Dienstag, 25. Dezember 2012

La Spezia

23.12.2012

Nach zwei Tagen in Genua bei heiterem Wetter zeigte sich die ein Stück weiter südöstlich an der ligurischen Küste gelegene Stadt La Spezia wolkenverhangen. Vor dem Fußballspiel wurde sie durchwandert. Rund 95.000 Menschen leben in der zweitgrößten Stadt Liguriens.

Im 13.Jh. wurde das kleine Fischerdorf La Spezia zu einer Außenposten der militärischen Verteidigung Genuas. Ab 1805 gehörten Stadt und Hafen zum napoleonischen Frankreich, das hier einen Militärhafen einrichtete. Der große Aufschwung La Spezias begann mit den großangelegten Arbeiten zum Ausbau des Hafens zu einem der wichtigsten Militärhäfen des Königreichs Piemont und dann Italiens ab 1857. Hier das Eingangstor zum Arsenale Militare Marittimo, das trotz Reduktionen seit den 1990er Jahren auch heute einer der wichtigsten italienischen Marinestützpunkte ist.


Nach dem Zusammenbruchs des faschistischen Regimes 1943 wurde Norditalien von der deutschen Wehrmacht besetzt. Zahlreiche Morde und Massaker an der Zivilbevölkerung von deutschen Besatzungssoldaten und SS-Verbänden führten 1944/45 zu immer stärkeren Partisanenaktivitäten in den ligurischen Bergen. Am 23. April 1945 wurde La Spezia von der Widerstandsbewegung befreit. Daran erinnert das zum 60. Jahrestag der Republiksgründung 2006 errichtete Monumento alla Resistenza.


Das heutige Rathaus war ursprünglich das 1938 errichtete Hauptquartier der faschistischen Staatspartei. Nach Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde es in rationalistischer Architektur wiederhergestellt und zum Rathaus der Stadt gemacht. Eine Gedenktafel erinnert an die Eigenschaft von La Spezia als „Citta di Exodus“. Von Sommer 1945 bis Frühjahr 1948 machten sich vom hiesigen Hafen aus rund 23.000 Jüdinnen und Juden per Schiff auf die Reise ins britische Mandatsgebiet Palästina, um dort den Staat Israel zu gründen.


Markant ist die Cattedrale Cristo Rei, ein Neubau an der kriegszerstörten Piazza Europa aus den Jahren 1956 bis 1976.


Vor der Hafenpromende fand eine Regatta von Ruderbooten statt.


Als an jeglichen anderen Sportarten außer Fußball bis zur völligen Ignoranz Desinteressierter bin ich immer wieder überrascht, daß es anderswo wie hier bei diesem Bootsrennen tatsächlich Publikum gibt. Mit Fahnen wurde die favorisierte Boote unterstützt. Fesselnd war es allerdings nicht. Im Hintergrund sieht man, wie sich die Stadt den Abhang zum Meer hinauf erstreckt.


Die palmengesäumte Hafenpromenade Morin.


Die Kirche Santa Maria Assunta entstand im 13.Jh. und wurde 1454 neu errichtet. Als ehemalige Kathedrale der Stadt erfüllte sie nicht nur religiöse Zwecke, sondern diente auch für Sitzungen des Rates der Stadt. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche zerstört und danach wiederaufgebaut, die reduziert gestaltete Fassade stammt aus dem Jahr 1954.


Am Bergrücken oberhalb von Stadt und Meer liegt das Castello San Giorgio. Im 13.Jh. wurde hier eine Burg der Republik Genua errichtet, die meisten heutigen Mauern stammen aus dem Ausbau im 17.Jh.



Blick über Stadt und Hafen


Innenstadtgasse


Die im 19.Jh. in romanischen und gotischen Stil errichtete Chiesa Santa Maria della Neve, in typischer marmorierter Fassadenverkleidung.

Genua

21./22.12.2012

Nach einem Kurzbesuch vor fünf Jahren galt es diesmal, die norditalienische Hafenstadt Genua etwas genauer in Augenschein zu nehmen. Rund 600.000 Menschen leben hier, vor 40 Jahren waren es noch 200.000 Menschen mehr gewesen. Neben Fußballspiel und Museumsbesuch wurde viel Zeit mit Stadtspaziergängen verbracht.

Am Hafen, einem der größten des Mittelmeers. Blick vom Porto Antico aus, dem im Kolumbusjahr 1992 zur Flaniermeile umgestalteten Alten Hafen.


Gleich hinter dem Ufer steigt das Gebirge des Apennin steil an, weswegen die Stadt vom Meer aus gesehen ein überaus malerisches Bild bietet.


Alter Kran am Molo Vecchio.


