Donnerstag, 26. Juli 2012

Blätter, Mai 2012




Blätter für deutsche und internationale Politik
Heft 5/2012
128 S.







Ein sehr spannender Artikel von Jean Drèze und Amartya Sen über den „indischen Wachstumsrausch“ ist in dieser Ausgabe zu lesen. Sie beschäftigen sich mit der Diskrepanz, daß Indien gleichzeitig einen spektakulären wirtschaftlichen Aufschwung erlebt und weiterhin in elementaren Sozialindikatoren wie Kindersterblichkeit, Hunger und Zugang zu hygienischen Sanitäreinrichtungen zu den drei oder vier Ländern mit den schimmsten Zuständen weltweit gehört.

Montag, 23. Juli 2012

Přerov

22.7.2012

Im mährischen Přerov (deutsch Prerau), etwas südlich von Olmütz, wurde ein Fußballspiel besucht. Etwa 45.000 Menschen leben in der Stadt.

Am großen Masayrk-Platz (Masarykovo náměstí). Rechts das große Stadthaus (Městský dům), ein 1897 eröffnetes Veranstaltungszentrum. Links ist hinter der Häuserzeile der Turm der Burg zu sehen.


Das historische Zentrum der 1141 erstmals urkundlich erwähnten Stadt befindet sich am Oberen Platz ( Horní náměstí). Hier befinden sich alte Bürgerhäuser aus Renaissance und Barock.


Platzhirsch am Oberen Platz ist das Schloß, das in seiner heutigen Ansicht aus dem 17.Jh stammt, aber auf eine Burg aus dem 14.Jh. zurückgeht. Von 1927 bis 1930 wurde das Schloß renoviert und ein Museum eingerichtet. Das spitze Dach des weithin sichtbaren Turms war 1772 abgedeckt und an seiner Stelle eine Aussichtsplattform für den adeligen Schlossherrn eingerichtet worden. Erst 1997 wurde wieder ein Kegeldach aufgesetzt.



Die in neoromanischem Stil gehaltene ehemalige Synagoge wurde im Jahr 1898 errichtet. Hier befand sich wahrscheinlich bereits seit dem 16.Jh. eine Synagoge. Unter der Nazibesatzung wurden die Prerauer Jüdinnen und Juden (1930: 267) fast alle ermordet und das Gebäude zu einem Lagerraum. 1951 kaufte es die orthodoxe Kirchengemeinde und nutzt es seit 1960 als Kyrill-und-Method-Kirche.

Die schlichte Grünfläche rechts im Bild ist nach dem Prerauer Aufstand Přerovské povstání benannt. Nachdem am Morgen des 1. Mai 1945 der lokale Radiosender nicht nur den Tod Hitlers, sondern fälschlicherweise auch die deutsche Kapitulation vermeldet hatte, wurde in der Stadt die tschechoslowakische Fahne gehißt und begonnen, deutsche Polizisten und Wehrmachtssoldaten zu entwaffnen. Partisanen und geflohene sowjetische Kriegsgefangene aus den umliegenden Wäldern schlossen sich an. In heftigen Kämpfen gewann die Wehrmacht die Kontrolle über die Stadt aber bereits am Nachmittag desselben Tages wieder zurück. 32 Aufständige und 50 deutsche Soldaten wurden dabei getötet. 21 gefangene Aufständische wurden anschließend hingerichtet.

Wenige Wochen später, bereits nach Kriegsende, fand am 18./19. Juni 1945 Stadtrand das Massaker von Prerau (Přerovský masakr) statt. Von einer Siegesfeier heimkehrende tschechoslowakische Soldaten trafen am Bahnhof auf einen Flüchtlingszug mit 265 deutschen Zivilisten, verschleppten diese zur sogenannten Schwedenschanze (Švédské šance) und brachten sie dort um. Der verantwortliche Offizier, ein ehemaliges Mitglied der faschistischen slowakischen Hlinka-Garde, wurde dafür 1949 verurteilt. Nach zwei Jahren Haft wurde er amnestiert − dem „Schlußstrich“-Zeitgeist der Nachkriegszeit entsprechend, gleich wie so viele verurteilte Nazi-Massenmörder, die in Deutschland und Österreich ebenfalls nur erschreckend kurz einsaßen und bald wieder freikamen.

Hodonín

22.7.2012

Die mährische Stadt Hodonín (deutsch Göding) liegt im Südosten Südmährens, am tschechisch-slowakischen Grenzfluß March. Rund 25.000 Menschen leben hier. Nebst der Stadtbesichtigung wurde ein Fußballspiel besucht.

