Montag, 11. März 2013

Nitra

10.3.2013

Ein Rundgang führte durch das westslowakische Nitra, bevor hier ein Fußballspiel besucht wurde. Rund 79.000 Menschen leben hier. Heute ist die Stadt zu 95% slowakisch, doch bis zum Zweiten Weltkrieg war Nitra (deutsch Neutra und ungarisch Nyitra) bunt gemischt. 1891 waren von den damals 13.538 Einwohnerinnen und Einwohnern 5.205 slowakisch-, 5.002 ungarisch- und 3.234 deutschsprachig. Die hauptsächlich deutschsprachige jüdische Gemeinde zählte 3.757 Menschen.

Svätoplukovo námestie, der Hauptplatz der unteren Stadt (dolné mesto). Rechts das 1992 eröffnete Theater, das an der Stelle eines 1945 zerstörten Vorgängers steht. Links hinten im Bild die von der Burg (hrad) gekrönte obere Stadt (horné mesto). Der Namensgeber Sventopluk war von den 850er Jahren bis 871 Fürst des Neutraer Fürstentums und von 871 bis 894 der dritte Herrscher Großmährens.


Statue des Pribina am Pribinovo námestie in der oberen Stadt südlich der Burg. Pribina war ca. 825 bis 833 der letzte Fürst des eigenständigen Neutraer Fürstentums und dann von ca. 840 bis 861 der erste Fürst des Plattensee-Fürstentums. Er gilt als erster bekannter slowakischer Herrscher. Die Stadt Nitra wurde 826 oder 828 zum ersten Mal urkundlich erwähnt, hier gab es die erste bekannte christliche Kirche der Slowakei und den ersten Bischofssitz (880). Wichtige nationalistische Bezugspunkte, daher wurde 1933 in Nitra auch eine große Nationalfeier Pribinove slávnosti am 1100. Jahrestag der Einweihung der ersten Kirche abgehalten.


Ein Eckhaus des Pribinovo námestie aus dem Jahr 1820 ziert die Statue eines Atlanten. Er stellt die Sagenfigur eines Schmieds namens Corgoň dar, der bei einer Belagerung der Burg Nitra durch ein osmanisches Heer große Steinblöcke auf die türkischen Soldaten geworfen haben soll. Die hiesige Brauerei ist nach dieser Figur benannt.


Der Eingang zur Burg (Nitriansky hrad). Eine erste Burg wurde hier ab dem 9.Jh. angelegt, oftmals in Kriegen beschädigt, belagert, erobert und wiederaufgebaut.


Im Innenhof, rechts der Blick zum Turm der Kathedrale und links davon der Bischofspalast


Die heutigen Mauern und Festungsanlagen stammen hauptsächlich aus dem 16. und 17. Jh.


Das wichtigste Gebäude innerhalb der Burg ist die Kathredrale des heiligen Emmeram (Katedrála svätého Emeráma), die eine ganz eigentümliche Gestalt und Baugeschichte hat. Sie besteht nämlich aus drei Kirchen. Links im Vordergrund die erste romanische Kirche aus dem 11.Jh und rechts davon das seitwärts und etwas höher gelegene, im 14.Jh. angebaute größere gotische Kirchengebäude. Hinter dem romanischen Bau liegt wiederum die im 17.Jh. angebaute barocke untere Kirche.


Zu Beginn des 18.Jh. wurde das Kircheninnere einheitlich barock umgestaltet. Hier der Blick in die untere Kirche, rechts oberhalb davon die ursprünglich gotische obere Kirche.


Derzeit findet gerade eine großangelegte Renovierung statt. Dabei wurden in der romanischen Kirche 2012 hinter dem barocken Altar mittelalterliche Fresken aus dem 14. oder 15.Jh. gefunden. Eine kunsthistorische Sensation.


Blick von der Burg über die Altstadt.


Blick auf den Burgberg


In der unteren Stadt liegt die 1911 eröffnete ehemalige neologische Synagoge, in typischem maurisch-byzantinischem Stil der Zeit.


Eine Gedenktafel aus dem Jahr 1992 erinnert an die 1942 von Nitra in die KZs deportierten 6.000 Jüdinnen und Juden.


Die Synagoge wurde 2003 renoviert und dient heute als Veranstaltungs- und Konzertsaal.


Auf der (ehemaligen Frauen-)Galerie wurde 2005 eine Ausstellung „Das Schicksal der slowakischen Juden“ (Osud slovenských židov) eröffnet. Rund 135.000 Jüdinnen und Juden lebten 1938 auf dem Gebiet der heutigen Slowakei, rund 108.000 von ihnen wurden bis 1945 umgebracht. Die Ausstellung informiert nicht über die Entrechtung ab 1939 oder die Vertreibung und Ermordung von 1942 bis 1945, sondern läßt mit wenigen Ausstellungsstücken Einzelschicksale erahnen.


Ein Dokument der Verzweiflung: Der 1909 geborene Adolf Heinovits war ein herausragender slowakischer Graveur. 1942 schuf er diese Silberplatte mit einem in feinsten Buchstaben eingravierten Bittbrief an den Präsidenten des slowakischen Nazi-Satellitenstaats, Josef Tiso. Er ersuchte mittels seiner Kunst in diesem edelmetallenen Brief um eine Ausnahme für sich seine Frau und seine Mutter von der Deportation. Seine Arbeitgeber unterzeichneten ebenfalls. Es half nicht. Heinovits wurde deportiert und ermordet.


Skulpturen, die 1941 von der 13-jährigen Jutka Spiegelová geschaffen wurden. 1942 wurde sie ins KZ deportiert und ermordet.

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