Sonntag, 6. Juli 2014

Hirtenberg

5.7.2014

Im niederösterreichischen Hirtenberg südlich von Wien wurde ein Fußballspiel besucht. Rund 2.600 Menschen leben hier.

Hirtenberg wurde erst 1870 durch Trennung von Leobersdorf eine selbständige Gemeinde. Gegen Ende des 19.Jh. wandelte sich der ländliche Ort vor allem durch die Rüstungsindustrie mit der Hirtenberger Patronenfabrik zum Industriestandort. Als Wappenmotiv wählte die Gemeinde daher 1929 auch eine Fabrik mit drei rauchenden Schornsteinen und einem Wasserturm.


Die heutige Hirtenberger AG, historisch bekannt als Hirtenberger Patronenfabrik, geht auf das Jahr 1851 zurück, als sich hier der erste Rüstungsbetrieb ansiedelte. Die Hirtenberger Patronen-, Zündhütchen- und Metallwarenfabrik Keller & Compagnie wurde 1887 gegründet. 1898 arbeiteten hier bereits 2.600 Menschen, den Höchststand erreichte die Farbrik im Ersten Weltkrieg mit 4.188 Beschäftigten. Heute sind es rund 700. Seit den 1990er wird nicht mehr nur für den Krieg produziert und es werden auch zivile Artikel hergestellt. Im Zweiten Weltrieg ließen die Nazis hier auch tausende aus dem Osten verschleppte Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene arbeiten. Vom 28.9.1944 bis 15.4.1945 bestand hier auch ein Außenlager des KZ Mauthausen, in dem bis zu 459 Frauen vor allem aus aus Ost- und Südeuropa Infanteriemunition herstellen mußten.


Im Jänner 1933 machte die Hirtenberger Waffenaffäre internationale Schlagzeilen und verschärfte das schon gespannte politische Klima in der Ersten Republik. Im März schaltete schließlich die Regierung Dollfuß mit der Polizei das Parlament aus, beendete die Demokratie und verteidigte ihre Diktatur 1934 im Bürgerkrieg. Aus dem faschistischen Italien sollten Waffen, ehemalige Bestände der k.u.k. Armee, über Hirtenberg an Ungarn geliefert werden, das vom rechten Horthy-Regime regiert wurde. In der Hirtenberger Fabrik sollten die 84.000 Gewehre und 980 Maschinengewehre modernisiert werden und dann weiter nach Ungarn gehen, wobei ein Teil zur militärischen Aufrüstung der halbfaschistischen österreichischen Heimwehren gegen die Arbeiterbewegung bestimmt war. Der Fabriksdirektor war ein Unterstützer des Austrofaschismus. Dies wurde durch Arbeiter entdeckt und in der sozialdemokratischen Arbeiter-Zeitung veröffentlicht. Es war ein internationaler Skandal, da der geheime Deal mit Kriegswaffen ein Bruch gegen die Bestimmungen der Friedensverträge des Ersten Weltkriegs sowohl von Österreich als auch von Ungarn war. Die Tschechoslowakei und Jugoslawien sahen sich durch die mögliche Aufrüstung Ungarn bedroht, Großbritannien und Frankreich protestierten bei der österreichischen Bundesregierung. Innenpolitisch sahen sich sowohl das sozialdemokratische als auch das christlich-soziale Lager in ihrem Mißtrauen gegeneinander bestätigt.


Charme der fünfziger Jahre


Die Pfarrkirche aus dem Jahr 1898

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