Samstag, 28. April 2018

Vítkovice

28.4.2018

Im Stadtbezirk von Ostrava Vítkovice (deutsch Witkowitz) wurde ein Fußballspiel besucht. 7.400 Menschen leben hier.

Vítkovice liegt im mährischen Teil der mährisch-schlesischen Großstadt Ostrava. Die 1357 als Witchendorff erstmals schriftlich erwähnte Ortschaft war bis in das erste Drittel des 19.Jh., als die Entwicklung von Kohlebergbau und Eisen- und Stahlindustrie begann, ein unscheinbares bäuerliches Dorf. 1902 wurde das große Rathaus errichtet, das den Aufschwung der wachsenden Stadt widerspiegelte. 1908 wurde Witkowitz/Vitkovice zur Stadt erhoben, aber 1924 wurde es nach Mährisch Ostrau eingemeindet und verlor seine Selbständigkeit.


1828 ließ der Olmützer Erzbischof nördlich des Dorfes eine Eisenhütte erbauen. 1843 wurde die 1836 um einen Koksofen und 1839 um ein Walzwerk erweiterte Industrieanlage von Salomon Rothschild gekauft. Die 1873 gegründete Witkowitzer Bergbau- und Hüttengewerkschaft, an der die Familie Rothschild 51 Prozent und die Wiener Kohlengroßhändlerfamilie Gutmann 49 Prozent hielten, wurde das größte Hüttenwerk der Habsburgermonarchie. 1938 wurde das Unternehmen den Besitzern von den Nazis staatlich geraubt und für die Kriegsproduktion in die Reichswerke Hermann Göring eingegliedert. 1948 wurde es in der kommunistischen Tschechoslowakei verstaatlicht.


Die neogotische Pfarrkirche St. Paul wurde erbaut 1888, wenig später entstand hier auch eine Synagoge. Die rasch wachsende Stadt war deutsch-tschechisch-polnisch multinational und religiös multikulturell. Die Verbrechen der Nazis im Zweiten Weltkrieg beendeten das.


Straßenszene. Rundherum entstanden Siedlungen für die Arbeiterinnen und Arbeiter und ihre Familien, die aus den angrenzenden Kronländern der Monarchie Mähren, Österreichisch Schlesien und Galizien sowie auch aus dem zum Deutschen Reich gehörenden Schlesien sowie dem zum russischen Reich gehörenden Teil Polens zuwanderten. 1843 lebten hier 328 Menschen, 1910 waren es 23.000 und 1921 27.359. Die Arbeit in der Kohleförderung und Eisenproduktion war hart, die Leben kurz und die Löhne niedrig. Es gab dagegen seit den 1890er Jahren Streiks. Die Proteste 1894 und 1900 wurden wie damals üblich durch das Militär des Habsburgerstaats, das Arbeiterinnen und Arbeiter mit seinen Bajonetten und Gewehren tötete und verwundete, gewaltsam beendet.


Die Witkowitzer Eisenwerke (tschechisch Vítkovické železárny, VŽ) prägten im 19. und 20.Jh. das Leben in der Stadt, zeitweise arbeiteten hier 30.000 Menschen. Auf relativ kleinem Raum befanden sich Kohleförderung, Kokerei, Roheisenerzeugung, Stahlveredelung und -verarbeitung sowie Maschinenbau. 1994 wurde die Kohleförderung beendet und 1998 die Rohstahlproduktion eingestellt. Heute wird das Industriedenkmal als Kultur- und Veranstaltungszentrum genutzt.


Der Bolt Tower ist ein 78 Meter hoher Aussichtsturm, der auf dem Hochofen Nr. 1 des ehemaligen Industrie- und Bergbaugeländes errichtet wurde. 2015 wurde er vom Leichtathleten Usain Bolt eröffnet und nach ihm benannt. Bolt trat mehrmals beim jährlichen Leichtathletikmeeting in Ostrava an.


Im Informationszentrum am Gelände


Industriedenkmal


Warum hier ein bemaltes ehemaliges sowjetisches Kriegsflugzeug (MIG) herumsteht, weiß ich nicht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen