Sonntag, 23. Oktober 2011

München

22.10.2011

Nach Augsburg am Vortag ging es weiter in die bayrische Landeshauptstadt München, wo 1,4 Mio. Menschen leben.

Im Mai 2011 wurde dieses Denkmal für den 1919 ermordeten Kurt Eisner, nach Ende der Monarchie und Gründung der Republik 1918/19 erster Ministerpräsident des Freistaats Bayern. Er war linker Sozialdemokrat und Kriegsgegner (von der USPD, die sich deswegen von der SPD getrennt hatte) und deswegen Haßfigur der Rechten und Rechtsextremen. Vor den Landtagswahlen 1919, welche seine USPD marginalisierten, war er Ziel einer antisemitischen Kampagne. Am Weg zu seinem Rücktritt wurde er auf offener Straße erschossen, sein Mörder dem Geist der Zeit entsprechend mild beurteilt, begnadigt und als Held gefeiert.

Das neue jüdische Zentrum in der Innenstadt samt Synagoge, Gemeindezentrum und Museum wurde 2006 eröffnet. Die steinerne Fassadengestaltung, insbesondere wie hier an der Synagoge, soll an die Klagemauer in Jerusalem erinnern.

Inmitten moderne Gebäude steht der mittelalterliche Löwenturm, der im 12./13.Jh. einst als Beobachtungsturm noch vor der alten Stadtmauer stand.

Am Marienplatz, dem zentralen Platz der Stadt. Blick auf das Mitte des 19.Jh. neugotisch errichtete Neue Rathaus.

Am anderen Eck des Marienplatzes steht das bis dahin in Funkton stehende Alte Rathaus. Der im Zweiten Weltkrieg zerstörte Turm wurde 1974 wiederaufgebaut.

Im Alten Hof, von 1253 bis 1474 der Stadtpalast des bayrischen Herrschergeschlechts der Wittelsbacher. Hier die nach der Zerstörung im Weltkrieg 1945 rekonstruierte Süd- und Westseite, die gegenüberliegende Nord- und Ostseite der Anlage wurde schließlich 2003 in moderner Form neu errichtet.

Herbst am Fluß Isar.

Der Ende des Boulevards der Maximilianstraße, klassische Prachtstraße des 19. Jahrhunderts, thront das 1857 bis 1874 errichtete Maximilianeum. Zunächst eine Elitebildungs- und Erziehungsanstalt, ist hier seit 1949 der Sitz des bayrischen Landtags.

Der Max-Joseph-Platz. Ein bemerkenswertes Ensemble zwischen den schmalen Bürgerhäusern links, der ausladenden breiten Fassade der kurfürstlichen bzw. ab 1806 königlichen Residenz in der Mitte und des klassizistischen Opernbaus rechts, 1818 als Königliches Hof- und Nationaltheater eröffnet.

Im Inneren der Residenz. 1385 gaben die Wittelsbacher ihren bisherige Stadtsitz, den Alten Hof, nach einem Aufstand in der Stadt auf und zogen sich in eine stark befestigte Wasserburg im Nordosten der damaligen Stadt zurück. Hieraus wurde die im Lauf der Jahrhunderte bis zum Ende der Monarchie 1918 oftmals erweiterte und umgebaute Wohn- und Regierungssitz der bayrischen Herzöge, Kurfürsten und schließlich Könige.

Beeindruckend ist der 1569 bis 1571 erbaute große Renaissancessal namens Antiquarium, der als repräsentativer Fest- und Speisesaal diente.

Das Antiquarium ist mit übervoll mit 300 Marmorbüsten aus der Antikensammlung des Herzogs Albrecht V. ausgestattet. A. hatte recht, wenn sie meinte, daß man sich hier beim Essen wohl beobachtet fühlte.

Beim Rundgang durch die Residenz betritt an mehrere Zimmerfluchten aus verschiedenen Epochen, von denen eine reicher ausgestattet ist als die andere.

Wie der Großteil der Innenstadt wurde auch die Münchner Residenz durch Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg (auf die NSDAP-Hauptstadt München) schwer getroffen und großteils zerstört. Viele Teile wurden seither wiederaufgebaut, manches wie hier die Allerheiligen-Hofkirche steht noch als zunächst nur äußerlich wiederhergestellter nackter Ziegelbau, der einer Rekonstruktion der Innenausstattung noch harrt.

Der Kaisersaal.

Für die Olympischen Spiele 1972 wurde im Norden der Stadt der weitläufige Olympiapark errichtet. Weithin sichtbar ist der 290 Meter hohe Olympiaturm. Von oben hat man eine herrlich weite Aussicht über die Stadt. Der Park ist voller verschiedener Sportstätten. Das Olympiastadion wurde eingehend besichtigt.

Das Olympische Dorf, vom Olympiaturm aus betrachtet. Schauplatz der Tragöde des Terroranschlags auf die israelischen Sportler 1972. Heute ist das Dorf eine Wohnanlage

Augsburg

21.10.2011

Vor dem Fußballspiel am Abend wurde ein wenig die Altstadt der alten Stadt Augsburg erkundet. 265.000 Menschen leben hier im bayrischen Schwaben.

