Freitag, 20. Februar 2009

"Während der Schlacht ist es schwer, Kriegsgeschichte zu schreiben, ..."


Peter Goller
"Während der Schlacht ist es schwer, Kriegsgeschichte zu schreiben, ..."
Geschichtsschreibung der österreichischen Arbeiterbewegung vor 1934
(Quellen & Studien: Sonderband 10)
Wien 2009 (Alfred Klahr Gesellschaft)
112 S.





Peter Goller bietet im seinem, in der kommunistischen Alfred Klahr Gesellschaft erschienenen, Buch eine bemerkenswerte Tour d'horizon durch (auto-)historiographische Beiträge der Arbeiterbewegung in Österreich von den Anfängen bis 1934. Manche Ansichten und Einschätzungen kommen aus der politischen Positionierung links von der Sozialdemokratie, aus der heraus alles, was auch früher einmal Außenseiterstellung, Linksopposition oder radikal war, positiv wegkommt. Macht aber wenig, denn die Fülle an kurz präsentierter Literatur beeindruckt. Da stehen ohne Zweifel umfangreiche bibliographische Arbeiten dahinter, die man in jeder Zeile, jeder Seite direkt spürt.

Etwas schmunzeln habe ich dann doch müssen, wenn Goller über Ludwig Brügels klassische Geschichte der österreichischen Sozialdemokratie aus den 1920er Jahren, deren Titelblatt auch das Buchcover schmückt, - richtig - schreibt "Über den umfangreichen Archivarbeiten kam die historisch-politische Problemgestaltung bei Brügel zu kurz."
Dies kann man Gollers Buch zwar nicht vorwerfen, allerdings wäre eine tiefgehendere Einleitung und ein Nachwort (der vorangestellte Abriß über die Arbeiterbewegungsgeschichtsschreibung nach 1945 hätte ein solches bilden können) gut gewesen, um einen Schritt heraus aus der Deskription zur Analyse zu machen.
Ich weiß wovon ich rede, da ich selbst immer den Hang zur bibliographischen Reichhaltigkeit anstelle der Analyse hatte/habe - der Fluch des Bibliophilen.

Verwundert hat mich, daß der Wert vieler historischer Arbeiten Otto Bauers nur verhältnismäßig kursorisch erwähnt wird. Es werden hier verdienstvollerweise einige weniger im Rampenlicht stehende Autoren gewürdigt, dennoch ist zumindest der Stellenwert von Die Nationalitätenfrage und die Sozialdemokratie oder Die österreichische Revolution auch im historiographiegeschichtlichen Zusammenhang doch so groß, das auf sie näher einzugehen wäre.

Dennoch: Eine große Freude, ein so gehaltvolles kleines Buch zu lesen!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen