Samstag, 7. November 2015

Wiesbaden

6.11.2015

Im westdeutschen Wiesbaden wurde ein Fußballspiel besucht. In der Landeshauptstadt des 1946 gebildeten deutschen Bundeslandes Hessen leben 284.000 Menschen.

In der römischen Zeit entstand hier bei bekannten Thermalquellen eine Siedlung, die die 121 mit dem Namen Aquae Mattiacorum (lateinisch „Die Wasser der Mattiaker“) erstmals erwähnt wird. Der Name bezieht sich auf den hier lebenden chattischen Stamm der Mattiaker. Auch der heutige Stadtname bezieht sich auf das Heilbad: In den Jahren 828/830 erwähnte Einhard, der Biograf Karls des Großen, erstmals den Namen Wisibada („das Bad in den Wiesen“). Die römische Heidenmauer wurde im 4.Jh. in Gussmauerwerktechnik errichtet und diente wohl einem militärischen Zweck. Nur ein geringer Teil ist über dem heutigen Bodenniveau sichtbar. Die antike Mauer wurde 1902 für den Straßenbau durchbrochen und nach dem Geschmack der Zeit mit einem historistischen Römertor ergänzt.


Neben der römischen Mauern erinnern Kopien von in Wiesbaden gefundenen römischen Steindenkmälern an die Antike.


Das klassizistische Stadtschloss wurde 1837 bis 1841 für die Herzöge von Nassau anstelle einer früheren Burg errichtet. Seit 1946 tagt hier der Hessische Landtag. Von 1170 bis 1866 regierten die Nassauer Grafen und später Nassauer Herzöge sieben Jahrhunderte lang Wiesbaden. Nach dem preußisch-österreichischen Krieg um die deutsche Vorherrschaft wurde das auf Habsburger Seite stehende Nassau 1866 vom siegreichen Preußen einverleibt. Die abgesetzte Herzogsfamilie ging nach Wien bis sie 1890 die Nachfolge als Großherzöge von Luxemburg antraten, dem sie heute noch vorstehen.


Das 1609 bis 1610 erbaute Alte Rathaus ist das älteste erhaltene Gebäude in Wiesbaden.


1744 wurde das Schloss Biebrich Hauptresidenz des Hauses Nassau. 1806 wurde Wiesbaden offiziell Hauptstadt des Herzogtums Nassau. Von 1800 bis 1905 wuchs die Bevölkerung von 2.239 Einwohnerinnen und Einwohnern auf 100.953 Menschen.


Das 1884 bis 1887 in Neorenaissance errichtete Neue Rathaus (Hinteransicht).


Die fünftürmige neugotische Marktkirche am Schlossplatz wurde zwischen 1853 und 1862 als evangelische Hauptkirche und Nassauer Landesdom errichtet.


Straßenszene


Die neogotische Bonifatius-Kirche wurde 1844 bis 1848 als katholische Hauptkirche Wiesbadens errichtet. Die Fassade wurde aber erst 1856 und die Türme wurden erst 1866 vollendet. Nach der 1543 von den Nassauer Herzögen beschlossenen Reformation in ihrem Land durften erst seit 1791 in Wiesbaden wieder die katholische Religion ausgeübt werden und 1801 wieder ein erstes eigenes katholsiches Bethaus eröffnet werden. Erst danach wurden auch wieder katholische Kirchen gebaut.


Der Wiesbadener Hauptbahnhof wurde 1904 bis 1906 in protzigem Neobarock errichtet und sollte dem Kaiser und den zur Kur kommenden Adeligen einen passenden Empfang bieten. Für sie wurde ein „Kaisergleis“ (heutiges Gleis 1) errichtet. Im Bahnhofsgebäude sind heute an mehreren Stellen noch die Relikte der einstigen Abbilder der gekrönten Häupter zu sehen, bei denen die Gesichter aber entfernt wurden.


Das Mahnmal für die deportierten und ermordeten Wiesbadener Sinti und Roma aus dem Jahr 1992. Der rote Sandsteinblock zeigt eine Gruppe von Männern, Frauen und Kindern, die sich - erdrückt unter einer schweren Last - auf dem Weg in den Untergang befindet. Das Wiesbadener Denkmal gehörte zu den ersten Mahnmalen, die an den Völkermord an Sinti und Roma (Porajmos) erinnern. 1937 wurden sie von den Nazis für "asozial" erklärt, wodurch sie jederzeit verhaftet und in ein Konzentrationslager gesperrt werden konnten. 1940 hatte die Wiesbadener Kriminalpolizei bereits eine "Zigeunerliste" erstellt, anhand derer dann am 8. März 1943 mehr als 100 Sinti und Roma verhaftet und ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert wurden. Mehr als die Hälfte von ihnen wurde dort ermordet.


Erinnerung an zwei kleine, von den Nazis ermordete jüdische Kinder


Vom Gelände des ehemaligen Schlachthofs neben dem Wiesbadener Hauptbahnhof wurden in der Nazizeit Jüdinnen und Juden ins KZ deportiert. 1933 hatten in der Stadt noch über 3.000 Jüdinnen und Juden gelebt. 1942 waren es nur noch 1.000. Bereits Ende Oktober 1938 fand eine erste Massenabschiebung von neunzig nicht-deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern jüdischen Glaubens nach Polen statt. Am 23. Mai 1942 wurden 27 Menschen ins KZ deportiert. Am 10. Juni folgte eine zweite Deportation von weiteren rund 380 Personen. Die dritte Deportation 1942 fand am 1. September statt. Etwa 370 Personen wurden ins Ghetto Theresienstadt gebracht. Rund hundert haben während jener Jahre in Wiesbaden keinen Ausweg mehr gesehen und Suizid begangen. Die Hälfte der über 3.000 Wiesbadener Jüdinnen und Juden wurde ermordet. 2010 wurde hier das Deportationsmahnmal Schlachthoframpe eröffnet. Das Mahnmal beruht auf einem Entwurf des Künstlers Vollrad Kutscher. Eine Kastanienallee führt zur erhaltene Wand eines abgerissenen Fabrikgebäudes an der ehemaligen Viehverladerampe. Auf diese Wand malte der Graffittikünstler Yorkar7 ein Bild, das eine Deportationsszene zeigt. Als Vorlage diente ein zeitgenössisches Foto. In die Töpfe, in denen die Kastanienbäume stehen, sind Zeilen aus Briefen von Deportierten graviert.


Im Novemberpogrom 1938 wurde die 1883 bis 1869 im maurischen Stil erbaute große Synagoge am Michelsberg am Morgen des 10. November 1938 in Brand gesetzt und zerstört. Die Außenmauern wurden 1939 abgebrissen. Die Lage der Grundmauern ist heute im Straßenbelag der Coulinstraße farblich abgesetzt. Seit 2011 erinnert das Denkmal Namentliches Gedenken hier an die in der Nazizeit ermordeten Wiesbadener Jüdinnen und Juden. Mit sieben Meter hohen Stahlbetonwänden werden die Ausmaße der ehemaligen Synagoge an dieser Stelle nachzeichnet. Auf Augenhöhe sind die Namen aller bisher bekannten 1.507 Opfer auf Steinplatten graviert. Die Gestaltung des Mahnmals stammt von der Künstlerin Valeria Sass und dem Architekturbüro Barbara Willecke.


Kunstwerk am Bahnhofsvorplatz: Heavy luggage, eiserne Koffer des Künstlers Andreas von Weizsäcker

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