Samstag, 16. März 2024

Chorzów

16.3.2024

In der polnischen Stadt Chorzów habe ich ein Fußballspiel besucht. Nach einer abendlichen Stadtbesichtigung im Jahr 2011 blieb diesmal etwas mehr Zeit dafür. 103.000 Menschen leben hier.

1868 war die Stadt Königshütte im damals preußischen Oberschlesien aus Siedlungen rund um Stahlwerke (die namensgebende staatliche Königshütte war 1797 gegründet worden) gebildet worden. Nach dem Ersten Weltkrieg und zahlreichen blutigen Kriegen in schlesischen Aufständen gab es eine Volksabstimmung über die künftige Staatszugehörigkeit von Oberschlesien. Am 20. März 1921 stimmten bei 97 % Wahlbeteiligung im damaligen Königshütte O.S. selbst zwar 31.864 Wahlberechtigte (75 %) für einen Verbleib bei Deutschland und 10.764 Wahlberechtigte (25 %) für eine Zugehörigkeit zu Polen. Da es aber in der Region ringsum eine Mehrheit für Polen gab, erfolgte am 19. Juni 1922 die Eingliederung in den 1918 wiedergegründeten polnischen Staat. Der Stadtname wurde polnisch übersetzt zu Królewska Huta. Zwischen 1934 und 1939 wurden mehrere umliegende Orte eingemeindet und die Stadt nach der eingegliederten Gemeinde Chorzów benannt. Mit den Eingemeindungen erhöhte sich auch der polnische Bevölkerungsanteil in der Stadt, die aber überwiegend deutschsprachig blieb. Im Stadtrat hielt sich beinahe die gesamte Zeit bis 1939 eine deutsche Mehrheit. Nach ihrem Beginn den Zweiten Weltkriegs mit dem Überfall auf Polen vertrieben die Nazis Polinnen und Polen aus Stadt und Region, terrorisierten die Menschen und errichteten KZ und Zwangsarbeitslager. Nach Kriegsende wurden wie anderswo Deutsche aus der nunmehr wieder polnischen Stadt vertrieben, allerdings aufgrund der wichtigen Fachkräfte für Industrie und Bergbau weniger als in anderen Orten. Dabei wurden teilweise auch Leute, die flüchten wollten, zum Verbleib gezwungen. Der Großteil der deutschen Bevölkerung wanderte in zwei Wellen 1956 bis 1958 und nach dem Warschauer Vertrag 1970 mit Westdeutschland aus.


Das Rathaus (Urząd Miasta) wurde 1874 bis 1876 errichtet. Damals im historischen Stil der Neorenaissance erbaut, wurde das Gebäude, nachdem die Stadt 1922 an Polen gekommen war, von 1927 bis 1930 erweitert und modern umgestaltet. Der charakteristische Turm stammt aus diesem Umbau.


Das in neogotischem Stil gehaltene schöne Postgebäude wurde 1892 eröffnet. Die vorbeiführende Hochstraße mag das Ensemble etwas stören, aber zumindest hat man von hier einen schönen Blick auf das Postamt und in die Fußgängerzone der langgezogenen Ulica Wolności.


Straßenszenen


Förderturm der ehemaligen Steinkohlengrube Prezydent (Kopalnia Węgla Kamiennego Prezydent). Im Deutschen Reich hieß die Grube im damaligen Königshütte bis 1922 König. Nach dem Anschluss an Polen wurde sie 1922 nach dem damaligen polnischen Präsidenten Ignacy Mościcki benannt. Im kommunistischen Polen nach 1945 erhielt sie den Namen Król. 1972 wurde sie Teil der Grube Polska. Im Zuge der großflächigen Bergwerksschließungen nach der Wende 1989 wurde 1993 auch dieser Teil des oberschlesischen Steinkohlebergbaus stillgelegt. 2008 kaufte die Stadt Chorzów das ehemalige Betriebsgelände und ließ das Fördergerüst als Denkmal restaurieren.