Augsburg nennt sich auch Fuggerstadt nach der jahrhundertelangen Dominanz der Bankiersfamilie Fugger, die von hier aus mit ihren Kredit und Geldgeschäften vom 16.Jh. bis ins 17. Jh. wirtschaftliche und politische Fäden zogen. Hier die Fuggerhäuser in der Maximilianstraße, die 1512 bis 1515 in ihrer Hochphase errichtete Residenz. Jakob Fugger ließ das Stadtpalais nach eigenen Plänen im Renaissancestil nach italienischem Vorbild erbauen. Allein die Länge der Fassade ist ein Symbol von Macht und Reichtum, da hier damals die Gebäudesteuer nach der Fassadenlänge berechnet wurde, weswegen die umliegenden Häuser viel schmäler (dafür tiefer) sind. Im Haus ist auch heute noch die Fuggersche Privatbank untergebracht. Die Baustelle als Symbolik der allgemeinen Bankenkrise?


Die von zahlreichen alten Bürgerhäusern gesäumte Maximilianstraße, die den Reichtum ihrer Erbauer ausdrücken. In ihrem Süden steht die große Ulrichskirche, von 1474 bis 1603/04 in spätgotischem Stil errichtet.


Altstadtgasse in Augsburg (Annastraße)


Ein herrliches Ensemble am Rathausplatz bilden das Rathaus und daneben der Perlachturm. Bis 1944 stand davor seit 1828 das Börsengebäude, doch seit dessen Zerstörung durch einen Bombentreffer und der Beseitigung der letzten Mauerreste in den 60er Jahren ist der Blick frei.
Das Rathaus (rechts) wurde zwischen 1615 und 1620 (außen) bzw. 1624 (Innenausbau) als Renaissancebauwerk errichtet, anstelle des alten gotischen Rathauses von 1385.
Der Perlachturm wurde im Jahr 989 anstelle abgebrannter Häuser als Wachturm erbaut und 1348 mit einer großen Feuerglocke versehen, um vor allfälligen Gefahren zu warnen. Zwischenzeitlich wurde der Turm auch als Glockenturm der benachbarten Kirche genutzt. 1526 wurde der Turm zu seiner heutigen Höhe von 70 Metern aufgestockt. Zwischen 1612 und 1618 ließ ihn Stadtbaumeister Elias Holl äußerlich an das nebenan entstehende neue Rathaus anpassen (z.B. durch das Zwiebeldach). Die heute zu sehende grau-weiße Farbgebung wurde 1984/85 rekonstruiert.


Der Perlachturm läßt sich über Stufen erklimmen. Das Stiegensteigen ist es wahrlich wert, denn man genießt von oben eine sehr schöne Aussicht über die Stadt. Blick über die Maximilanstraße nach Süden und Blick über den Rathausplatz.



Sicht vom Perlachturm auf das Jakobertor.


Das Zentrum des Rathauses ist der bis 1643 entstandene Goldene Saal. Ursprünglich wurde er zur Beherbergung des Reichstagssitzungen errichtet und sollte dabei Pracht und Reichtum der Stadt zeigen. Doch aufgrund des Ausbruchs des Dreißigjährigen Krieges 1618 tagte der Reichstag hier schließlich nie. Im Zweiten Weltkrieg war Augsburg, Standort der Motorenwerke für die deutschen U-Boote und Flugzeuge, 1944 und 1945 Ziel von Luftangriffen, wobei auch das Rathaus schwer getroffen wurde und außer den Außenmauern nichts übrig blieb. Der prächtige Goldene Saal wurde erst zwischen 1980 und 1985 zum 2000-Jahr-Jubiläum der Stadt rekonstruiert. Die umgebenden Fürstenzimmer sind erst teilweise wiederhergestellt.



Im sogenannten Unteren Fletz des Rathauses, ein Gewölbesaal im Erdgeschoß, war gerade eine interessante Ausstellung anläßlich des 50. Jahrestags des Beginns der Anwerbung von Arbeitskräften in der Türkei durch die Bundesrepublik Deutschland 1961 statt. Die künsterische Umsetzung der Mühsal und beengten Verhältnisse der Migraton durch Koffer in einem Glaskubus gefiel (Künstlerin Taybe Cevik).



In einem Nebenraum im Unteren Fletz des Rathauses befindet sich ein Gedenkraum für die in der Nazizeit ermordeten jüdischen Augsburgerinnen und Augsburger. Auf der Glasplatte sind die Umrisse der erhaltenen Jugendstilsynagoge der Stadt zu erkennen.


Anderswo wäre ein ab 995 entstandener Dom (noch dazu über einer Vorgängerkirche) wie der Augsburger Mariendom uralt, doch die römische Gründung Augsburg war damals bereits tausend Jahre alt. Die Stadt Augusta Vindelicum wurde im Jahr 15 v.u.Z. unter Kaiser Augustus gegründet.


