Samstag, 20. Juli 2013

Neudörfl

19.7.2013

Das nordburgenländischen Neudörfl wurde aus Anlaß eines Fußballspiels besucht.

Neudörfl liegt am Fluß Leitha, der hier gleich hinter Wiener Neustadt ein Jahrtausend lang die Grenze zwischen Österreich und Ungarn bildete und heute die niederösterreichisch-burgenländische Landesgrenze ist. 1994 wurde das alte Grenzwächterhaus, in dem die ungarischen Zöllner einst ihren Dienst versahen, wiedererrichtet.


Die Hofleithamühl ist ein 1650 erbauter und im 18.Jh. erweiterter herrschaftlicher Bau der Fürsten Esterházy, deren Wappen über dem Portal prangt. Im 19.Jh. wurde das Haus als Leithagasthof betrieben. 1874 fand hier im Saal im ersten Stock der erste Versuch einer Gründung einer Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Österreich statt. Nachdem die Versammlung am ursprünglich geplanten Tagungsort Baden verboten worden war, war bereits vorausschauend hier im vor den cisleithanischen Behörden sicheren ungarischen Grenzort ein Ausweichquartier reserviert worden. Unter dem Druck der polizeilichen Verfolgung politischer Aktivitäten von Arbeiterinnen und Arbeitern sowie schwerwiegendem internen Streit scheiterte die Parteigründung.




In Neudörfl befand sich ein Lager für die weiter über den Bahnhof Strasshof zur Ermordung in KZ deportierten Jüdinnen und Juden. 1944/45 wurde hier auch ein Infektionsspital für die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter eingerichtet, die an der burgenländisch-ungarischen Grenze zu zehntausenden Verteidigungsstellungen gegen die sowjetische Armee bauen mußten. Sie starben an den unmenschlichen Bedingungen der Zwangsarbeit oder wurden beim Abzug brutal ermordet. Im nahen Lager Felixdorf starben sie in Massen an einer Fleckfieberepidemie. Am Friedhof in Neudörfl wurden 23 ungarische Deportierte in einem Massengrab begraben, davon 17 Jüdinnen und Juden, mehrheitlich Frauen. Eine 2006 errichtete Gedenktafel erinnert an die zivilen Opfer Neudörfls im Zweiten Weltkrieg, an die ermordeten Widerstandskämpfer, Roma, Behinderten, Jüdinnen und Juden und die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter.


1965 verlangte die Gemeinde Neudörfl von der Israelitischen Kulturgemeinde die Exhumierung und Auflösung des Grabes, um hier eine Leichenhalle bauen zu können. Diese Forderung verstieß zwar gegen das Kriegsgräberfürsorgegesetzt, es gab aber eine Einigung und 1966 wurden die Toten am jüdischen Friedhof in Eisenstadt erneut bestattet.


Am Friedhof befinden sich unter einer Baumreihe viele Armengräber.


Die katholische Pfarrkirche Neudörfls aus dem 18.Jh., davor das bereits sehr früh, 1919/20, errichtete Kriegerdenkmal.


Gegenüber der Kirche steht auf der Hauptstraße eine große Oscarstatue, etwas verfremdet mit Zigarette im Mundwinkel und Weinflasche unter dem Arm.

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