Dienstag, 7. Januar 2014

Triest

4./5.1.2014

Leider war es an diesem Wochenende in der norditalienischen Hafenstadt Triest bewölkt und regnerisch. Dies hielt aber weder von Stadtbesichtigung noch Fußballspielbesuch ab. Rund 200.000 Menschen leben in der Stadt an der Adria.

Ab 1857 verband die österreichische Südbahn Triest mit Wien und damit auch den Überseehafen mit dem mährisch-schlesischen Industriegebiet. Das heutige Bahnhofsgebäude des einstigen Südbahnhofs und jetzigen Trieste Centrale wurde 1878 errichtet.



Zur Zeit der nazideutschen Besatzung zwischen Herbst 1943 und Frühjahr 1945 wurden von hier aus abertausende Menschen in Konzentrationslager deportiert. Von den 123 Zügen, die von Italien aus in die Vernichtungslager gelangten, fuhren 69 von Triest ab, zu denen noch 30 Züge mit Fahrtziel Arbeitslager hinzugerechnet werden müssen. 1931 lebten etwa 5.000 Jüdinnen und Juden in Triest. 1938 waren es mit Flüchtlingen fast 7.000. Über den Hafen von Triest entkamen viele nach Palästina.
Nach der deutschen Besetzung wurde die verbliebenen rund 2.300 Menschen in Razzien am 19. Oktober 1943 und am 29. Jänner 1944 (Razzia in den Altersheimen) verhaftet und in das am Stadtrand in der Risera di San Sabba errichtete KZ gesperrt. Viele wurden dort umgebracht. 710 wurden in andere KZ deportiert, 20 kehrten überlebten.



Die große Synagoge von Triest wurde zwischen 1908 und 1912 errichtet. 1938 wurden vom faschistischen Regime unter Mussolini rassistische Gesetze eingeführt (Ausschluß aus den Schulen, Arbeitsplatzverlust etc.), 1940 kam es zu Angriffen auf Jüdinnen und Juden in Triest und 1942 wurde die Synagoge von italienischen Faschisten verwüstet und geschlossen. Nach der deutschen Besetzung 1943 wurde die Synagoge zu einem Lagerraum gemacht. Nach der Befreiung wurde sie wiederhergestellt. 1965 lebten rund 1.000 Jüdinnen und Juden in Triest, heute sind es 600.


Von 1382 bis 1918 gehörte Triest zum Habsburgerreich. 1719 wurde Triest zum Freihafen erklärt. Der große Ausbau begann unter Kaiserin Maria Theresia ab 1740. Die Bevölkerung wuchs von damals rund 4.000 in den nächsten 150 Jahren auf rund 180.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Schnürlgerade Straßen im Schachbrettmuster der planmäßig angelegten Maria-Theresien-Stadt (Borgo Teresiano) erinnern daran. Triest war der größte Handelshafen Österreichs und in den großen Werften wurden Schiffe der Kriegsmarine gebaut.


Die Piazza Oberdan erinnert an den in Triest als Wilhelm Oberdank geborenen italienischen Nationalisten Guglielmo Oberdan, der 1882 mit einem Bombenattentat auf den Triest besuchenden Kaiser Franz Joseph knapp scheiterte. Er wurde noch im selben Jahr hingerichtet und in Italien zum Nationalhelden. Um 1900 war die Triester Innenstadt zu 75% italienisch, zu 18% südslawisch (hauptsächlich slowenisch) und zu 5% deutschsprachig. Bereits die Außenbezirke waren aber mehrheitlich slowenisch, ebenso das Umland. Die mulitnationale Hafenstadt war für Nationalisten umkämpftes Terrain. Auch während des Ersten Weltkriegs blieb vor Ort der italienische Nationalismus angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung des Hafens für den östereichisch-ungarischen Wirtschaftsraum gering. Der Anschluß an Italien 1918 wurde aber bejubelt, da der südslawische Staat als Bedrohung wahrgenommen wurde. In den Nachkriegsjahren kam es wiederholt zu gewaltsamen italienisch-slowenischen Ausschreitungen. 1920 brannten die aufstrebenden italienische Faschisten das slowenische Gemeindezentrum nieder.


Vom im 18.Jh. geplanten Kanalnetz wurde nicht viel verwirklicht, nur ein allerdings malerisches Stück des Canale grande erinnert heute daran. Über den Kanal konnten Handelsschiffe in die Stadt fahren und Waren ein- und ausgeladen werden. Ein Teil des Kanals wurde später aus Verkehrsgründen zugeschüttet.



Ab 1905 lebte der irische Schriftsteller James Joyce hier einige Jahre als junger Mann als Englischlehrer. Die mit Triestiner Schal versehene Statue zeigt ihn aber eher als älteren Herrn.


Das Kirche San Spiridione wurde zwischen 1861 und 1869 in orientalischem Stil mit dem typischen Grundriß eines griechischen Kreuzes errichtet und ist die Kirche der serbisch-orthodoxen Gemeinde. Die Hafenstadt Triest bot im 19.Jh. Arbeit.


Das 1806 in klassizistischem Stil errichtete Gebäude der Alten Börse. Heute befindet sich darin die Triestiner Handelskammer. Millionen Tonnen Kaffee, Zucker und Südfrüchte sowie Weine, Öle, Baumwolle, Eisen, Holz und Maschinen wurden im Hafen von Triest bis 1918 nach Österreich importiert und aus Österreich exportiert.


