Mittwoch, 8. Februar 2012

Sevilla

5.2.2012

Die Hauptstadt Andalusiens im Süden Spaniens wurde angesteuert, um hier am Abend ein Fußballspiel zu besuchen. Die Stadt hat aber allerhand mehr zu bieten. 700.000 Menschen leben hier.

Der Sitz des Herrschers über die Stadt ist seit der römischen Zeit am selben Ort. Die Mauern, die heute das Palastgebiet des Real Alcázar umschließen, stammen aus maurischer Zeit. Ab 711 hatte eine arabisch-berberische Invasion fast die ganze iberische Halbinsel erobert und in diesem Land, das sie Al Andalus nannten, eine jahrhundertelange prägende Kultur entfaltet.


Sevilla wurde 1248 im Zuge der Reconquista von den Armeen der christlichen spanischen Könige erobert (unter Zuhilfenahme der Truppen des muslimischen Königreichs von Granada, das als Vasall der christlichen Könige sein Überleben zu sichern suchte). Da die maurische Kunst aber beeindruckende Bauten schuf, ließ sich der christliche König mit dem bezeichnenden Namen Pedro el Cruel (Peter der Grausame) hier von maurischen Künstlern und Handwerkern in den 1350er/60er Jahren einen Palast bauen. Hier ein Blick in den Patio de las Doncellas, den Damenhof.


Die maurische Baukunst unter christlichen Vorzeichen heißt Mudéjarstil und der Königspalast von Sevilla ist sein leuchtendes Zeichen. Man sieht faszinierende Räume orientalischer Pracht, die gerade in Kontrast zur gotischen Architektur hier oder dem hiesigen Palast Kaiser Karls V. (als spanischer König Carlos I.) aus dem 16.Jh. umso prächtiger sind.


Nach der christlichen Eroberung wurde wie üblich die Große Moschee abgerissen und an ihrer Stelle eine christliche Kathedrale gebaut. Von der Moschee übriggeblieben ist in Sevilla ihr Minarett aus dem 12.Jh., der zum Kirchturm umfunktioniert wurde. Der 97 Meter hohe Turm ist weithin sichtbar und im strengen Stil der Almohaden gehalten, wie er in Marokko häufig zu finden ist. Nur die Turmspitze, in der die Glocken hängen, stammt aus dem 16.Jh. Nach der dortigen Wetterfahne heißt der Turm Giralda.


Die christliche Kathedrale wurde auf den Grundmauern der islamischen Moschee errichtet, weswegen sie für eine gotische Kirche ungewöhnlich breit ausladend ist (die Gotik strebte ja v.a. in die Höhe) und daher die größte gotische Kirche der Welt darstellt.


Bis 70 Meter kann man auf die Giralda hinauf und einen herrlichen Ausblick über das landestypisch weiße Sevilla genießen. Nach oben führt keine Stiege, sondern eine Rampe. Der erste Muezzin soll bereits sehr alt gewesen sein, sodaß er mit dem Pferd nach oben reiten mußte. Heißt es.


Der Orangenhof der Kathedrale (Patio de los Naranjos) mit hierzulande allgegenwärtigen Orangenbäumen stammt ebenfalls noch von der einstigen Almohadenmoschee, wie die charakteristische Architektur verrät. Er war damals der Ort für die rituellen Waschungen, aber auch für Vorlesungen und Gerichtsakte.


Der Fluß Guadalquivir ist vom Meer aus bis Sevilla im Landesinneren schiffbar. Daher wurde hier im 16.Jh. der königliche Rat angesiedelt, der für die Kolonien zuständig war. Die Stadt hielt zudem bis 1711 das Monopol auf den Überseehandel, alle Waren und alle Raubgüter aus Amerika liefen über Sevilla ein. Die Dokumente dazu werden seit 1784 hier im Archivo General de Indias verwahrt.


Der Torre del Oro wurde zur Zeit der Herrschaft der maurischen Almohaden 1220 errichtet. Der Turm überwachte die Einfahrt nach Sevilla über den Fluß Guadalquivir. Hier wurde das in Amerika geraubte Gold der Inka und Azteken im 16.Jh. entladen und zwischengelagert. Außerdem leuchtet die Turmspitze in der Sonne etwas golden. Daher der Name.


In der alten Tabakfabrik, der Antigua Fábrica de Tabacos, befindet sich heute die Universität. Doch von 1757 bis 1949 befand sich in dem großen Komplex mit palastartiger Barockfassade eine Tabakfabrik, in der 1845 der französische Schriftsteller Prosper Mérimée seine Cármen ansiedelte.


Für die große Ibero-Amerikanische Ausstellung von 1929 wurde mit dem Pabellón de España, dem spanischen Ausstellungsgebäude, ein riesiger Komplex in historistischem Stil errichtet. Alles andere als modern, aber unglaublich prunkvoll verschnörkelt umgibt ein ausladendes halbkreisförmiges Arkadengebäude die große Plaza de España. Der Platz ist von Kanälen durchzogen, auf denen man Ruderboot fahren kann.



1992 fand die Weltausstellung in Sevilla statt. Dafür wurde auf der Isla de la Cartuja, einer Insel im Guadalquivir, ein Ausstellungsgelände errichtet. Manche Gebäude dienen heute anderen Zwecken, doch andere wie dieser Weltraumausstellungskomplex wirken devastiert.


Dem NO8DO begegnet man in Sevilla mit der Häufigkeit von SPQR in Rom. Es steht für NO − madeja − DO, was lautmalerisch auf den Ausspruch „No me ha dejado.“ („Sie hat mich nicht verlassen.“) des spanischen Königs Alfonso X. verweist, der im 13.Jh. in Sevilla Zuflucht fand, als er um seinen Thron kämpfen mußte.

2 Kommentare:

  1. sehr sehr interessant, brucki!! sevilla mit seiner atmosphäre und den bauwerken hat mich echt beeindruckt, nun habe ich die detaillierte(n) geschichte(n) dazu ;)

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