Der tschechoslowakische Staatsgründer Tomáš G. Masaryk wurde hier geboren.


Ein Denkmal im Stil des sogenannten „sozialistischen Realismus“ aus kommunistischer Zeit erinnert an den mit Waffengewalt niedergeschlagenen Dezemberstreik des Jahres 1920.


Das Rathaus (radnice). Vom Mittelalter an lebte hier stets eine zahlreiche deutsche Minderheit (1910: 5952 Tschechisch- und 5223 Deutschsprachige), die aber bereits nach dem Ende der Monarchie stark abwanderte. Die letzten Verbliebenen wurden nach dem Ende der Nazi-Besatzung vertrieben.


gegenüber am Masayrk-Platz (Masarykovo náměstí) steht die barocke Laurenz-Kirche (Kostel sv. Vavřince) aus den 1780er Jahren


Der alte jüdische Friedhof (Židovský hřbitov) wurde 1620 angelegt. 1974 wurde er in eine öffentliche Grünfläche umgewandelt und die meisten historischen Grabsteine in den 1920 eröffneten neuen jüdischen Friedhof transportiert. Aus nicht ganz klaren Gründen wurde etwa ein dutzend Grabsteine hier belassen. Ein Gedenkstein erinnert an die Gräber und die von 1938 bis 1945 Verfolgten und Ermordeten. 1930 lebten hier 670 Jüdinnen und Juden, die nach 1939 erst ins benachbarte Kyjov und dann ins KZ Theresienstadt verschleppt wurden, bevor sie 1942 in Vernichtungslager deportiert und dort umgebracht wurden.


Das barocke Schloß aus dem 17./18.Jh. steht an der Stelle einer ehemaligen Burg aus dem 11.Jh. am Ufer der alten March (Stará Morava). Seit 1948 ist hier ein Museum untergebracht, das sich hauptsächlich Tomáš G. Masaryk widmet. Die Ausstellung ist sonntags aber nur am Nachmittag geöffnet und zu diesem Zeitpunkt befand ich mich bereits in Přerov.

Samstag, 21. Juli 2012

Senec

20.7.2012

An einem wolkenverhangenen, regnerischen Freitagabend im Juli führte ein Ausflug ins westslowakische Senec zu einem Fußballspiel. Rund 17.000 Menschen leben in der Stadt, die ungarisch Szenc heißt (der deutsche Name wäre Wartberg).

Bis zum Zweiten Weltkrieg war die Stadt überwiegend ungarisch (1930 58%), heute ist die Bevölkerung zu 77% slowakisch und nur mehr zu 22% ungarisch. Nach 1945 wurden hier im Zuge des sogenannten Bevölkerungsaustausches aus Ungarn zwangsumgesiedelte Slowakinnen und Slowaken angesiedelt. In den 70er und 80er Jahre wurde die Stadt massiv erweitert. Leider wurde dabei das teilweise aus der Renaissance stammende historische Stadtzentrum großflächig abgerissen, sodaß heute am breiten Boulevard der Hauptstraße nur mehr einzelne Häuser aus der vorigen Jahrhundertwende zwischen Neubauten stehen.


Erhalten wurde das interessanteste historische Gebäude der Stadt, das sogenannte „Türkenhaus“ (Turecký dom bzw. Török-ház). Das zwischen 1556 und 1560 errichtete Renaissancegebäude war ein adeliges Herrenhaus. Es hatte auch eine militärische Schutzfunktion, die wehrhafte Gestaltung des massiven Baus ist noch gut zu erkennen.


Die ehemalige Synagoge wurde ursprünglich 1825 erbaut. 1904 wurde sie zu ihrem heutigen Aussehen erweitert und umgebaut (Jugendstil mit orientalischen Elementen). 1930 waren 306 der 5475 Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt jüdischen Glaubens. 1940 lebten mit Flüchtlingen 450 Jüdinnen und Juden hier, als die ungarischen Behören (die Stadt war von 1938 bis 1945 an Ungarn angegliedert) begannen, sie zur Zwangsarbeit auszuheben. Am 15. Juni 1944 wurden die verbliebenen Menschen nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Die Synagoge wurde verwüstet, diente ab 1953 als Getreidespeicher, dann als Lagerraum für Chemikalien und im Winter für Christbäume.


