19.5.2019
Im nordwestslowakischen Holíč (deutsch früher Holitsch und älter Weißkirchen) wurde ein Fußballspiel besucht. 11.200 Menschen leben hier.
Die Stadt wurde 1205 zum ersten Mal schriftlich als Wywar erwähnt. Sie liegt an der Grenze zur Tschechischen Republik. Im Mittelalter war das die Grenze zwischen ungarischem und böhmischem Königreich und die ungarischen Könige ließen hier daher zu militärischen Verteidigung eine Burg errichten, die in Kriegen auch umkämpft war.
Kein schiefer Turm, aber ein schiefes Marterl.
Das Schloss Holíč, früher Schloss Weißkirchen, wurde im 18.Jh. aus der mittelalterlichen Wasserburg unter Kaiserin Maria Theresia zu einem Sommer-Schloss der Habsburger umgebaut. Ihr Mann Franz Stephan hatte die Stadt 1736 gekauft und hier unter anderem eine Porzellan- und Fayence-Manufaktur errichten lassen, was zu einem Wachstum der Stadt führte. Mit dem Ende der Habsburgerherrschaft 1918 ging das Schloss in den Besetz des tschechoslowakischen Staats über.
Straßenszenen
In der Zeit der Weltwirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit gab es am 8. Juni 1932 von Kopčany aus eine Hungerdemonstration („hladový pochod“) zur Bezirkshauptstadt in Skalica, wo sie um Arbeit bitten wollten. Unterwegs schlossen sich andere an und es marschierten mit 40 Frauen an der Spitze 350 Demonstrantinnen und Demonstranten als sie bei Holíč von einer Kette aus Gendarmen aufgehalten wurden. Als die Demonstration sich nicht auflöste wie vom Befehlshaber befohlen, begannen diese auf die Menschen einzuprügeln. Einige der zurückflüchtenden Demonstrantinnen und Demonstranten warfen Steine nach nach den Gendarmen, worauf diese aus ihren Schusswaffen zu schießen begannen. Die meisten konnten hinter dem Bahndamm der Eisenbahnlinie in Deckung gehen, aber Ján Mitura aus Kopčany wurde auf den Eisenbahnschienen erschossen. Die Leute flüchteten. Am nächsten Tag begannen die Ermittlungen gegen die Demonstrantinnen und Demonstranten. Neun Arbeiter wurden vor Gericht gestellt und für die Teilnahme am Protest gegen Hunger und Arbeitslosigkeit zu zwischen zwei und acht Monaten Haft verurteilt. Zum Gedenken an die Unterdrückung des Protests gibt es seit 1966 eine Gedenktafel am Rathaus von Holíč.
Gedenkstein zum fünfzigjährigen Jubiläum der Gründung der Tschechoslowakei 1918
Denkmal für den antifaschistischen Partisanenkämpfer Mirko Nešpor, der in seiner Jugend hier gelebt hatte und 1944 von der faschistischen slowakischen Hlinka-Garde festgenommen, gefoltert und im Gefängnis ermordet wurde. Er wurde nur 20 Jahre alt.
Kapuzinerkloster und Klosterkirche von 1755
katholische Pfarrkirche von 1387
evangelische Kirche, Toleranzkirche aus dem Jahr 1787
außerhalb der Stadt wurde auf einem Hügel eine orthodoxe Kirche neu gebaut
In Holíč lebte zumindest seit 1593 eine jüdische Gemeinde. Ihren Höhepunkt hatte sie Mitte des 19.Jh., 1869 waren von den 4.939 Einwohnerinnen und Einwaohnern 1.316 (26,6%)) jüdisch. Durch Abwanderung schrumpfte die jüdische Gemeinde. 1940 lebten hier noch 360 Jüdinnen und Juden (6,3%). 1918 war das Ende des Ersten Weltkriegs wie im ganzen Land auch hier von einem antisemitischen Pogrom begeleitet. Die Jüdinnen und Juden wurden von den christlichen Einwohnerinnen und Einwohnern überfallen und ihre Geschäfte und Häuser ausgebraubt, weil sie als Sündenböcke für das Leid des Krieges herangezogen wurden. Im faschistischen slowakischen Staat ab 1939 gab es immer mehr diskriminierende Gesetze und Maßnahmen, sodass 1941 die meisten ihre Arbeitsplätze und Lebensgrundlagen entzogen worden waren. Am 27. März 1942 wurden die jüdischen Jugendlichen von der slowakischen Gendarmerie in einer Menschenjagd zusammengetrieben und in KZ deportiert. Bis in den Juli 1942 wurden 90% der übrigen jüdischen Einwohnerinnen und Einwohner über Durchgangslager wie Sered zur Ermordung ins KZ Auschwitz deportiert. Danach kam der Präsident des slowakischen faschistischen Staats, der katholische Priester Tiso in die Stadt und hielt hier in einer Massenkundgebung eine Rede, in welcher er die Deportation als christliche Maßnahme im Sinne der slowakischen Nation feierte. Nach der Besetzung durch die deutsche Wehrmacht im August 1944 wurde überige jüdische Familien von deutschen Soldaten eingesperrt und in KZ deportiert. Wenige überlebten in Verstecken und als Partisanen. Rund 30 Überlebende kehrten nach der Befreiung in ihre Stadt zurück, der Großteil wanderte aber schon 1949 nach Israel aus. Die alte jüdische Synagoge wurde zu einem Lagerhaus verwendet und später abgerissen. Der alte jüdische Friedhof wurde 1975 planiert und abgerissen. Der neue jüdische Friedhof aus dem 19.Jh. ist als Ruine erhalten.
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