Sonntag, 12. Januar 2014

Mauer

11.1.2014

Die heutige Landesklinikum Mostviertel Amstetten-Mauer, ehemalige Landesirrenanstalt und spätere Landesnervenklinik, wurde 1902 als Kaiser Franz-Josef- Landes-, Heil- und Pflegeanstalt Mauer-Öhling eröffnet. Im Jugendstil wurden mehrere Pavillongebäude in einem weitläufigen Parkgelände errichtet, wie es damals in der Spitalsarchitektur modern war. Während der Besatzungszeit war hier von 1945 bis 1955 eine sowjetische Kaserne, dann wurde es wieder ein Spital. Am Rande des Geländes wurde Fußball gespielt.


Im Rahmen der NS-Euthanasie von behinderten Menschen wurden in Mauer-Öhling zwischen 1938 bis 1945 hunderte Patientinnen und Patienten vom Personal ermordet. Mindestens 800 weitere Menschen wurde von hier zur Ermordung in anderen Institutionen, z.B. in die Tötungsanstalt im oberösterreichischen Hartheim, gebracht. Zu den gezielt Ermordeten kommt noch diejenigen Menschen, die man durch Vernachlässigung wie z.B. Unterernährung sterben ließ.


Die zunächst offenen und wenig verheimlichten Morde an Behinderten wurden nach Unmut und Protesten 1941 offiziell eingestellt, aber geheim weitergeführt. Unter dem Wiener Arzt Emil Gelny wurden in Mauer ab November 1944 39 Patientinnen und Patienten mit Tabletten und Injektionen getötet. Ab Anfang April 1945 brachte er dann in den letzten Tagen kurz vor Kriegsende mithilfe des Pflegepersonals 149 Patientinnen und Patienten mit einem von ihm zum Tötungsinstrument umgebauten Elektroschockapparat um. Die Ermordung der weiteren 700 bis 800 Menschen wurde durch den raschen Vormarsch der sowjetischen Armee verhindert.


Dr. Gelny war so stolz auf seinen umgebauten Elektroschocker, daß er ihn im Sommer 1944 im Rahmen eines Psychiaterkongresses in Gugging vorführte. In Anwesenheit von 30 bis 40 Personen ermordete er einen Patienten. Einer der Teilnehmer: „Ich dachte, daß er den Schock zeitlich bemessen wird, inzwischen aber ist der Elektroschock immer weiter gegangen, sodaß ich mir dachte: ,Was treibt der Mensch?‘ Es ist einem kalt über den Rücken gegangen. Der Kranke ist wirklich gestorben. Dr. Gelny hat eine Zeit verkündet, ich glaube drei oder fünf Minuten, und hat begonnen, seinen Apparat als ,geniale Erfindung‘ zu erklären.“ (Anton Blaha, bizeps.or.at)


Am Anstaltsfriedhof errinnert eine 1980 angebrachte Gedenktafel an der Rückseite des Prosektur-Gebäudes an die Ermordeten. Der Text gedenkt allgemein den Verstorbenen des Krankenhauses und den Opfern der Jahre 1940 bis 1945, benennt sie aber nicht als Ermordete und nennt auch nicht, wem sie zum Opfer fielen. Daneben erinnert eine weitere Tafel an verstorbenes und in Kriegsdiensten getötetes Krankenhauspersonal.

5 Kommentare:

  1. Gut recherchiert von dir, Respekt, so viele eigentlich nicht wirklich in die Öffentlichkeit gedrungene Fakten in diesen Blog zu lesen.
    Ich wohne zwar nur 400m von der Anstalt entfernt, aber besonders über die Zeit während dem 2.Weltkrieg wird gerne geschwiegen. Muss dazu sagen, ich habe auch damals meine Oma nicht dezidiert auf die Gräueltaten a la Tötungsmaschine angesprochen , aber habe dennoch Interesse an der Geschichte der Anstalt. Ausserdem gibt es noch 3 "barocke" Baracken, die ziemliche Ähnlichkeit mit denen vom KZ Mauthausen aufweisen.

    PS: war auf beim Match SVU Mauer gegen den LASK.

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    1. Danke, das freut mich. Über die Zeit wird gerne geschwiegen, da hast du recht und das ist leider oft so.
      Das Fußballspiel bot für mich eine passende Gelegenheit für den Besuch. Ich verbinde sowas gerne.

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  2. Die Gedenktafeln sind ein typisch Österreichischer Umgang mit Mördern.
    Die Menschen sind dort bestialisch ermordet worden und man schreibt "verstorben".
    In der Kapelle des Ortes werden die Mörder als Helden gefeiert.

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    1. https://www.youtube.com/watch?v=gnWmaImCT-Y

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    2. In welcher Kapelle werden die Mörder als Helden gefeiert?
      Ich kenne nur drei der „Kapellen“. Den Eingang bei der Pfarrkirche, die Gedenkstätte im Friedhofsbereich, die Gedenkstätte im Klinikum.

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