Sonntag, 3. März 2024
Halle (Saale)
2.3.2024
In der deutschen Stadt Halle (Saale) habe ich das eine und das andere Fußballspiel besucht. 240.000 Menschen leben hier im 1990 gebildeten Bundesland Sachsen-Anhalt.
Hauptbahnhof. Im Jahr 806 wurde Halle als „Halla“ erstmals schriftlich erwähnt. Die Stadt hieß vom Ende des 15. bis zum Ende des 17.Jh. Hall in Sachsen, bis Anfang des 20.Jh. Halle an der Saale, von 1965 bis 1995 Halle/Saale und wird heute offiziell Halle (Saale) geschrieben.
Wasserturm am Hauptbahnhof (1910)
Der Leipziger Turm wurde Mitte des 15.Jh. neben dem 1819 abgerissenen Galgtor errichtet und diente als Teil der Stadtbefestigung zur militärischen Verteidigung des Stadttors in Kriegen.
Reste der ehemaligen Stadtmauer. 1541 trat die Stadt Halle und damit die Residenzstadt des weltlichen Fürstentums des katholischen Erzstifts Magdeburg der Reformation bei. Ohne katholischen Erzbischof wurden zur Regierung des nun evangelischen Herrschaftsgebiets Administratoren bestimmt. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde im Westfälischen Frieden der Übergang der weltlichen Macht von katholischen an evangelischen Bischöfe anerkannt, aber auch die Auflösung kirchlicher Fürstentümer beschlossen. Deswegen endete 1680 auch formal die Herrschaft des Erzstifts Magdeburg. Es wurde an das Kurfürstentum Brandenburg angeschlossen, aus dem 1701 das Königreich Preußen wurde.
Die 1698 durch den Theologen und Pädagogen August Hermann Francke gegründeten Franckeschen Stiftungen mit kulturellen, wissenschaftlichen, schulischen und sozialen religiösen Einrichtungen.
Im Februar begann mit Baumfällungen der Abriss eines geschichtsträchtigen Orts in Halle, der Schorrehalle. Zuletzt war hier eine Musikveranstaltungshalle. In diesem Gebäude, das damals Zum Hofjäger hieß, konnte nach dem Auslaufen der staatlichen Verfolgung der Sozialdemokratie im Deutschen Kaiserreich mit dem sogenannten Sozialistengesetz von 12. bis 18. Oktober 1890 erstmals wieder ein sozialdemokratischer Parteitag zusammentreten. Hier gab sich die Partei den Namen Sozialdemokratische Partei Deutschlands, so wie sie bis heute heißt. August Bebel erinnerte damals in seiner Rede an die Jahre der Unterdrückung: „Es sind eine große Zahl von Genossen aus den verschiedensten Lebensstellungen, die von den Handhabern des Gesetzes gehetzt, verfolgt, zu Grunde gerichtet und dadurch in ihrem Lebensfaden verkürzt ins frühe Grab sanken. Viele Hunderte wurden in den ersten Jahren der Herrschaft des Gesetzes durch die Vernichtung ihrer materiellen Existenz gezwungen, im Auslande Zuflucht und Unterkunft zu suchen. Von denjenigen, die in der vorsozialistischen Zeit als Agitator und in öffentlichen Stellungen, als Redakteure, Abgeordnete un so weiter in der Partei tätig waren, haben in den ersten Jahren über 80 Personen, darunter unsere tüchtigsten, besten und intelligentesten Genossen, den deutschen Boden verlassen müssen, und nur sehr wenige von ihnen können oder werden in die Heimat zurückkehren. Das Gesamtmaß der Freiheitsstrafen beläuft sich auf nahe an 1.000 Jahre Gefängnis, darunter eine Anzahl Jahre Zuchthaus.“ Zu Zeiten der DDR wurde eine Erinnerungstafel am Gebäude angebracht, die 2013 in eine Stele mit dem Bild August Bebels integriert wurde. Sie war jetzt auf der Baustelle nicht mehr zu sehen.
