Montag, 29. Dezember 2008
Die Republik Österreich 1918/2008
Hannes Leidinger / Verena Moritz
Die Republik Österreich 1918/2008
Überblick - Zwischenbilanz - Neubewertung
Wien 2008 (Paul Zsolnay)
287 S.
Das AutorInnenteam ist mir vor allem durch ihr Schwarzbuch der Habsburger aus dem Jahr 2003 (berechtigtes Anliegen, leider um eine Spur zu viel cum ira et studio) sowie ihre "andere Geschichte des Ersten Weltkriegs", das 2006 erschienene Buch Die Nacht des Kirpitschnikow (glänzend!), ein Begriff. Wenn man allein aus den Anmerkungen auf ihr weiteres Oeuvre schließt, scheinen sie - teils mit anderen zusammen - schneller geschichtswissenschaftliche Bücher zu schreiben und herauszugeben als man sie lesen kann.
Das Buch über die Geschichte der Republik besteht aus zwei Modi, aus der Betrachtung von "Längsschnitten" durch Leidinger und von "Augenblicken" durch Moritz. In essayistischer Form nähern sich beide Ansätze auf breite Literaturkenntnis gestützt der Geschichte. Sie bieten eine in der Zusammenschau interessante Darstellung und in dem v.a. von Leidinger monierten Liberalismusdefizit eine diskutierenswerte Positionierung. Alles qualitätsvoll und in flüssiger Sprache. Durch den laufenden Perspektivenwechsel nehme ich aber an, daß es für Leute ohne tiefere Vorkenntnisse der österreichischen Zeitgeschichte eher schwer sein dürfte, sich zu orientieren - auch wenn gerade das Sinn des Konzepts gewesen sein mag.
Im Titel trennen Leidinger und Moritz die beiden Jahreszahlen durch einen Schrägstrich, der, da sich "keine direkte Linie von 1918 bis 2008 ziehen lässt ... das komplizierte Verhältnis zwischen Bruch und Kontinuität markiert". Zum Februar 1934 und des immer wiederkehrenden Aufbrechens dieser keineswege vernarbten Wunde, heißt es, es "köchelt auf kleiner Flamme ein mittlerweile verdünntes Gemisch aus Interpretationen und (Rest)Ideologien, das einmal diesen und einmal jenen den Magen verstimmt.". Ein treffendes Bild.
In Summe ein interessanter Essay über die Geschichte der Republik. Minuspunkt des Buchs ist, daß die kontroverse Zeit der letzten zwei Jahrzehnte praktisch ausgeblendet bleibt.
P.S.: Und eine stilistische Anmerkung: Man kann die Republik ruhig "Republik" nennen, man muß nicht immer "Alpenrepublik" schreiben. Jetzt habe ich persönlich ein sehr unentspanntes Verhältnis zu Bergen, ich sehe aber den den durchaus gehaltvollen Kontrast der Worte Donaumonarchie und Alpenrepublik. Die Republik braucht aber kein Epitheton rurans, nennen wir sie einfach beim Namen.
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