Sonntag, 26. Juni 2011

Melk

25.6.2011

Einen willkommenen Anlaß zum Besuch in Melk bot das Fußballspiel von Rapid. 5.200 Menschen leben in der Stadt am südwestlichen Rand der Wachau.

Bekannt ist Melk vor allem durch das Stift, ein auf einem Felsen über der Stadt und der Donau thronendes Benediktinerkloster.


Der große Gebäudekomplex des Stifts ist der Blickfang in der Altstadt zu Füßen des Felsens. Melk wird erstmals im Jahr 831 urkundlich erwähnt. Damals befand sich dort oben nicht ein Kloster, sondern eine Burg. Nachdem der Babenberger Leopold I. 976 mit der Herrschaft über die Mark „Ostarrichi“ belehnt worden war, wurde Melk zur Hauptburg des neuen Herrschaftsbereichs. Im 11.Jh. wurde der Sitz nach Klosterneuburg verlegt und die Burg Melk, weiter Begräbnisstätte der Babenberger, in ein Kloster umgewandelt.


Das prächtigste Gebäude in der Stadt ist das die Alte Post. Die 1792 eröffnete ehemalige Poststation zeigt Stilmerkmale des Übergangs vom Spätbarock (Rokoko) zum Frühklassizismus. Die Fassade ist reich mit Figuren und Utensilien der damaligen Postreiter verziert.


Ein Gegensatz zum dominanten Barock ist die in gotischem Stil gehaltene, Ende des 15.Jh. errichtete katholische Pfarrkirche.


Am langgezogenen Hauptplatz bietet sich einem ein nettes Altstadtensemble. Besonders bemerkenswert sind hierorts die bemalten Fensterflügel der Apotheke aus dem 18.Jh.


Stift Melk. Der imposanteste der Höfe der barocken Anlage ist der 84x42 Meter umfassende Prälatenhof. Zwischen 1701 und 1746 wurde das gesamte Kloster neugebaut (1736 war man schon einmal fertig, allerdings zerstörte 1738 ein Brand wieder vieles) und die teils aus Mittelalter und hauptsächlich erst aus dem 18.Jh. (Frühbarock) stammenden Gebäude ersetzt. Man nahm im Neubau wenig Rücksicht auf historische Substanz, zerstörte etwa das damals berühmte Koloman-Grabmal aus dem 14.Jh., und schuf einen in Einheitlichkeit und barocker Pracht beeindruckenden Komplex.


Ausgangspunkt der Besichtigung ist die Kaiserstiege, die zum Kaisertrakt führt. Der Umstand, daß eigene Gemächer für die kaiserliche Familie eingeplant und errichtet wurden, zeugt von nicht nur religiöser, sondern auch politischer Bedeutung. Religion war unter den Habsburgern nicht von politischer Macht zu trennen. In den Räumen befindet sich heute das Stiftsmuseum. Die erst 2001 erneuerte Ausstellung ist modern gestaltet, wendet sich aber eher an religiös Interessierte.


Der prachtvollste Raum des Kaisertrakts ist der Marmorsaal; Fest- und Speisesaal für weltliche Gäste, insbesondere den kaiserliche Hof.


Aus dem Marmorsaal schreitet man auf die Altane, die große Terrasse an der Vorderseite des Stifts. Von hier hat man eine herrliche Aussicht über die Stadt Melk und den gleichnamigen Fluß, der hier in die Donau (rechts hinter dem Auwald) mündet.


Zweck der Öffnung des Gebäudekomplexes an der Stirnseite mittels einer Terrasse ist die freie Sicht auf die Klosterkirche. Die religiöse Komponente des Palasts wird so architektonisch unterstrichen.


Im gegenüberliegenden Trakt befindet sich an der Stelle des Marmorsaals die beeindruckende Bibliothek. Sie zu sehen war die Hauptmotivation für den Besuch des Stifts. Der Hauptraum ist wie der Marmorsaal mit einem Deckenfresko aus den 1730er Jahren geschmückt. Die Bücher in den Regalen sind nach dem Geschmack des Barock alle gleich gebunden.


Ausgestellte Handschriften. Insgesamt befinden sich in der Stiftsbibliothek rund 1.800 Handschriften seit dem 9. Jahrhundert. Eine beeindruckende Sammlung, auch angesichts des großen Brands 1297, der das ganze Kloster zerstörte und in dem auch die damalige Bibliothek verbrannte. Erst 1997 wurde in den Handschriften ein Fragment aus einer Abschrift des Nibelungenlieds aus dem 13.Jh. entdeckt. Im Nibelungenlied kommt Melk ebenso vor wie im um ein Äutzerl jüngeren Buch Der Name der Rose von Umberto Eco. Ich nehme an, auch davon befindet sich ein Exemplar in den 100.000 Bänden der Bibliothek.


Im Inneren der Stiftskirche. Barock as Barock can. Mir zu viel.


Blick von der Ostseite über den Garten auf den Haupteingang, zwischen der 1650 aus militärischem Zweck errichteten Bastei (stadtseitig links) und der im Zuge der barocken Neugestaltung zum Zweck der Symmetrie erbauten zweiten Bastei (rechter Hand). Rechts ist auch einer der beiden „Babenbergertürme“ zu sehen, Reste der mittelalterlichen Verteidigungsanlage.


Symbolisch interessant, religiöse vs. profane Militanz: Als städtebaulicher Kontrapunkt zum Stift wurde 1912/13 auf einer gegenüberliegenden Anhöhe die Freiherr-von-Birago-Kaserne errichtet, die auch heute dem Bundesheer dient. Gemeinsam haben beide Komplexe die schönbrunnergelbe Farbgebung.


Blick auf das Stift Melk von der Anhöhe der Birago-Kaserne aus.


Am Gelände der Kaserne befand sich von April 1944 bis April 1945 das KZ Melk, ein Nebenlager des KZ Mauthausen. Fast 15.000 Gefangene mußten hier unterirdische Stollen bauen und Kugellager für Steyr-Daimler-Puch produzieren oder wurden in der Gegend für verschiedene Arbeiten, etwa im Sägewerk in Amstetten, eingesetzt. Jeder dritte Gefangene kam aufgrund der unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen um, wurde durch die Wachen oder das medizinische Personal (Giftinjektionen) ermordet. Die Wachmannschaften stellten Soldaten der Luftwaffe, die später von der Waffen-SS übernommen wurden.
Das hier zu sehende ehemalige Krematorium, in dem die Leichen verbrannt wurden, wurde 1962 zur Gedenkstätte erklärt. Seit 1992 ist darin eine Ausstellung über das KZ zu sehen.


Im Zentrum der Stadt Melk erinnert ein von der katholischen Pfarre errichtetes Mahnmal neben der Kirche an die 4.801 Menschen, die 1944/45 im KZ-Nebenlager Melk zu Tode gebracht wurden.

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