Dienstag, 8. Februar 2011

Über Kreisky




Helene Maimann
Über Kreisky
Gespräche aus Distanz und Nähe
Wien 2011 (Falter Verlag)
280 S.







Dieses Buch erschien in Ergänzung zu einem Film, den Helene Maimann aus Anlaß des 100. Geburtstags Bruno Kreiskys herausbrachte. Es läßt die Interviews mit den Geprächspartnerinnen und Gesprächspartnern des Films im Volltext nachlesen. Buch wie Film lassen aus den vielschichtigen Erzählungen ein interessantes Bild der Person entstehen.

Franz Vranitzky hat in seinem Vorwort recht, wenn er schreibt, daß sich das Buch gleichermaßen aufschlußreich wie erfrischend liest und man nicht nur einiges über Kreisky lernt, sondern auch so manches über die Interviewten. Helmut Schmidt äußert sich etwa mehr über politisch-philosophische oder weltpolitische Fragen und hat augenscheinlich über Bruno Kreisky wenig zu sagen.

Das Interesse Maimanns an den Vorgängen rund um den Terrorüberfall auf jüdische Flüchtlinge aus der Sowjetunion 1973 bildete schon im Film einen kleinen Schwerpunkt (der beeindruckende Auftritt Kreiskys bei der Pressekonferenz!) und findet auch in den Langfassungen der Gespräche seinen Niederschlag.

Ansprechend in der grafischen Aufmachung des Texts war die Gestaltung der Anmerkungen als Randglossen, wie im neuen Layout des Falter praktiziert. Die auf eine ganze Seite aufgeblasenen Zitate zu Beginn der Interviews sehen dagegen unschön aus.

Das spannende und kurzweilige Buch läßt sich regelrecht verschlingen. Mit Interesse habe ich die prägnanten Einschätzungen nachgelesen, die schon im Film auffielen, wie etwa Oliver Rathkolbs bemerkenswertes Bild von der Betonmischmaschine: Das Kreisky in einem Land mit einem so hohen Anteil an ehemaligen NSDAP-Mitgliedern, SS-Angehörigen, Wehrmachtsangehörigen doch eine derartige politische Karriere erzielt hat, ist sicher ein Paradoxon und hängt primär damit zusammen, daß er sich diesem engen geschichtspolitischen Rahmen − die Gräben zuschütten, möglichst nicht darüber reden − dann letzten Endes angeschlossen hat und sogar versucht hat, noch einmal eine Betonmischmaschine darüberfahren zu lassen.

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