21./22.11.2012
Ende November ist eine nicht unbedingt empfohlene Reisezeit nach Mittelnorwegen. Doch zum Rapidspiel muß man auch zu dieser Zeit hierher. Statt Eis und Schnee gab es allerdings Plusgrade, was Aufenthalt und Besichtigung der Stadt leichter machten. Mit Tageslicht wird leider zu dieser Jahreszeit dennoch gespart, die Sonne ging ab 9 Uhr auf und ab 15 Uhr schon wieder unter. Für wirklich kurze Zeit gab es einmal an diesen zwei Tagen sogar Sonnenstrahlen.
Blick auf Trondheim aus der Luft. Die Stadt liegt im Mündungsgebiet des Flusses Nidelva in die Nordsee
Nicht sattsehen kann man sich hier an den typisch skandinavischen Holzhäusern
Natürlich ebenfalls aus Holz ist die der Rokokopalast Stiftsgården aus dem 18.Jh., welcher der norwegischen Königsfamilie bei Aufenthalten in Trondheim als Residenz dient. Es ist das größte Holzgebäude Skandinaviens.
Am Hauptplatz Torget steht seit 1920 eine 17 Meter hohe Säule, deren Figur den Stadtgründer Olav Tryggvason (Olav I.) darstellt. Der Platz mitsamt den breiten Straßen, die auf ihn zuführen, wurde nach dem verheerenden Stadtbrand von 1681 (wir erinnern uns an die Holzhäuser!) errichtet.
Die Stadt wurde 997 als Nidaros gegründet. Unter dem halben Jahrtausend dänischer Herrschaft über Norwegen erhielt die Stadt den dänischen Namen Trondhjem. Im seit 1905 unabhängigen Norwegen sollte die Stadt 1930 ihren mittelalterlichen Namen wiedererhalten, dagegen gab es aber Proteste und man einigte sich schließlich auf die norwegisierte Form Trondheim.
Ein weiteres schönes Holzhaus im charakteristischem skandinavischen Rot, das 1635 begründete Waisenhaus.
Hauptsehenswürdigkeit Trondheims ist der Nidarosdom. Die Kirche wurde über dem Grab des in einer Schlacht gegen Anhänger des alten Glaubens getöteten christlichen Königs Olav Haraldsson (Olav II.) errichtet und schnell zum bedeutendsten Wallfahrtsort des europäischen Nordens. Trondheim war auch Königsresidenz und Hauptstadt und wurde damit zu einer blühenden mittelalterlichen Stadt. Die Kirche wurden oftmals umgebaut und vergrößert.
Am beeindruckendsten ist die Westfassade des Doms. Doch sie stammt wie fast alles an der Kathedrale nicht aus dem Mittelalter, sondern aus der Rekonstruktion des 19./20.Jhs. Bei Großbränden 1328, 1432 und 1531 wurde die Kirche schwer beschädigt. Nach 1531 wurde nur mehr ein kleiner Teil wieder instandgesetzt, doch auch dieser brannte 1708 erneut aus. 1719 schlug ein Blitz ein und die im Wiederaufbau begriffene Kirche brannte wieder nieder.
Im angeschlossenen Museum ist eine Gegenüberstellung der Ansichten der Westfassade vor und nach der Rekonstruktion der Kathedrale zu sehen, die 1869 begann und das mittelalterliche Erscheinungsbild wiederbringen sollte. Teils beruhten die Arbeiten auf archäologischen Erkenntnissen, aber großteils wurde spekulativ gebaut. Gebaut wurde ein Dom, der mittelalterlich aussehen sollte. Historisch wertvolle Teile aus dem 16., 17. und frühen 18.Jh. wurden daher entfernt.
76 große neue Statuen wurden geschaffen und unzählige weitere kleinere und größere Skulpturen. 1930 wurde der Neubau eingeweiht. Aber erst 2001 (!) wurde der Bau offiziell beendet.
Im Inneren ist der Nidarosdom wenig beeindruckend. Kein Vergleich etwa mit dem Kölner Dom, der ebenfalls im wesentlichen im 19.Jh. errichtet wurde, aber aufgrund mittelalterlicher Pläne.
Neben dem Dom liegt der ehemalige Erzbischöfliche Palast (Erkebispegården). Die ältesten Teile des Komplexes stammen aus dem 12.Jh. und machen ihn zum ältesten aus Stein errichteten Profanbau Norwegens. Nach der Reformation gab es keine Erzbischöfe mehr und hier residierte dann der dänische Statthalter.
Das Museum im Erkebispegården zeigt mittelalterliche Steinskulpturen und archäologische Funde. Weniger interessant sind die in einem anderen Trakt untergebrachten Königspretiosen und Kronjuwelen.
Die 1861 in neugotischem Stil errichtete Holzbrücke Gamle Bybrua. Sie verbindet die Halbinsel mit der Innenstadt mit dem Ostufer des Flusses Nidelva.
Hier befindet sich die nördlichste Synagoge der Welt. Sie wurde 1925 in diesem Haus eingeweiht, das 1864 als erster Bahnhof Trondheims errichtet worden war. Es ist hier auch ein Jüdisches Museum, das (wie andere Einrichtungen Trondheims auch) aber nur in der warmen und hellen Jahreszeit geöffnet hat.
Am jüdischen Teil des Friedhofs in Lademoen wurde ein Denkmal für die unter der deutschen Besatzung von 1940 bis 1945 deportierten und ermordeten Jüdinnen und Juden Mittelnorwegens errichtet. 764 norwegische Jüdinnen und Juden wurden von den Nazis umgebracht, rund 900 konnten über die schwedische Grenze fliehen. Höhepunkt der Verfolgung in Trondheim war die Zeit des Ausnahmezustands im Oktober 1942, der von der deutschen Besatzungsmacht nach Aktivitäten der norwegischen Widerstandsbewegung verhängt wurde. Deutsche Soldaten verhafteten in dieser Zeit viele Menschen und brachten insgesamt 34 in den Straßen und Häusern Trondheims um.
Die alten Speicherhäuser der Werften und Hafenanlagen von Bryggene am Flußufer aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Heute sind hier zumeist Büros, Lokale und Wohnungen.
Über der Stadt liegt die Kristiansten festning. Sie wurde 1685 fertiggestellt und diente dazu, Trondheim nach Osten hin gegen Schweden zu verteidigen. 1718 wurden Stadt und Festung von einer schwedischen Armee belagert, doch nachdem Norwegen 1814 von Dänemark an Schweden kam, verlor die Anlage ihre militärische Bedeutung und wurde 1816 aufgelassen.
Während der deutschen Besatzung Norwegens wurden hier norwegische Widerstandskämpfer hingerichtet. Nach der Befreiung 1945 wurden dann Kriegsverbrecher und norwegische Kollaborateure wie der Gestapo-Agent Henry Rinnan hingerichtet.
Sehr schön ist der Blick von hier oben über Stadt und Fluß
Ein Kuriosum ist der Fahrradlift, der den steilen Weg von der Stadt zur Festung hinauf für Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer ein Stück erleichtern soll
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