In prächtiger Architekturmalerei der Renaissance erstrahlt die dem Meer zugewandte Fassade des Palazzo San Giorgio. Das Gebäude stammt aber bereits aus dem Mittelalter, hier entstanden Ende des 13.Jh. die Reiseerinnerungen Marco Polos. Die zeitweise beliebte Architekturmalerei anstelle von Fassadenstuck finden sich an vielen Gebäuden der Altstadt.


Direkt vor dem Palazzo San Giorgio verläuft über die ganze Länge des Hafen die Hochstraße (Strada Sopraelevata), die gewiß verkehrstechnisch wichtig ist, aber den Blick über die Hafenpromenade doch ziemlich beeinträchtigt.


Die dem Porto Antico zugewandten Häuser stammen hauptsächlich aus dem 12. und 13. Jahrhundert, im 19. Jh. wurden sie durch Arkaden verbunden, den Portici di Sottorippa.


Hier liegt das als Kulisse für den (gar nicht schlechten!) Kinofilm Piraten (Pirates, 1986) gebaute Segelschiff als touristische Attraktion vor Anker.


Schön anzusehen und nicht nur optisch einen Referenz an die Schiffahrt des 17./18.Jh., sondern auch an eine andere Zeit des Kinos. Denn heute würde kein Schiff mehr real gebaut, sondern virtuell gezeichnet.


Die Torre dei Vacca, eines der beiden erhaltenen Stadttore der mittelalterlichen Stadtmauer aus dem 12. Jahrhundert. Die Türme wurden später in die Häuser integriert und so vor einem Abriß bewahrt.


Der in der ersten Hälfte des 16.Jh. erbaute Palazzo del Principe des Andrea Doria, Sproß aus der Familie der Doria, einer der bestimmenden Adelsfamlilien der Republik Genua (formell von 958 bis 1797). Andrea Doria wechselte 1528 mit der Stadt und vor allem ihrer Flotte aus dem Bündnis mit dem französischen König zu Kaiser Karl V., schuf sich damit ein Vermögen und erreichte wirtschaftliche und politische Freiheitsrechte für die Stadt. Der Garten öffnet sich zum Meer, die Sicht wird allerdings heute von der erwähnten Hochstraße verstellt.


Pfaue im Garten des Palazzo del Principe


Die Kathedrale San Lorenzo mit Marmorfassade und prächtigen gotischen Portalen. Mit dem Bau der Kirche wurde um 1100 in romanischem Stil begonnen, fertiggstellt wurde sie in dann schon gotischen Stilelementen im 15.Jh. Der linke Turm wurde nie fertiggestellt. Finanziert wurde der Baubeginn durch die reiche Beute und den Gewinn, welche die Genueser Flotte aus den Kreuzzügen machte: Die Ritter, ihr Troß und Nachschub wurden transportiert und dabei fiel überaus viel für die Spedition ab.


An der mit reichlich Gold ausgestatteten Deckenmalerei des 17.Jh. im Presbyterium ist vor allem die darunterstehende stolze politische Botschaft zu beachten, daß hier auf Beschluß der Stadtregierung golden ausgeschmückt wurde (praktische Anwendung der Lateinkenntnisse).


Am schönsten ist im Innenraum von San Lorenzo aber die dreischiffige Basilika mit romanischen und gotischen Stilelementen.


Der Palazzo Ducale, der Regierungssitz des Dogen der Republik Genua, präsentiert sich an der Piazza Matteotti mit seiner Fassade des 17. Jahrhunderts. Im Kern stammt der Palast aber aus dem 13.Jh. und wurde im Lauf der Jahrhunderte ständig umgebaut.


Ein sichtbares Zeichen der jahrhundertlangen Baugeschichte des Palazzo Ducale ist der 1539 fertiggstellte Torre Grimaldina oder Torre del Popolo. Die Grimaldi waren mit den Doria, Fieschi, Durazzo, Spinola und Pallavicini eine der bestimmenden Familien der Adelsrepublik. Sie hatten ihre Stadtviertel mit eigenem Zentrum. Gleich hinter dem Palazzo Ducale liegt die mittelalterlich-enge Piazza San Matteo mit zwei Doria-Palazzi und ihrer Familienkirche.


Blick vom Palazzo Ducale auf die Piazza de Ferrari, dem Hauptplatz der Stadt mit Springbrunnen aus dem Jahr 1936 in der Mitte.


Das Opernhaus Teatro Carlo Felice. Vom 1827 eröffneten Gebäude ist nur die Frontseite mit den Säulen übrig, der Rest wurde im Zweiten Weltkrieg zerbombt. Im Kolumbusjahr 1992 wurde der Theaterneubau fertiggestellt.