Portalnachbau der zerstörten hallischen Synagoge am Großen Berlin. Seit dem Mittelalter hatten Jüdinnen und Juden mit Unterbrechungen in Halle gelebt. Eine jüdische Ansiedlung aus dem Ende des 12.Jh. wurde Anfang des 13.Jh. von den christlichen Nachbarn angegriffen und die Jüdinnen und Juden vertrieben. Der Erzbischof von Magdeburg ließ sie wieder zurückkommen, verlangte dafür aber hohe Steuern als Schutzgeld von ihnen. Auch später wurde die jüdische Bevölkerung von den christlichen Nachbarn aus diversen antisemitischen Beweggründen immer wieder einmal attackiert und Menschen umgebracht. Mehr oder weniger wurden sie gegen viel Geld von der staatlichen Macht des Erzbischofs vor Schlimmerem bewahrt und konnten nach Vertreibungen wieder zurückkehren. Nach der Machtergreifung der Nazis 1933 begannen die vielfältigen Diskriminierungen mit Attacken, Beraubungen, Verlust der Arbeitsplätze, Verlust der Wohnungen, Verhaftungen und schließlich Deportation und Ermordung derjenigen, die bis 1941 die Flucht nicht geschafft hatten. Die Synagoge wurde von den Nazis im Novemberpogrom 1938 zerstört. Das Portal blieb wurde 1984 geborgen und 1987 hier zu Gedenken aufgestellt.
Das Fahnenmonument wurde 1967 zum fünzigjährigen Jubiläum der Machtergreifung der Bolschewiki in Russland in der Oktoberrevolution 1917 als Denkmal „Flamme der Revolution“ errichtet. Die wehende Fahne war ursprünglich eine rote Fahne als kommunistisches Symbol und das Denkmal Hintergrund eines Veranstaltungsplatzes für politische Aufmärsche der DDR. Nach der Wende wurde die rote Fahne künstlerisch neu gestaltet und mit anderer Farbgebung versehen.
Ostdeutschland
Die Fünf Türme sind das Wahrzeichen von Halle, gebildet aus dem Roten >Turm und den vier Türmen der Marktkirche.
Das Händel-Denkmal wurde 1859 zum 100. Todestag des 1685 in Halle geborenen Komponisten Georg Friedrich Händel am Marktplatz errichtet.
Der Rote Turm wurde 1418 bis 1506 als freistehender Glockenturm der Kirche am Marktplatz errichtet. Nah Art eines italienischen Campanile. Das Kupferdach war anfangs rot bevor es sich in der Witterung grün färbte, daher kam wohl der Name. Beim Angriff der US Army zur Befreiung Halles im April 1945 wurde der Turm durch Artilleriebeschuss schwer beschädigt. Der Wiederaufbau wurde 1975 mit Rekonstruktion des Dachs abgeschlossen.
Die Marktkirche Unser Lieben Frauen oder auch Marienkirche wurde 1529 bis 1554 anstelle zweier dafür abgerissener Vorgängerkirchen, der Gertrudenkirche aus dem 11.Jh. und der Marienkirche aus dem 12.Jh., im Stile der Spätgotik neu gebaut. Die Türme der alten Kirchen ließ man dabei stehen, womit die Kirche vier Türme besitzt. Ziel des Magdeburger Erzbischofs beim Kirchenneubau war, eine repräsentative große Kirche für pächtige Messen zu haben, um so die Stadtbevölkerung mit deren Wirkung zu beeindrucken und einzuschüchtern und einen Übertritt zur Reformation zu verhindern. Das gelang nicht. Die Kriegsbeschädigungen des Jahres 1945 konnten bis 1948 wiederhergestellt werden. Ein geplatztes Heizungsrohr beschädigte 1967 aber den Innenraum so schwer, dass 1968 bis 1983 eine umfassende Sanierung erfolgte.
Im Volksaufstand des 17. Juni 1953 war Halle eines der Zentren des Widerstands. Über 90.000 Menschen demonstrierten gegen das DDR-Regime. Polizei und Truppen beendeten den Protest mit Waffengewalt, wobei sie zwischen neun und elf Menschen töteten. Viele Leute wurden danach zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Gedenken am Hallmarkt.
