Sonntag, 19. Januar 2025

Picerno

19./20.1.2025

In der italienischen Gemeinde Picerno in der Region Basilicata habe ich ein Fußballspiel besucht. 5.600 Menschen leben hier.

Blick aus dem Tal auf das sich hoch oben am Bergrücken streckende Picerno in der Abendsonne. Um das Jahr 1000 wurde hier eine neue Siedlung namems Pizini auf den Ruinen der antiken Stadt Acerronia errichtet.


Gleich Ortseingang nennt eine Tafel Picerno als „Leonessa della Lucania“ und das Datum des 10. Mai 1799. Lucania ist der historische Name der Region Basilicata. Die Benennung als Leonessa („Löwin“) bekam die Stadt aufgrund der Ereignisse hier im Zuge der 1799 nach Vorbild der Französischen Revolution durch Sturz des Königs von Neapel und mithilfe der die italienische Halbinsel erobernden französischen Armee gebildeten Repubblica partenopea („Parthenopäische Republik“). Sie bestand von Jänner bis Juni 1799 nur wenige Monate, da der Kardinal Fabrizio Ruffo mit einem aus frommen Bauern gebildeten Esercito Cristiano della Santa Fede („Christliches Heer vom Heiligen Glauben“) mitsamt königstreuen Armeeteilen das Königreich für die Herrschaft von Adel und Kirche zurückerobern konnte. Auf Basis christlich-traditionalistisch konservativer Ideologie gingen diese Sanfedisti mit Tod und Gewalt gegen alle vor, welche mit revolutionären Freiheitsbestrebungen die Macht der katholischen Kirche über die Bevölkerung im Rahmen der althergebrachten Königsherrschaft in Frage stellten. Unterstützung bekamen sie dabei nicht nur von einem russischen Expeditionsheer, das im Auftrag des Zaren gegen Revolutionen in Europa kämpfte, sondern auch von in Süditalien traditionell aktiven Räuberbanden (Briganti) , die von Kardinal Ruffo für ihre Verbrechen begnadigt wurden, wenn sie für die Kirche und gegen die Revolution kämpften. Nach schwerer Niederlage der Republikstruppen gegen die Sanfedisti suchten einige der Geschlagenen in der Kirche von Picerno hoch oben Zuflucht. Die Männer des Brigantenfrühers Gerardo Curcio aus Polla, genannt Sciarpa, griffen Picerno an, um sie zu töten. Nach erbittertem Widerstand – sie kämpften wie eine Löwin, daher der Name „Leonessa della Lucania“ – konnten die Räuberbande die 70 Menschen, darunter 19 Frauen, alle umbringen. Picerno plünderten sie und zündeten die Häuser an.


Blick auf die nach teilweiser Zerstörung 1799 wiederaufgebaute Chiesa madre di San Nicola


Auf einer weiteren Bergspitze ragt hoch inmitten der Häuser Picernos ein mittelalterlicher Wehrturm hervor


Die Chiesa madre di San Nicola aus der Nähe


Blick vom Stadtzentrum Picernos hinunter ins Tal und auf die gegenüberliegenden Berge


Von der vor wenigen Tagen hier noch liegenden Schneedecke waren nur mehr Reste vorhanden.


Zwischen den Gedenktafeln für die toten Soldaten des Ersten und Zweiten Weltkriegs gibt es auch eine Tafel mit den Namen der Toten von 1799.


Straßenszenen


Chiesa della Santissima Annunziata aus dem 14.Jh., mit zum Schmuck der Fassade angebrachten spätantiken römischen Grabstelen, die eine Frau und eine Familie darstellen.


Katzen

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