Sonntag, 9. Juni 2013

Burg Čachtice, Burg Beckov, Nové Mesto nad Váhom

8.6.2013

In den Nordwesten der Slowakei führte ein Fußballspiel in Nové Mesto nad Váhom. In das dortige Stadtzentrum wurde spaziert, zuvor aber gab es auch zwei Abstecher zu historischen Burgruinen in der Umgebung.


Burg Čachtice


Die Burg Čachtice (alter deutcher Name Burg Schächtitz, slowakisch Čachtický hrad, ungarisch Csejte vára) wurde in der ersten Hälfte des 13.Jh. zur Verteidigung der ungarischen Grenze zum böhmischen Königreich errichtet. Vom 14. bis Anfang des 17.Jh. residierten hier verschiedene Adelsgeschlechter. Im Zuge des Rákóczi-Aufstands gegen die habsburgische Herrschaft über Ungarn wurde die Festung von den Aufständischen erobert, wurde nicht wieder aufgebaut und verfiel zur Ruine.

Berühmt ist die Burg aufgrund der Geschichte der Gräfin Elisabeth Báthory (ungarisch Báthory Erzsébet). Nach dem Tod ihres Mannes 1604 und ihres Bruders 1605 war sie ein mächtiges Familienoberhaupt und herrschte über einen Reichtum an Ländereien und Burgen im ganzen Königreich Ungarn. 1610 wurde die Burg auf Befehl des Königs Matthias II. (bekannt aus dem Bruderzwist im Hause Habsburg) von den Truppen des Palatins Georg Thurzo gestürmt und Elisabeth Báthory verhaftet. Sie wurde 1611 in einem aufsehenerregenden Prozeß samt zweier Dienerinnen als Serienmörderin schuldig gesprochen und im Unterschied zu diesen nicht hingerichtet, sondern in einem Zimmer ihrer Burg eingemauert, wo sie 1614 starb. Ihr wurde vorgeworfen dutzende wenn nicht hunderte Mädchen zu Tode gefoltert zu haben. Dies kann stimmen. Jedenfalls wurde daraus eine Legende von einer „Blutgräfin“ als Grundlage für vielfältige Schauergeschichten. Eine andere Erklärung für ihren Sturz kann allerdings auch sein, daß ihre politische Macht aufgrund ihrer Verwandschaft zum in Konkurrenz zum habsburgischen König in Siebenbürgen herrschenden Gabriel Báthory für Matthias ein Dorn im Auge und militärisches Risiko war und die Witwe nach Tod von Mann und Bruder ein lohnendes Opfer für Thurzo gewesen wäre.

Ausblick ins Tal, vom Vorplatz der nicht zugänglichen Ruine



Burg Beckov


Die Burg Beckov (slowakisch Beckovský hrad) war eine ungarische Grenzfestung an der mährischen Grenze, die bereits gegen 1200 „alt“ genannt wurde. Zu ihrer heutigen imposanten Größe wurde die Burg Anfang des 15.Jh. und dann noch einmal im 16.Jh. ausgebaut, als die Festung in geographisch anderer Richtung zur Verteidigung gegen osmanische Heere diente. Ende des 17.Jh. dann nur mehr als Kaserne und Gefängnis genutzt, zerstörte 1729 ein Großbrand die Anlage. Seit den 1970er Jahren wurde die Ruine renoviert und ist heute gegen Eintritt zu besichtigen. Auch von außen bietet sie einen imposanten Anblick.



Besonders interessant ist, daß sich am Abhang des Burgfelsens ein alter jüdischer Friedhof befindet. Die aus den Jahren 1739 bis 1930 stammenden Grabsteine sind teils zweisprachig deutsch-hebräisch beschriftet und manche neu renoviert, der Großteil aber verfallen. Die jüdische Bevölkerung von Beckov wurde im Holocaust ermordet.




Nové Mesto nad Váhom


In der slowakischen Stadt Nové Mesto nad Váhom (deutsch früher Neustadt an der Waag) leben heute rund 20.000 Menschen.

Blick in die Fußgängerzone


Am Námestí Slobody (Freiheitsplatz), der von einigen historischen Häusern umgeben ist. 1922 fand hier eine Demonstration von Arbeiterinnen und Arbeitern aus den Industriebetrieben und den Gutshöfen der Umgebung ein blutiges Ende, als die Polizei auf sie schoß und dabei den Landarbeiter Jozef Psotný tötete und neun weitere teils schwer verletzte.


Der alte jüdische Friedhof mußte 1975 der Stadterweiterung weichen. Ein Teil der Anlage ist heute in einem Parkgelände eingezäunt. Ein Teil der Grabsteine wurde auf den nebenan als Teil des städtischen Friedhofs Anfang des 20.Jh. angelegten Neuen jüdischen Friedhof überführt, ein Teil kam ins Museum und ein anderer Teil wurde zerschnitten und das Material zur Straßenpflasterung verwendet. Angehörige, die sich gegen die in der jüdischen Religion ein Sakrileg darstellende Störung der Totenruhe durch Auflösung des Friedhofs wehren hätten können, gab es nicht mehr. 1942 wurden in dem damals als Hitler-Verbündetem unabhängigen slowakischen Staat 1.300 der 2.215 in der Stadt lebenden Jüdinnen und Juden in die Vernichtungslager Sobibor und Treblinka deportiert. Die übrigen wurde nach der dem slowakischen Nationalaufstand von 1944 folgenden deutschen Besetzung nach Auschwitz deportiert. Nur 112 Menschen überlebten.


Das Grab des bedeutendsten hier bestatteten Rabbis, des hier von 1806 bis 1832 wirkenden David Deutsch, ist erhalten und heute durch einen Metallverbau besonders geschützt.

4 Kommentare:

  1. Ja, die Slowakei ist reich an Kulturgeschichte und Natur: Multikulti (Slowaken, Ungarn, Deutsche, Juden, Ruthenen, ...), Burgruinen, Holzarchitektur, Weinbau, Gebirge, aber irgendwie gelang es dem kleinen Land (noch) nicht, sich ein angemessenes Image unter Touristen aufzubauen! Beste Grüße aus Berlin sendet Frieder Monzer

    AntwortenLöschen
  2. Ich fahre immer wieder gerne in die Slowakei, von Wien aus ist es aber auch nicht schwer.

    AntwortenLöschen
  3. Ich bin immer wieder fasziniert, wie viele andere Themen sich mit Burgruinen verknüpfen lassen. Bezüglich der Einwohnerzahl ist die Slowakei mit Abstand das Land mit der höchsten Burgruinen-Dichte überhaupt, allein der Separatistenkönig Matthäus Csák (pán Váhu a Tatier) regierte zu Beginn des 14. Jahrhunderts über mehr als 50 Burgen (Matúšovo kráľovstvo). In Čachtice konnte man übrigens vor einem Jahr noch problemlos nach innen, und in Beckov scheint ab und zu eine Theatergruppe zu spielen. Vielleicht wandern wir mal gemeinsam?

    AntwortenLöschen
  4. In Čachtice war eine Renovierungsbaustelle. Beckov wäre gegen Eintrittsgeld zugänglich und zu besichtigen gewesen, wir wollten damals unsere Zeit aber anders nützen. Meine Besichtigungstouren sind meist kurzfristig angesetzt und die Auswahl erfolgt nach Fußballspielen in der Nähe.

    AntwortenLöschen