Sonntag, 24. Juni 2012

Karl-Renner-Museum, Gloggnitz

23.6.2012

Das vollständig Dr.-Karl-Renner-Museum für Zeitgeschichte benannte Museum wurde nach erfolgter Stadtbesichtigung und vor Beginn des abendlichen Fußballspiels besucht.
Karl Renner wurde 1907 als sozialdemokratischer Abgeordneter für den Bezirk Neunkirchen in den Reichsrat gewählt. 1910 bezog er hier in Gloggnitz eine Villa, um einen Wohnsitz im Wahlbezirk zu haben. Nach seinem Tod 1950 wurde das Haus verkauft, 1978 erwarb es ein Verein und eröffnete 1979 darin ein Museum.
Neben den Wohnräumen (auch das Arbeitszimmer Renners aus seiner Wiener Wohnung wurde hier aufgestellt), gibt es verschiedene Ausstellungen zu sehen. Zu meinen Eindrücken: Ich habe mir keinen Audioguide genommen, möglicherweise wird darin von mir kritisierten Punkten entgegengewirkt.

Der Eingang erfolgt über die umgebaute einstige Garage.


Die Villa war 1894 in historistischem Stil errichtet worden. 1930 wurde das Obergeschoß ausgebaut.


Die originale Bauernstube aus dem Jahr 1911.


Das original erhaltene Badezimmer.


Die Ausstellung Karl Renner − vom Bauernsohn zum Bundespräsidenten erzählt das Leben Renners anhand Dokumenten und Erinnerungsstücken. Zur historisch-geographischen Einordnung von Geburts- und Schulort, wäre es angebracht, zu erwähnen, daß die genannten Orte Unter-Tannowitz und Nikolsburg im heutigen Tschechien liegen und Dolní Dunajovice und Mikulov heißen. Daß es im zweiten Raum im Film über den Bürgerkrieg des Februar 1934 heißt, es hätte zwanzig (!) Tote auf Seiten des Republikanischen Schutzbunds gegeben, ist angesichts der tatsächlich zehnfachen Zahl eine erstaunliche Falschinformation.


Karl Renner wird als Politiker präsentiert und erwähnt, daß er stets viel geschrieben und viele Bücher veröffentlicht habe. Diese Seite kommt mir aber viel zu kurz. Denn gerade auch die politische Publizistik Renners ist ein wesentliches Moment zu Verständnis und Einordnung Renners in der politischen Landschaft, von seinen Büchern zum Erhalt der Habsburgermonarchie (Staat und Nation wird hier genannt) bis hin zur begrüßenden Schrift zur Zerschlagung der Tschechoslowakei durch Nazideutschland. Über das Engagement in Konsumgenossenschaften und Arbeiterbank Renners, nachdem er nach 1920 die meiste Zeit der Ersten Republik politisch wohlweislich wenig zu sagen hatte, hätte ich ebenfalls gerne mehr erfahren.


Der bleibende Eindruck der Ausstellung Vom Vielvölkerstaat zur EU zur österreichischen Zeitgeschichte des 20.Jh. ist leider kein guter. Die stets sehr dunkel gehaltenen Räume schaffen eine düstere Atmosphäre. Die Präsentation wirkt didaktisch etwas leblos und ist mir inhaltlich zu sehr auf einen personenzentrierte politische Geschichte ausgerichtet.


Die neue Ausstellung im Untergeschoß hebt sich davon wohltuend deutlich ab, obwohl sie paradoxerweise explizit personenzentriert ist, nämlich den Bundespräsidenten aus Gloggnitz, Karl Renner und dem Bürgerlichen Michael Hainisch, gewidmet ist. Die Räume sind angenehm hell, politisches und publizistisches Wirken wird auszugsweise gezeigt und Aspekte des Lebens wie z.B. das frauenpolitische Engagement von Hainischs Mutter thematisiert. Eine historisch-kritische Präsentation des politischen Schaffens der beiden ist dies natürlich aber auch nicht.


Im Eingangsraum gib es eine von einem Gloggnitzer Heimatforscher gestaltete Ausstellung (Schicksale mahnen), die mittels tragischer lokaler Biographien die politische Geschichte des 20. Jh. darstellt.


Im gläsernen Foyer ist derzeit einen Schau von Renner-Karikaturen.

Gloggnitz

23.6.2012

Im Semmeringgebiet liegt die Stadt Gloggnitz, die anläßlich eines Fußballspiels besucht wurde. Knapp über 6.000 Menschen leben hier.

Der 1842 eröffnete Bahnhof Gloggnitz war bis zur Fertigstellung der Semmeringbahn 1854 der Endpunkt der Südbahn. Der erste Wiener Südbahnhof hieß deshalb Gloggnitzer Bahnhof. Für den Betrieb auf der Bergstrecke war und ist Gloggnitz von Bedeutung, da hier lange Züge geteilt und zusätzliche Loks gestellt werden.