Die 1155 errichtete Porta Soprana ist das zweite erhaltene Stadttor der mittelalterlichen Stadtmauer des 12. Jh., hier die stadtzugewandte Innenseite.


Außerhalb des Stadttors liegt der Chiostro Sant'Andrea, der Kreuzgang ist der letzte Rest des mittelalterlichen Andreas-Klosters.


Das Kolumbus-Haus Casa di Colombo unterhalb der Porta Soprana ist natürlich nicht tatsächlich das Haus des berühmtesten Genuesers, Christoph Kolumbus. Dennoch eine beliebte Attraktion, auch wenn man es weiß :-)


Die Außenansicht der Porta Soprana von der unterhalb liegenden heutigen Piazza Dante. Sie ist Teil der Barbarossa-Mauern genannten Stadtmauer des 12.Jh., die diesen Namen trägt, weil die seit einem Jahrzehnt laufenden Bauarbeiten 1163 innerhalb von 53 Tagen und Aufbietung der gesamten Stadtbevölkerung fertiggestellt wurden, als sich ein Krieg mit Kaiser Friedrich Barbarossa ankündigte.


Blick von der Porta Soprana auf Cattedrale di San Lorenzo samt Kuppel


Die Lage der Altstadt Genuas auf den Abhängen zum Meer bietet zahlreiche herrliche Perspektiven.


Das Castello Mackenzie wurde zwischen 1893 und 1905 als markantes Herrenhaus am Rücken eines Hügels errichtet. Von der Straße davor bietet sich ein wunderbarer Blick auf das Stadio Luigi Ferraris.


Abendlicher Massenauflauf, um auf der Piazza de Ferrari eine von einem Kinderchor beleitete Sängerin beim Absingen von Weihnachtsliedern in unmenschlicher Lautstärke zu sehen. Links im Hintergrund die zur Piazza hingewandte Seite des Palazzo Ducale mit Architekturmalerei als Fassade.

Samstag, 15. Dezember 2012

Datum 12/12-1/13



Datum
12/2012 − 1/2013
98 S.








Jahrelang versuchte Frank Stronach mit hohem Geldeinsatz den österreichischen Fußball umzukrempeln, um ihn zu einem tauglichen Content für ein zu gründendes Sportwetten-Imperium umzugestalten, aber hauptsächlich um ihn einfach zu seinem Spielball zu machen. Als Adlatus installierte er den rechten Politiker Peter Westenthaler als Vorstand der Bundesliga und förderte mit Unsummen erst jahrelang den Fußballklub Austria Wien und dann kurz ein Retortenkonstrukt in Wiener Neustadt. Beides ohne die angepeilten Erfolge zu zeitigen. Er agierte erratisch und besserwisserisch, glaubte sich mit seinem Geld alles kaufen zu können. Er zerstörte mehr als er aufbaute. Einige enge Mitarbeiter konnten in dieser Zeit allerdings ihr Minus am Konto in ein sattes Plus umdrehen.
Im Jahr 2012 stieg dieser Stronach nun in die österreichische Politik ein, kaufte sich mit Unsummen einzelne rechtspopulistische Abgeordnete, um einen Parlamentsklub zusammenzustellen, der allein seinen Vorgaben zu folgen hat. Politik als persönlicher Spielball. Er agiert erratisch und besserwisserisch, glaubt sich mit seinem Geld alles kaufen zu können. Er wird mehr zerstören als er aufbaut.
Doch das Lehrbeispiel seines Scheiterns im Fußball Jahre zuvor bleibt der innenpolitisch interessierten Öffentlichkeit verborgen, findet sich in der medialen Berichterstattung höchstens als Fußnote. Niemand versteht es, niemand erklärt es. Niemand hält es für relevant in der persönlich-politischen Beurteilung Frank Stronachs.
Ein journalistisches Defizit und politisches Problem. Aber auch ein schönes Zeichen für die gesellschaftliche Relevanz des Fußballs und des Stellenwerts des österreichschen Sportjournalismus im besonderen, in dem die allermeisten Sportreporterinnen und Sportreporter ihr Metier in der Unterhaltung verorten oder sich als PR-Beauftragte verstehen und nicht als Journalistinnen und Journalisten. Stronachs Wirken im Fußball wird im politischen Journalismus als nicht relevant eingeordnet und das Sportressort als dafür nicht relevanter Ansprechpartner.
Johann Skocek versucht in seinem Artikel Solospitze einer interessierten Öffentlichkeit das Wirken Stronachs im Fußball darzustellen. Der Text ist subjektiv gefärbt, bietet nicht alles auf, aber wäre ein Anfang für eine wichtige Debatte. Diese wird allerdings wahrscheinlich nicht stattfinden.