Die Altstadt öffnet sich auf der um 1900 gestalteten Piazza dell’Unità d’Italia zum Meer. Der große Hauptplatz ist von Bauten im Stil der Wiener Ringstraße geprägt, die auf der damaligen Piazza Grande meist nach Plänen von Wiener Ringstraßenarchitekten errichtet wurden.



Das Rathaus Palazzo del Municipio aus dem Jahr 1875.


Der 1905 fertiggestellte Regierungspalast Palazzo del Governo fällt durch seine mosaikverzierte Fassadengestaltung auf.

Das 1883 als Palazzo del Lloyd Austriaco eröffnete Zentrale des 1832 gegründeten Schiffahrtsunternehmen Österreichischer Lloyd, seit 1919 Lloyd Triestino.


Am Übergang der Piazza dell’Unità d’Italia zum Molo Audace wurden 1933 zwei 25 Meter hohe Säulen aufgestellt, die von Hellebarden, dem Wappen der Stadt, gekrönt werden. Zu ihren Füßen stehen martialische Soldaten. Nach 1918 verlor Triest seine Bedeutung als überregionale Hafenstadt. Nach dem Zweiten Weltkrieg bzw. nach Klärung der Grenzlage 1954 verlief die italienisch-jugoslawische Grenze gleich hinter der Stadtgrenze und die Stadt verlor ihr großteils slowenisch bewohntes Hinterland. Die Stadt lag wirtschaftlich darnieder und schrumpfte von 300.000 auf 200.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Dies wurde durch nationalpolitische Aufladung und Erhebung zur Regionalhauptstadt 1962 nicht wirklich gebremst.


Am Molo Audace legte nach dem Ende des Ersten Weltkriegs am 3. November 1918 das Schiff Audace an und italienische Soldaten betraten Triest. Eine Statuengruppe aus dem Jahr 2004 zeigt in vergangenheitsbezogenen Stil einen dem Meer entsteigenden und die Stufen emporsteigenden Soldaten sowie zwei Frauen, die eine italienische Fahne nähen.


Blick über den Hafen.


Im 1913 im Jugendstil errichteten Fischmarktgebäude befindet sich heute ein Aquarium und Ausstellungsraum.


In Konkurrenz zur privaten Südbahn errichtete die k.k. Staatsbahn die Tauernbahn, die ab 1909 über Görz, Villach und Salzburg eine direkte Eisenbahnverbindung nach Westösterreich und Süddeutschland bot. Dieser Staatsbahnhof (stazione dello stato) direkt neben den 1898 ausgebauten Hafenanlagen war daher bis 1918 der wichtigste Bahnhof der Stadt. 1923 wurde der Bahnhof in Campo Marzio umbenannt, 1959 angesichts der schrumpfenden Bedeutung von Hafen und Stadt geschlossen. In einem Teil des verfallen wirkenden und großteils leerstehenden Gebäudes ist heute ein Eisenbahnmuseum untergebracht.



Das römische Tergeste war in antiker Zeit eine eher kleine Stadt, die sich auf und um den Burghügel (Colle di San Giusto) konzentrierte, der damals noch am Meer lag. Das 6.000 Plätze fassende römische Theater (Teatro Romano) wurde am Ende des 1.Jh. am Fuß des Burghügels am bereits versandenden Hafen errichtet. Das nicht mehr erhaltende Bühnengebäude lag am Meeresufer. Im Jahr 568 wurde das Theater wahrscheinlich bei der langobardischen Eroberung der Stadt zerstört. Im Mittelalter wurde die Anlage von Stadtmauer und Häusern überbaut. Das mittelalterliche Viertel wurde nach Entdeckung der Ruinen 1938 großflächig abgerissen, da der Verweis auf die römische Antike dem faschistischen Regime als Begründung des italienischen Herrschaftsanspruchs diente.



Der Arco di Ricardo ist als Teil eines Stadttores der letzte erhaltende Bestandteil der römischen Stadtmauer aus dem 1.Jh.v.u.Z. und damit das älteste Bauwerk Triests.


Die Cattedrale di San Giusto wurde im 14.Jh. durch Zusammenlegung zweier älterer Kirchen errichtet. Das Hauptschiff des 14.Jh. verbindet die Hallen der beiden älteren Kirchen aus dem 9. und 12.Jh., in denen Mosaiken aus dem 12. und 13.Jh. zu sehen sind. Bemerkenswert ist das Kirchenportal, das aus antiken Grabsteinen gestaltet wurde.



Unmittelbar neben der Kathedrale, die über dem Standort einer Basilika aus dem 5.Jh. steht, liegt das Forum des antiken Tergeste. Bruchstücke von Säulen wurden mit Ziegelaufbauten für einen antiken Eindruck aufgestellt.


Forum und Kirche liegen zu Füßen des Castello di San Giusto. Eine erste Burg an diesem Standort hoch über der Stadt wird 1253 erwähnt. Diese Burg wurde 1371 von einem venezianischen Heer erobert und wiederaufgebaut, wenig später aber bei dessen Vertreibung von den Triestinern wieder zerstört. Die heutige Festung wurde zwischen 1470 und 1630 errichtet.

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