischen Familien aus Dolný Kubín, die 1942 in KZ deportiert worden sind. Das Gebäude der Synagoge aus dem Jahr 1893 blieb erhalten, wenn auch in der Nachkriegszeit stark umgebaut, und dient heute als Kino.
Der jüdische Friedhof ist erhalten, wenn auch viele Gräber während der faschistischen Zeit und der nazideutschen Besatzung sowie auch danach zerstört wurden. Das älteste Grab am Friedhof stammt aus dem 18.Jh. 1992 wurde mit einer Restaurierung begonnen, das Gelände wird seither regelmäßig gepflegt. Die Inschriften der Gräber sind neben hebräisch hauptsächlich deutsch, was wiedereinmal zeigt, daß die Nazis mit der Vertreibung und Ermordung der Jüdinnen und Juden die deutschsprachige Kultur aus Ostmitteleuropa vertrieben.
Die schöne alte Holzbrücke über den Fluß Orava (deutsch Arwa).
Burg Orava
Zweite Station war nach dem Fußballspiel die zehn Kilometer weiter nordöstlich von Dolný Kubín imposant an einem Felsen über dem nämlichen Fluß liegende Arwaburg oder slowakisch Oravský hrad. Die Dämmerung kehrte leider zu schnell ein.
Die Burg entstand schrittweise vom 13. bis zum 17.Jh. und wurde auf drei Terrassen des Felsens erbaut. Große Ausbauten erfolgten von der Mitte des 16.Jh. bis 1611 als die Burg im Besitz der Magnatenfmalie Thurzo war, die als Palatine (Statthalter) Ungarn regierten. Zuletzt war die Burg 1670 umkämpft, als im Zuge der Niederschlagung der sogenannten Magnatenverschwörung durch Truppen des Habsburgerkönigs der Burgherr Thököly seine Soldaten bei der Verteidigung in den Tod führte und auch selbst starb. 1800 wurden große Teile der Burg bei einem Brand zerstört. Erst ab 1861 wurde sie wiederinstandgesetzt, zum Museum umgebaut und 1868 die erste Ausstellung hier eröffnet.
Für den ersten berühmten Vampirfilm, Nosferatu von Friedrich Wilhelm Murnau, wurden 1921 Außen- und Innenaufnahmen der Burg gedreht. Auch oder gerade im Finstern ahnt man, warum sie faszinierte.
Eindrucksvoll, wie viel Du in ein paar Minuten rund um ein Fußballspiel immer "schaffst". Dass beispielsweise Dolný Kubín einen jüdischen Friedhof hat und wo der liegt, muss man erst mal herausfinden. Womit bereitest Du Dich vor? Beste Grüße aus Berlin sendet Frieder Monzer
AntwortenLöschenDanke. Im Fall von Dolný Kubín war es zeitlich tatsächlich recht eng. Ich erstelle mir dazu immer auf Google Maps einen Plan zum Spaziergang an den Sehenswürdigkeiten vorbei bis zum Fußballstadion, sodass sich mit der Wegzeitangabe alles ausgeht. Die historisch interessanten Gebäude und Stätten finde ich durch googlen und google-übersetzen von slowakischen Internetseiten. Grüße aus Wien!
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