Der Hallesche Dom war Sitz der Magdeburger Erzbischöfe in ihrer Residenzstadt Halle. Ab 1520 ließen sie eine Dominikaner-Klosterkirche aus den Jahren 1271 bis 1330 im Stile der Spätgotik und Frührenaissance groß umbauen und 1523 als Stiftskirche des Magdeburger Erzbistums neu weihen. Augenscheinlich ist der Aufbau am Dach im Rennaissance-Stil, der den gotischen Dachstuhl verdeckt. Schon 1541 musste der katholische Kardinal Albrecht allerdings das protestantisch gewordende Halle verlassen. Die beweglichen Einrichtungsgegenstände aus dem Dom ließ er abbauen und mitnehmen.
Straßenszene. Im Zuge der Revolution 1918/19 eroberte eine Kriegsfreiwilligentruppe eines Freikorps im März 1919 in siebenstündigen Kämpfen die von einem Arbeiter- und Soldatenrat im Sinne der USPD beherrschte Stadt (29 Tote) für die von der SPD dominierte Reichsregierung der Weimarer Republik (7 Tote auf Freikorps-Seite). Als im rechtsextremen Kapp-Putsch im März 1920 die demokratische Republik gestürzt werden sollte, besetzten auf Seiten des Putsches stehende Militäreinheiten gemeinsam mit kriegsfreiwilligen Studenten die Stadt (die Universität Halle war von einem rechten, antisemitischen Milieu dominiert). Arbeitermilizen leisteten ihnen Widerstand. Mindestens 115 Menschen wurden von den Putsch-Truppen getötet. Wahrscheinlich waren es aber mehr. Vor allem die Studenten ermordeten systematisch alle Gefangenen, die sich ihnen ergeben hatten.
Die Salzquellen und der Salzhandel waren jahrhundertelang wirtschaftliche Basis von Halle und führten zum Reichtum der sie kontrollierenden Bürger. Die Innung der Pfänner, benannt nach der Salzgewinnung mit Salzsiedepfannen, bestimmte über Jahrhunderte die Politik der Stadt. 1263 schloss Halle mit dem Erzbistum Magdeburg, zu dem es gehörte, einen Vertrag, dass der Erzbischof keine Burg im Umkreis und keine weiteren Solbrunnen zur Salzgewinnung anlegen durfte. 1281 wurde Halle erstmals als Mitglied des Städteverbunds der Hanse genannt und 1310 wurde die Selbstverwaltung der Stadt Halle vertraglich festgehalten. Diese hielt bis 1478. Die Magdeburger Erzbischöfe ließen sich dann in der Stadt die Moritzburg zur militärischen Durchsetzung und Sicherung ihrer Herrschaft über Halle bauen.
Die Synagoge in der Humboldtstraße wurde nach 1945 zum Zentrum einer jüdischen Gemeinde, die 1989 nur mehr aus fünf Mitgliedern bestand, aber nach der Wende durch Zuwanderung auf über 500 anwuchs. 2019 versuchte hier ein bewaffneter Rechtsextremist durch die Tür einzudringen, um die in der Synagoge versammelten Jüdinnen und Juden zu ermorden. Er streamte das dabei live ins Internet mit einer Helmkamera, wohl um mit den Morden zum Held der Rechten und Nazis zu werden. Die von einem Tischlermeister gebaute stabile Sicherheitstür konnte er aber weder mit Schüssen noch Moltowcocktails und Handgranaten aufsprengen, was den Menschen dahinter das Leben rettete. Er erschoss daraufhin auf der Straße eine Passantin und schoss auf einen Botenfahrer, der ihn auf die am Boden liegende tote Frau ansprach. Verärgert wandte er sich von der Synagoge ab, griff mit Granaten und Schusswaffe einen Dönerladen an und er erschoss darin einen Gast, einen HFC-Fußballfan. Nachdem er anfangs im Schusswechsel mit der Polizei entkam, wurde er festgenommen, mittlerweile verurteilt und sitzt im Gefängnis. Dort unternahm er Fluchtversuche, hatte Briefwechsel mit einer ihn für den Mordversuch an Jüdinnen und Juden bewundernden Polizistin und nahm mit in der Haft selbstgebauten Waffe Wärter als Geiseln, um sich freizupressen.
Wasserturm Nord (1899)
Wasserturm Süd
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