18.8.2011
Im Zuge des dreitägigen Aufenthalts in London wurde ein Tag im British Museum verbracht.
Das Ergebnis von dreihundert Jahren Sammlung von Kunstwerken aus aller Welt mit den Mitteln einer einstigen Weltmacht ist hier in einzigartiger Weise an einem Ort zu sehen.
Das heutige klassizistische Museumsgebäude stammt aus den Jahren 1823 bis 1847.
Beeindruckend und zur Erschließung der Museumstrakte überaus praktisch ist die 2000 nach Plänen von Norman Foster erfolgte Überdachung des Innenhofs, des Great Court. In seiner Mitte befindet sich der Rundbau (1857) des ehemaligen Reading Room, des Lesesaals der bis 1998 hier untergebrachten British Library. Hier studierte und schrieb Karl Marx für sein Hauptwerk Das Kapital.
Der erste Weg führte in die ägyptische Sammlung und zum Stein von Rosette, mit dessen Hilfe aufgrund seiner dreisprachigen Inschrift erstmals nach zweitausend Jahren die Schrift der Hieroglyphen entziffert und die alte ägyptische Welt erschlossen werden konnte.
Die Sammlung ägyptischer Kunstwerke ist beeindruckend. In so einer Reichhaltigkeit und Bedeutung der Stücke erstmals gesehen. Allein das war den Besuch wert. Dabei war es erst der Anfang.
Faszinierend waren die assyrischen Palastreliefs, etwa aus Ninive. Aber auch weitere Stücke aus den assyrischen Palastanlagen waren überaus spannend, da ich solche noch nie persönlich gesehen habe. Hier Torwächter aus Nimrud (um 865 v.u.Z.) im Vordergrund.
Prachtvoll inszeniert wird das Nereiden-Monument, ein antikes griechisch-persisches Grabmal aus Lykien im Südwesten Kleinasiens um 380 v.u.Z.
Eine wesentliche Motivation für den Besuch hier waren die hiesigen Stücke des Parthenon-Tempels aus Athen aus dem 5.Jh.v.u.Z.
Seit der Schulzeit davon gehört und gelesen, ist es dann doch sehr interessant, die Skultpuren mit eigenen Augen zu sehen. Um 1800 wurden sie auf Veranlaßung von Lord Elgin vor Ort abgeschlagen und nach England gebracht. Seit nunmehr zwei Jahrunderten Anlaß für Konflikt, ob dies eine Form der Rettung oder des Raubes war. Im dazu eigens aufgelegten Infofolder des British Museum erklärt man, daß man die Stücke hier in den Kontext der Weltgeschichte stelle, während die verbliebenen Stücke in Athen in den Kontext der griechischen Antike gestellt werden. Beides wäre ein sinnvoller, aber eben unterschiedlicher Zugang zu ihrer Präsentation. In Griechenland sieht man das anders.
Ein Fragment des äußeren Reliefs der Metopen des Parthenon, das Menschen im Kampf mit den mythischen Wesen der Kentauren zeigt.
Vor den verschiedenen Skulpturen vom Parthenon kann man lange verweilen. Man sieht sie hier auf Augenhöhe und nicht zwölf Meter über dem Kopf, wo sie einst angebracht waren. Vermißt habe ich in der Präsentation eine Visualisierung, wo sich die einzelnen Stücke jeweils einst am Tempel befunden haben. Hätte ich mich nicht eigens eingelesen, wäre mir vieles verschlossen geblieben.
Im weiteren Verlauf der Antikensammlung gab es einige Déjà-vu-Erlebnisse. Viele Stücke ließen Erinnerungen an den Griechisch-Unterricht der Schulzeit wachwerden. Manche Portaits historischer Personen, die aus vielerlei Publikationen bekannt sind, wurden erstmals selbst betrachtet. So wie etwa dieser Kopf des Sokrates, einer römischen Kopie eines griechischen Originals aus 380−360 v.u.Z.
Die Stiegenhäuser zieren wunderschöne Kunstwerke, wie hier antike Mosaike.
Die römischen Grabdenkmäler (hier aus dem 1.Jh.u.Z.) haben mir gefallen.
Zurück im alten Ägypten fand ich die Tiermumien, hier einerseits die Fische, aber auch insbesondere die Katzenmumien sehenswert.
Die kunstvollen ägyptische Sarkophage, aber auch ihr Inhalt, die präsentierten Mumien in ein- und ausgewickeltem Zustand sind ein Ort, an dem sich die Menschenmassen vor den Glasvitrinen drängen. Ich fand es unpassend, wie hier Eltern ihre Kinder vor den Leichen fotografierten. Schließlich und endlich sind dies, wenn auch mehrere tausend Jahre alte, Leichen einst lebender Menschen. Mein Pietätsgefühl rebelliert hier.
Weiters gibt es hier noch Skulpturen- und Kunstsammlungen aus Asien (viel China aus China), Afrika und Amerika. Hier versagt allerdings meine Allgemeinbildung, sodaß ich diese zwar interessiert und lernwillig betrachtete, mir aber der historische Kontext zu den Stücken fehlte. Wahrscheinlich bin ich aber auch nur in einem kunsthistorischen Museum falsch aufgehoben, da mich ja weniger die Kunst an sich als vielmehr der historische Bezug interessiert.
Auch eine Steinfigur von der Osterinsel ist zu bewundern.
Eine sehr spannende Einrichtung ist die Enlightenment Gallery, die 2003 in vormaligen Bibliotheksräumlichkeiten eröffnet wurde. Sie zeigt, wie sich im 18. Jahrhundert den Gelehrten das Wissen erschloß bzw. dieses damals gesammelt und präsentiert wurde. Antike Skulpturen stehen hier neben naturwissenschaftlichen Exponaten, in den Regalkästen dahinter stehen ägyptische Mumienköpfe neben historischen Lexika und wissenschaftlichen Büchern. Alle Wissensgebiete vereint und durcheinander. Herrlich, aber ohne Orientierungssystem im Kopf mag das Durcheinander verwirrend wirken. Highlight war hier die Replik des Steins von Rosette, die hier ohne Glas eingehender betrachtet werden kann.
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