11.6.2016
In Schwarzenau im niederösterreichischen Waldviertel wurde ein Fußballspiel besucht. 1.500 Menschen leben in der gesamten Gemeinde, 870 in der Ortschaft Schwarzenau selbst.
Schwarzenau wurde als Swarcenawe im Jahr 1150 im Zusammenhang mit einer hiesigen Burg erstmals schriftlich erwähnt.
Das Schloss Schwarzenau steht an der Stelle einer Burg aus dem 12.Jh. Zwischen 1580 und 1592 wurde sie unter teilweiser Verwendung der mittelalterlichen Bausubstanz zum heutigen Renaissance-Schloss umgebaut. 1939 enteigneten die Nazi-Behörden das in Privatbesitz stehenden Schloss wie andere Güter, die Jüdinnen und Juden oder politischen Gegnern der Nazis gehörten, und nutzen es im Zweiten Weltkrieg als Flüchtlingsheim. Am Ende des Krieges sowie in der Nachkriegszeit erlitt die Anlage schwere Schäden und verlor ihre gesamte Einrichtung. Sowjetische Soldaten waren hier nach 1945 einquartiert. Auch die umliegende Bevölkerung hatte ihren Anteil an den Verwüstungen. Aus dem Schloss wurde Baumaterial für private Häuser entnommen. In den 1990er Jahren wurde es renoviert.
Im Meierhof des benachbarten Orts Markl bestand zwischen 1915 und 1918 das Internierungslager Markl. Die Behörden der Habsburgermonarchie deportierten im Ersten Weltkrieg zu zehntausenden österreichisch-ungarische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die einer Nationalität angehörten, die freundschaftlicher Gesinnung zu einem Staat, mit dem man sich im Krieg befand. Sie wurden tausende Kilometer entfernt in Lagern wie diesem eingesperrt. Dazu kamen auch Staatsbürgerinnen und Staatsbürger aus diesen Staaten selbst. Im Niederösterreich gab es 38 Standorte solcher vom Militär bewachten Lager. Das Lager in Markl in einem Meierhof der Baronin Widman aus Schwarzenau wurde 1915 eingerichtet, um Angehörige des jüdischen Glaubens aus den Internierungslagern in Drosendorf und Illmau in einem Lager zu vereinen und so das religionsbedingte Ernährungsproblem mit koscherer Küche zu lösen. 130 Jüdinnen und Juden aus der an Russland angrenzenden Bukowina und Ostgalizien und 40 bis 50 Feldarbeiter sollten hier gefangengehalten werden. Durch den Kriegsbeginn mit Italien wurde die Lagerkapazität aber mit Baracken ausgebaut. Im Sommer 1916 waren hier bis zu 1.400 Menschen gefangen. Die Versorgung war schlecht, die hungernden Internierten protestierten. Wie auch in anderen Lagern kam es 1917 zu Hungerunruhen. Ab Anfang 1918 wurden die jüdischen Insassen wieder freigelassen, nachdem nach den russischen Revolutionen die deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen bis weit nach Russland und in die Ukraine hinein das Land besetzt hatten. Anfang August 1918 befanden sich noch 267 Personen im Lager von Markl, von denen sich 114 im Arbeitseinsatz außerhalb des Lagers befanden. Die im Lager befindlichen Internierten wurden ins Internierungslager Drosendorf verlegt und das Lager Markl am 28. August 1918 geschlossen.
Vom Bahnhof Schwarzenau an der Franz-Josefs-Bahn (einst die zweigleisige Hauptstrecke von Wien nach Prag, heute eingleisig und nur von regionaler Bedeutung) zweigten einst die 2010 vom Land Niederösterreich von der ÖBB übernommenen und stillgelegten (bereits teilweise abgerissenen) Bahnlinien der Thayatalbahn und der Zwettler Bahn ab. Am 4. November 1875 entgleiste bei Schwarzenau auf der Franz-Josefs-Bahn gegen 0:30 Uhr ein Personenzug am Weg von Wien nach Prag, weil ein Schienenstück gelockert worden war. Der für den Streckenabschnitt zuständige Streckenwärter befand sich aufgrund einer großen Familie und des geringen Einkommens in einer wirtschaftlichen Notlage. Daher kam er auf die Idee, eine Unfallsituation zu provozieren, den Zug vor dem Unfall aber zu „retten“ und eine Belohnung dafür zu erhalten. Aufgrund auftretenden dichten Nebels konnte der Lokführer aber das Licht der Laterne, mit welcher der Streckenwärter warnen wollte, nicht sehen und fuhr ins Unglück. Die Lokomotive stürzte den Damm hinunter auf der Straße, auf ihr türmten sich drei Gepäckwagen, ein Postwagen und vier Personenwagen. Es dauerte vier Stunden bis die ersten Helfer aus Gmünd eintrafen.
128 Menschen befanden sich in dem Zug. Vier Eisenbahner, darunter der Lokomotivführer und Heizer sowie ein Postbeamter im Postwagen kamen ums Leben. In den Personenwagen starben mindestens drei Reisende. Die Darstellung des Unfalls auf waldviertel.com nennt insgesamt elf Tote und 81 Verletzte, der Bericht auf windigsteig.gv.at spricht von zehn Toten und 81 Verletzten. Die Schwarzenauer Gemeindechronik nennt zehn Tote und 128 Verletzte. Die vier getöteten Eisenbahner und der Postbeamte erhielten ein „Staatsbegräbnis“ auf dem Friedhof von Windigsteig. Die Spurensicherung der Gendarmerie ergab, dass ein Anschlag verübt worden war. Ein Täter konnte aber nicht ermittelt werden. Der Streckenwärter wurde später an eine andere Strecke in Mähren versetzt und wegen psychischer Probleme frühpensioniert. Dabei erhielt er bei der Berechnung der Rente als Ausgleich für den bei dem Unfall im Dienst erlittenen Schock einige fiktive Berufsjahre anerkannt. Nach seiner Pensionierung kam er wieder nach Schwarzenau zurück. Jeden Tag ging er an die Unglücksstelle und schaute den Zügen nach. Erst mehr als 35 Jahre später gestand er die Tat auf dem Totenbett. Das Geständnis wurde nach Aussagen der Hinterbliebenen amtlich protokolliert, aber – um deren Ruf nicht zu schädigen – nur zu den Akten genommen und nicht veröffentlicht.
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