Der Lokführer Josef Kiraly aus Bruck an der Leitha war ein Gegner der Naziherrschaft und des Krieges, was er auch aussprach. Dafür wurde er von eifrigen Mitmenschen immer wieder angezeigt und bestraft. Zuletzt zeigte ein Arbeitskollege Kiraly 1944 bei der Polizei in Gloggnitz an, er wurde am Bahnhof verhaftet und starb wenig später im Gefängnis an den Folgen der dortigen Folterungen.


Von 1910 bis zu seinem Tod 1950 hatte Karl Renner einen Wohnsitz in Gloggnitz. An ihn erinnert die hier zu sehende, 1945 nach ihm benannte, Karl-Renner-Brücke (erbaut 1927) sowie der 1970 in Karl-Renner-Platz umbenannte Hauptplatz mit einem Renner-Gedenkstein und einer Tafel an einer Hauswand. Das in seiner ehemaligen Villa befindliche Karl-Renner-Museum wurde anschließend an die Stadtbesichtigung besucht.


Hoch über der Stadt liegt das Schloß Gloggnitz. Es ist ein 1094 gegründetes ehemaliges Benediktinerkloster, das 1803 aufgelöst und säkularisiert worden war.


Der Eingang zum Schloß/Kloster ist noch sehr mittelalterlich wehrhaft und erfolgt über ein spätgotisches Torhaus.


Das innere Torhaus (trägt die Jahreszahl 1555), links schließt die hohe Wehrmauer aus dem 15./16.Jh. an und rechts ein Bauteil aus der Renaissance.


Inmitten des im 18.JH. barock gestalteten Klosters steht die einst romanische (12.Jh.) und heute auf einem gotischen Kern aufbauend barocke Kirche Maria Schnee.


Direkt an der Mauer steht die frühgotische (1322) St.-Michaels-Kapelle.


Der Gloggnitzer Hauptplatz, seit 1970 Karl-Renner-Platz.


Die ursprüglich 1001, 1101 oder 1102 errichtete St.-Othmar-Kapelle oder Marktkapelle war einst das Zentrum des Orts, oft in Kriegen oder bei Bränden zerstört. Die heutige Gestalt stammt aus dem 14.Jh.


Auf einer Anhöhe über dem Hauptplatz liegt die Christkönigskirche. Mit dem Bau, der als Pfarrkirche die alte Schloß- bzw. Klosterkirche ablöste, wurde nach Plänen von Clemens Holzmeister 1933 begonnen. Ein ambitioniertes Projekt, mitten in der Weltwirtschaftskrise. So war 1934, als die Bauarbeiten schlußendlich gestoppt wurden, nur der hier zu sehende Turm fertiggestellt. Von 1956 bis 1962 wurde dann nach geändertem Plan das Kirchenschiff doch noch gebaut.


In diesem Haus auf der Hauptstraße befand sich im ersten Stock ab dem Jahr 1873 ein Bethaus der Gloggnitzer Jüdinnen und Juden. Schon bald nach Beginn der Naziherrschaft mußte die Israelitische Kultusgemeinde Neunkirchen im Juni 1938 die Miete kündigen. 1944 kam ein fürchterliches Kapitel der jüdischen Geschichte von Gloggnitz hinzu, als bei der Zementfabrik ein Zwangsarbeitslager für ungarische Juden (Männerlager) und Jüdinnen (Frauenlager) bestand.


1852 als Schule errichtet, diente das Gebäude von 1898 bis 1967 als Rathaus, wofür als Erkennungszeichen der Turm aufgesetzt wurde. heute ist hier eine Schule und eine Bücherei untergebracht.


Die Trafikantin Zenzi Hölzl (eigentlich hieß sie Kreszentia, geb. 1893 und gest. 1958) war von 1948 bis 1958 Bürgermeisterin von Gloggnitz und damit die erste Frau, die in Österreich Bürgermeisterin wurde. Unter ihrer Ägide wurde das Freibad errichtet, die Wasserversorgung erneuert und eine Mutterberatungsstelle eingerichtet. An die SPÖ-Politikerin Hölzl erinnert eine (eher unscheinbare und kurze) Zenzi-Hölzl-Straße oder die hier zu sehende Tafel an einem Wohnhaus.

Sonntag, 17. Juni 2012

Klosterneuburg

16.6.2012

Erst vor drei Monaten hatte ich Stadt und Stift Klosterneuburg besichtigt. Da ich nunmehr zu einem weiteren Fußballspiel hierherkam, bot dies die willkommene Gelegenheit, das Stift eingehender in Augenschein zu nehmen.