Die katholische Nikolauskirche (kostol sv.Mikuláša bzw. Szent Miklóstemplom) war ursprünglich ein gotischer Bau aus dem Jahr 1326 und wurde im 16.Jh. im Stil der Renaissance und dann im 18.Jh. im Barockstil umgebaut. Die Fassadengestaltung stammt aus der Wende vom 19. ins 20.Jh.

Die eigentliche Attraktion der Stadt sind die durch den Abbau von Kies und Sand entstandenen großen Schotterteiche, die Slnečné jazerá („Sonnenseen“) genannt werden. Angesichts des Wetters war hier wenig los, aber die zahlreich vorhandene Infrastruktur an Stränden, Liegewiesen, Restaurants, Tretbootverleih und anderen Freizeitbespaßungsanlagen läßt darauf schließen, daß hier bei Sonnenschein wohl die Hölle los ist.


Donnerstag, 19. Juli 2012

Datum 7-8/12




Datum
7-8/2012
98 S.







Neben interessanten Artikeln über die furchterfüllte Welt von Leuten, die Islamhaß oder Verschwörungstheorien verfallen sind, stechen ein spannendes Interview und ein sehr überraschender Abdruck auf der Leserbriefseite im Heft hervor.

Der deutsche Autor Axel Brüggemann mit dem, von außen besehen mit seinem Taltent bisher verschwenderisch umgehenden, Fußballer
Marko Arnautović ein Interview geführt, wie es bislang noch kein österreichisches Medium fertiggebracht hat. Arnautović spricht über seine Herkunft in Floridsdorf (von seinen ehemaligen Freunden, mit denen er sich als halbstarker Jugendlicher herumtrieb, sind einige „hohe Leute geworden, Immobilienmakler oder Pizzeria-Besitzer. Und klar, einige sitzen auch in einer viereckigen Zelle mit Gittern“), seine Familie und das Fußballgeschäft („Ich bin nicht zufrieden, dass ich nur 15 Millionen wert sein soll. Ich will Gas geben und mehr wert sein.“). Bemerkens- und lesenswert. Daß Arnautović aber bereits selbst den in Wien unverständlichen Ausdruck „Bolzplatz“ verwendet haben soll, verwundert trotz seines anscheinenden Sprachentalents etwas.

Perplex war ich, wie ich die Leserbriefseite aufschlug und dort meinen Blogeintrag über die vorletzte Ausgabe abgedruckt sah. Nachdem sich die Überraschung gelegt hatte, fühlte ich mich geehrt, daß meine kleinen Rezensionen in der Redaktion also offenbar gelesen werden.

Dienstag, 10. Juli 2012

Datum 6/12




Datum
6/2012
98 S.







Von der Jugend am Land, von den Jugendlichen, die wider besseres Wissen und/oder aus Trotz („ich versäume hier nichts“) das Leben in naturnaher sozialer Verkrüppelung wählen, die Gesellschaft von Bäumen und Büschen dem Austausch mit mehr als der stets gleichen Handvoll von Menschen (und wenn sie noch so leiwand sind!) vorziehen, berichten Georg Eckelsberger, Elisabeth Gamperl und Michael Kampl. Ich habe ja diesen Zugang zum Leben nie verstanden und werde diesen nie teilen können. Der Text nähert sich einem Phänomen, er kann es aber für mich auch nicht entschlüsseln.

Samstag, 7. Juli 2012

Trausdorf an der Wulka

6.7.2012

In die Ortschaft Trausdorf an der Wulka, kroatisch Trajštof, führte ein Fußballspiel. Rund 1.900 Menschen leben hier unweit der burgenländischen Landeshauptstadt Eisenstadt.

Nachdem das damalige Westungarn durch die Kriege zwischen Habsburgern und Osmanen um die Herrschaft über das Land im 16.Jh. verwüstet und das Dorf zerstört war, wurden hier wie auch anderswo im nachmaligen Burgenland Kroatinnen und Kroaten angesiedelt.


Nicht nur die Ortstafel ist zweisprachig deutsch und kroatisch, auch Gemeindeamt und Volksschule sind in beiden Sprachen beschriftet. Es ist zu begrüßen, daß die kroatische Minderheit hier gleichberechtigt ist.


Straßenszene in Trausdorf, auf der Hauptstraße an einem regnerischen Freitagabend im Juli


Dieses gotische Wegkreuz wurde auf den Feldern vor dem Ort ausgegraben. Es stammt aus dem 13. oder 14. Jh.


Die barocke Pfarrkirche aus dem 18. Jh.