Donnerstag, 6. Dezember 2012

Datum 11/12



Datum
11/2012
98 S.








Passend zum Monat November hat das Heft exotische Begräbnismodalitäten als Titelgeschichte. Wenn man bestattet wird, ist man im übrigen tot. Man lebt nämlich nicht weiter, wenn man tot ist: Man ist tot. Die schöne Leich ist dennoch beliebt, aber die Bestattungsbranche leidet „unter dem Trend zu günstigen Begräbnissen“. Dafür sind die Kosten noch immer erstaunlich hoch.

Weiters interessant ist ein Portraitartikel über Christian Kern. Anlaß dessen, aber off topic: Im übrigen hat es mich jüngst etwas enragiert, daß man als Wiener Zone-100-Jahreskartenbesitzer und ÖBB-Vorteilscardinhaber bei Auslandsfahrten seit Mitte November nicht mehr ab Stadtgrenze fahren darf, sondern die Kernzone ein zweites Mal zu bezahlen hat. Dies wurde ohne Information ganz en passant eingeführt und kostet mich als regelmäßiger Auslandsfahrer übers Jahr einiges an Körberlgeld an die ÖBB.

Montag, 3. Dezember 2012

Murska Sobota

2.12.2012

Die Kleinstadt Murska Sobota mit 12.000 Einwohnerinnen und Einwohnern liegt im Nordostzipfel Sloweniens, in der Region Prekmurje („Übermurgebiet“).
Vom Mittelalter bis 1918 gehörten Stadt und Land ringsum zu Ungarn. Die Stadt hieß damals Muraszombat. Vom alten slowenischen Namen Olšnica leitete sich der deutsche Name Olsnitz ab. Nach dem Ersten Weltkrieg kam die Region zu Jugoslawien.

Das 1909 erbaute Hotel Zvezda hieß einst nach seinem Besitzer János Dobraj Hotel Dobraj. Vom Balkon im ersten Stock wurde nach dem Zusammenbruch der Habsburgermonarchie und der Entstehung der ungarischen Räterepublik am 29. Mai 1919 die unabhängige Murrepublik, slowenisch Murska republika, ausgerufen. Der Lehrer und Weltkriegsoffizier Vilmos Tkálecz baute auf eine Truppe von 600 Bewaffneten und Unterstützung durch rechte ungarische Kräfte. Letztere blieb aber aus, nach sechs Tagen mußten die Aktivisten über die nahe Grenze nach Österreich fliehen.
Ebenfalls hier in diesem Haus wurde 1924 der Fußballverein NK Mura gegründet.


Reminiszenz in Graffitiform


Das martialische Siegesdenkmal (spomenik zmage) in Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg wurde bereits im August 1945 errichtet. Es erinnert an die Befreiung sowohl durch Tito-Partisanen als auch die Sowjetarmee, beide figurativ dargestellt. Bemerkenswert angesichts des wenige Jahre später folgenden Bruchs.


Im Zentrums eines Parks in der Innenstadt steht das Schloß (Grad). In seiner heutigen Gestalt eines rechteckigen Renaissancebaus stammt es aus dem Ende des 16.Jh., geht aber wahrscheinlich auf eine zuvor hier stehende Burg aus dem 13.Jh zurück.


Im 18.Jh. wurde im Barockstil umgebaut, hier das barocke Portal.


Im Schloß wurden im Oktober 1941 von den deutschen Besatzern Menschen eingesperrt, gefoltert und umgebracht. Anschließend wurde die Stadt ans mit Hitler verbündete Ungarn angegliedert.


Blick vom Schloß über den Park auf die evangelische Kirche.


Ein auf den ersten Blick leicht zu übersehendes, aber dann umso beeindruckenderes, da stilles und zum Nachdenken anregendes Denkmal wurde 2010 vor dem Bahnhofsgebäude aufgestellt. In Erinnerung an die deportierten und ermordeten Juden von Prekmurje April − November 1944, so die übersetzte Inschrift auf der Rückenlehne der leeren Sitzbank, neben der symbolisch ein Koffer steht. Im Zuge des Holocausts in Ungarn wurden die Jüdinnen und Juden von Murska Sobota am 26. April 1944 ohne Essen und Trinken über Nacht in der Synagoge eingesperrt (1908 eröffnet, 1954 abgerissen) und am nächsten Morgen ins KZ deportiert. Die Mitnahme von Handgepäck war erlaubt, um sie in trügerischer Sicherheit zu wiegen.
Es ist das erste (!) Denkmal an den Holocaust in Slowenien.


Am Bahnhofsvorplatz steht eine 1928 in Wien gebaute Lokomotive der österreichischen Eisenbahn, die von 1945 bis 1978 hier im Einsatz war.