Im Jahr 1114 wurde das Stift von Markgraf Leopold III. gegründet, der hier auch seine Residenz hatte. Der barocke Ausbau wurde unter Kaiser Karl VI. begonnen, der hier nach spanischem Vorbild (Escorial) einen Herrschaftssitz mit angeschlossenem Kloster errichten lassen wollte. Der Bau wurde nach seinem Tod 1740 gestoppt.


Wie beim letzten Besuch beeindruckt der Eingang durch die Sala terrena, die zum Zeitpunkt des Baustopps halbfertig war und auch unfertig blieb. Nach Jahrhunderten als unzugänglicher Lagerraum wurde der Saal mit herrlichen Atlanten-Figuren an den Gewölben im ursprünglichen Rohzustand erst 2006 zugänglich gemacht und dient nun als Eingangsbereich.


Die bereits 1136 eingeweihte Stiftskirche ist älter als der Wiener Stephansdom und war zu ihrer Zeit die weitaus größte Kirche Österreichs. Die heutige Außenansicht stammt aus der neoromanischen Gestaltung Ende des 19.Jh., dabei wurde u.a. der hier rechts zu sehende Turm (17.Jh.) auf die Höhe des älteren Turms (um 1400) links gestutzt und beiden eine gotische Turmspitze aufgesetzt. Historisch gewachsene Unterschiedlichkeiten wurden zur en voguen Ebenmäßigkeit nivelliert.


Im Inneren der Kirche ist alles barock (17./18.Jh.). Von den einstigen mittelalterlichen Gestaltungen ist nichts übrig, zumindest wurde aber das barocke Gepräge im 19.Jh. auch nicht wieder rückgebaut.


Dieser Gebäudeteil im Leopoldihof des Stifts stammt aus der Markgrafenburg der Babenberger. Die Residenz befand sich hier bis 1145, dann wurde sie nach Wien verlegt (zuvor war der Sitz in Melk gewesen).


Ein Modell veranschaulicht das mögliche Aussehen der mittelalterlichen Anlage zum Zeitpunkt der Kirchweihe im Jahr 1136. Die markgräfliche Burg befindet sich im hier rechts unten zu sehenden Teil.


Der Kreuzgang stammt aus dem 13. und 14. Jh., wobei sein heutiges Aussehen von der historistischen Neugestaltung Ende des 19.Jh. geprägt ist, aus der z.B. die Glasfenster stammen.


Im ehemaligen Refektorium der mittelalterlichen Klosteranlage sind heute sakrale Kunstwerke aus der mittelalterlichen Kircheneinrichtung ausgestellt. Hier die Rückseite des berühmten Verduner Altar (dazu später), die nach der Umgestaltung des Kunstwerks als frei stehender Flügelaltar nach 1330 angefertigt worden war. Die Temperamalerei war nach der Aufstellung des Altars am Grab Leopolds 1833, mit der Rückseite zur Wand, nicht mehr zu sehen und wurde erst in unseren Zeit vom Altar getrennt und eigens ausgestellt.


Bevor man zum Höhepunkt, dem Verduner Altar, gelangt, wird ein lehrreicher Film über die Entstehung der Gold- und Email-Arbeit gezeigt, der auch die historischen Hintergründe der religiösen Botschaften erklärt. Der Film läßt auch einen Blick auf die Details zu.


Der Verduner Altar, eines der bedeutensten religiösen Kunstwerke des westeuropäischen Mittelalters. Der mittlere Teil ist das eigentliche Kunstwerk des Nikolaus von Verdun, das er 1181 vollendete und das bis zu einem verheerenden Brand im Jahr 1330 die Kanzel der Stiftskirche schmückte. Im Zuge der Kirche nach dem Brand wurden die beiden Seitenteile ergänzt, eine Rückenpartie angefertigt (siehe oben) und das Ensemble als Flügelaltar in der Kirche aufgestellt. Seit 1833 steht der nunmerige Altar hier in der Leopoldskapelle über dem Grab Leopolds III. und seiner Gattin, der Kaisertochter Agnes. Das überaus kunstvolle Bildprogramm zeigt religiöse Szenen aus der Bibel.


Die heutige Leopoldskapelle war ursprünglich der Kapitelsaal des Klosters und ist mit bemerkenswerter Stuckdekoration an der Decke aus dem 17.Jh. geschmückt. Nach der Heiligsprechung Leopolds (und nicht seiner ursprünglich mehr verehrten Frau Agnes) 1485 wurde aus dem Saal eine Kapelle mit der Gruft für Leopold, Agnes und ihre Kinder.


