Montag, 20. Juni 2011

Bad Vöslau

18.6.2011

Im Süden von Wien liegt Bad Vöslau, 11.300 Menschen leben hier. Bevor es zum Fußballplatz ging, wurde die kleine Stadt ein wenig erkundet.

Auf dem Gelände der ehemaligen Kammgarnfabrik. Das 1834 gegründete Textilunternehmen war bis zu seiner Schließung 1978 der Hauptarbeitgeber in Bad Vöslau. In den 1950er Jahren arbeiteten hier bis zu 4.000 Menschen. Heute sind auf dem weitläufigen Areal in renovierten Gebäuden Betriebe, Arztpraxen etc. untergebracht. Man findet aber auch noch wie hier einiges an verfallener Industrieromantik.


Das Schloß Bad Vöslau. Ursprünglich war dies eine Anfang des 12.Jh. errichtete Wasserburg. Daran erinnern heute kleine Wasserläufe im Schloßgarten. Zwischen 1740 und 1753 wurde die Anlage barockisiert, doch schon gegen Ende des 18.Jh. wurde das Schloß noch einmal umgebaut und erhielt sein heutiges frühklassizistisches Aussehen.

Unter den Nazis wurde das Schloß 1940 von der Gemeinde arisiert, also, formal gegen eine Entschädigung, welche die Besitzerin Käthe Guttmann nicht erhielt, enteignet. Guttmann wurde 1941 deportiert und wohl ebenso wie ihre beiden Töchter ermordet. Der überlebende älteste Sohn Wilhelm Guttmann erhielt das Schloß 1951 zwar zurück, es war allerdings nach der Verwendung als Kaserne, Flüchtlingslager und Lazarett im Weltkrieg devastiert und obendrein bis 1955 von der sowjetischen Besatzungsmacht unter Beschlag genommen. Daher konnte es die Gemeinde umgehend wieder zurückkaufen. In den 1960er Jahren wurde es renoviert und dient seit 1971 als Rathaus.

Das Vöslauer Thermalwasser wird seit Anfang des 19.Jh. genutzt. 1822 wurde die erste Badeanstalt eröffnet, 1868−1873 wurde sie ausgebaut und Vöslau entwickelte sich in Konkurrenz zum nahen Baden zum beliebten Kurort. Seit 1924 darf sich Vöslau Bad Vöslau nennen.
Das hier in der Mitte zu sehende kolonnadengeschmückte Gebäude des Thermalbads wurde 1926 eröffnet. Links davon ist hier die um 1850 errichtete Biedermeiervilla Zur schönen Aussicht und rechts das Hotel Stefanie aus dem Jahr 1896 zu sehen. Viele Villen gibt es hier aus jener Zeit, die von der Beliebtheit Vöslaus beim wohlhabenden Bürgertum zeugen.

Die 1860−1870 erbaute Pfarrkirche − allerdings nicht von Christo und Jeanne-Claude verpackt, sondern ganz profan eingerüstet.


Im hinter der Kirche liegenden, 1852 errichteten ehemaligen Schulgebäude, das dann von 1894 bis 1971 als Rathaus diente, ist ein nettes Stadtmuseum, dessen Besuch sich lohnt. Hier das der Kammgarnfabrik gewidmete Zimmer. Informiert wird hier auf einer Texttafel auch über die Immigrationsgeschichte der Stadt. Nach der Fabriksgründung wurden in den 1830er Jahren nicht nur Maschinen, sondern auch kundige Arbeiter aus Sachsen geholt, die hier eine evangelische Religionsgemeinde gründeten. Zwischen 1880 und 1895 wurden tschechische Arbeitskräfte angeworben und ein eigenes Wohnviertel für sie und ihre Familien errichtet. In dieses zogen dann in den 1960er Jahren die erst aus Jugoslawien und dann aus der Türkei geholten Gastarbeiter.

Die Wohnsituation um 1900 beleuchten im Stadtmuseum ein Zimmer im Haupthaus, das die Einrichtung des Schlosses zeigt, sowie eine in liebevollen Details eingerichtete Wohnküche im Hoftrakt. Highlight ist auch eine originale Schulklasse um 1900.

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