Der barocke Kaisertrakt wurde zwischen 1730 und 1740 errichtet und blieb dann ein Jahrhundert als unvollendete Baustelle, bis 1834 bis 1842 ein Hof abgeschlossen wurde (der graue Teil). Das Modell veranschaulicht die riesige Dimension der ursprünglich geplanten Anlage.


Im Marmorsaal des Kaisertrakts. Der Repräsentationsraum wurde als letzter Raum im ursprünglichen Konzept vor dem Baustopp 1740 errichtet.


Es schließen sich typische Zimmerfluchten (Enfilade) eines barocken Schlosses des 18.Jh. an, mit Salons, Speisezimmern und kaiserlichen Privatgemächern. Karl VI. schlief genau eine Nacht hier, mit Ausnahme dieses einen Tages diente Klosterneuburg nie als kaiserliche Residenz.


Blick aus den Kaiserzimmern über die Gartenanlage Richtung Wien (rechts der Leopoldsberg, links hinter dem Grüngürtel die Donau). Die weithin sichtbare prominente Stelle läßt die Machtsymbolik, die das Bauprojekt vermitteln sollte, deutlich werden.


Im kaiserlichen Wohnraum (Innerste Retirade).


In den angeschlossenen Museumsräumlichkeiten gibt es sehr interessante Kunstwerke v.a. des 15.Jh. zu sehen.


Prunkstück ist der riesige, acht Meter breite (!) Stammbaum der Babenberger, der zwischen 1489 und 1492 als Zeichen ihres Machtanspruchs als Herrschergeschlecht entstand.

Samstag, 9. Juni 2012

Hartberg

8.6.2012

Bevor es zum turbulenten Fußballspiel im Stadion ging, gab es einen nur kurzen Blick in die Altstadt der oststeirischen Stadt Hartberg. 6.500 Menschen leben hier.

Am Hauptplatz, Blick auf die erstmals 1157 erwähnte und 1745 bis 1760 barock umgebaute Stadtpfarrkirche. Links daneben das 1898 errichtete Rathaus.


Fußgängerzone in der Wiener Straße

Montag, 4. Juni 2012

Ždár nad Sázavou

3.6.2012

Die Wallfahrtskirche und das ehemalige Kloster wurden im tschechischen Ždár nad Sázavou (deutsch Saar) besichtigt, bevor das Fußballspiel im Stadion anstand.

Etwas außerhalb der Stadt liegt die Wallfahrtskirche des Heiligen Johannes Nepomuk auf dem Zelená Hora (grünen Berg).


Die Kirche wurde als sternförmige Anlage von 1719 bis 1722 am Gipfel des Hügels errichtet.


1794 war die Kirche ausgebrannt und verlor ihr Dach, anschließend stand sie einige Jahrzehnte leer.


Nach dem Wiederaufbau zu Beginn des 19.Jh. wurde ein Friedhof rings um die Kirche angelegt. Die Kirche ist sternförmig, der Kreuzgang rings um sie ist sternförmig − und auch dieses Denkmal zwischen den Grabsteinen ziert ein Stern. Es ist allerdings ein roter Stern mit Hammer und Sichel, da dies an die Toten der Roten Armee bei der Befreiung von der Naziherrschaft 1945 erinnert.


Im Inneren der Kirche.


Ich habe den christlichen (katholischen) Reliquienkult immer schon etwas seltsam gefunden. Hier wird kein Leichenteil verehrt, aber immerhin prangt die Zunge Johannes Nepomuks als Symbol des Heiligen groß an der Decke unter der Kuppel.


Blick vom grünen Berg auf die moderne Stadt. Bereits seit dem 14.Jh. wurde hier Eisenerz gefördert und Eisenhütten gebaut. Im 20.Jh verzehnfachte sich die Bevölkerung auf heute rund 22.000 Menschen, die hauptsächlich als Arbeitskräfte für Maschinenbau und Stahlindustrie kamen und in zahlreichen Neubausiedlungen der 1950er/60er Jahre angesiedelt wurden.


Ein Kloster wurde hier bereits 1252 gegründet, 1613 aber wieder aufgelöst und die Anlage zu einem Schloß umgebaut. 1638 zogen hier wiederum Mönche ein, bis das Kloster 1784 im Rahmen der Kirchenreformen Kaiser Joseph II. endgültig aufgelöst wurde. Hernach war es bis 1945 wieder ein herrschaftlicher Sitz von Adeligen.



Der Pestfriedhof, Dolní hřbitov, von Žďár nad Sázavou wurde 1709 außerhalb der damaligen Stadt errichtet. Der barocke Prunk umschließt die Grube, in der von den Überlebenden der Seuche die unzähligen Toten der Pestepidemie, die in der Region zwischen 1709 und 1715 wütete, begraben wurde.