Vor dem Dom steht die sogenannte Römermauer, an der Repliken von Funden aus dem römischen Augsburg aufgestellt sind. Hier ein Altar der Siegesgöttin Victoria (260 u.Z.) und Grabdenkmäler.

Donnerstag, 20. Oktober 2011

Datum 10/11




Datum
10/2011
98 S.







Interessant und erschreckend zugleich war in dieser Ausgabe der Artikel von Olja Alvir über eine im Gesundheitssystem als „Morbus Balkan“ firmierende Krankheitserscheinung bei zumeist migrantischen Frauen, die aufgrund offenbar psychosomatischer Ursachenzuwenig Anerkennung findet.

Montag, 17. Oktober 2011

Chorzów

16.10.2011

Zu zwei Fußballspielen am sonnigen Oktobersonntag führte die Reise nach Oberschlesien. Am Abend wurde dabei von ein Spiel in Chorzów besucht, wo anschließend ein wenig das Zentrum erkundet wurde.
113.000 Menschen leben in der Stadt nordwestlich von Kattowitz.

Das in neogotischem Stil gehaltene schöne Postgebäude wurde 1892 eröffnet. Die vorbeiführende Hochstraße mag das Ensemble etwas stören, aber zumindest hat man von hier einen schönen Blick auf das Postamt und in die Fußgängerzone der langgezogenen Ulica Wolności.


Das Rathaus (Urząd Miasta) wurde 1874 bis 1876 errichtet. Damals im historischen Stil der Neorenaissance erbaut, wurde das Gebäude, nachdem die Stadt 1922 an Polen gekommen war, von 1927 bis 1930 erweitert und modern umgestaltet. Der charakteristische Turm stammt aus diesem Umbau.

1868 war die Stadt Königshütte im damals preußischen Oberschlesien aus Siedlungen rund um Stahlwerke (die namensgebende staatliche Königshütte war 1797 gegründet worden) gegründet. Nach dem Ersten Weltkrieg kam die Stadt 1922 zu Polen (eine gegenteilige Volksabstimmung änderte nichts daran). Zwischen 1934 und 1939 wurden mehrere umliegende Orte eingemeindet und die Stadt Königshütte, nunmehr auf polnisch übersetzt Królewska Huta, schließlich nach der dabei eingegliederten Gemeinde Chorzów umbenannt.

An dieser Stelle in der Ulica Wolności stand bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs die 1875 eröffnete Synagoge der jüdischen Gemeinde. Nach dem deutschen Einmarsch wurde sie niedergebrannt. Heute dient dieser Ort profanen Zwecken.

Mittwoch, 12. Oktober 2011

Blätter, September 2011




Blätter für deutsche und internationale Politik
Heft 9/2011
128 S.







Interessante Berichte über Afrika (Hungerkatastrophe, Somalia, Simbabwe) im Heft, dazu eine tour d'horizon zur internationalen Politik von Ulrich Schneckener und eine Analyse von Stefan Weidner zu den arabischen Revolutionen und ihrer Bedeutung für den Westen.

Montag, 10. Oktober 2011

Sierndorf

9.10.2011

3.600 Menschen leben in der Gemeinde Sierndorf im niederösterreichischen Weinviertel. Aus Anlaß des Besuchs eines Fußballspiels schaute auch ich kurz vorbei.

Die Skyline des Ortes prägt die Silo-Silhouette der Assmann-Mühle.


Das Sierndorfer Schloß wurde 1516 von einer mittelalterlichen Burg (ursprünglich wohl aus dem 13.Jh.) zu einem Wasserschloß umgebaut. Zwischen 1709 und 1728 kam es zu einer barocken Neugestaltung. Zum Herrschaftssitz gehörte auch eine große Gutsherrschaft.
Die von außen nur an den gotischen Fenstern (links in der Fassade zu erkennen) sichtbare Schloßkapelle dient auch als Pfarrkirche Sierndorfs. Die Bevölkerung lernte so früher augenscheinlich, wo Gott wohnt. Bei ihren adeligen Herren.

Freitag, 7. Oktober 2011

Blätter, August 2011




Blätter für deutsche und internationale Politik
Heft 8/2011
128 S.







Ein spannender Text des bekannten Osteuropa-Historiker Karl Schlögel im Heft: Rußlands zweite Modernisierung.
Er analysiert Rußland als „Land ohne Mitte“, mit einem in Moskau zu findenden Lifestyle der Jugend gleich wie in London und 60 Kilometer weiter leere Dörfer mit zusammengebrochener Infrastruktur und Leben wie im 19. Jahrhundert, der „Abwesenheit einer sozialen und kulturellen Mitte, des Moderaten und Durchschnittlichen gegenüber dem Exzessiven, Grenzen- und Maßlosen“. Schlögel beschreibt die Modernisierungswellen des Zarenreichs zwischen 1860 und 1914. Die sowjetische Modernisierungsbilanz des 20. Jahrhunderts sieht er negativ: Sie habe trotz Modernisierungsrhetorik Rückschritte gebracht und mit einer „Entwicklungs-“ oder „Erziehungsdiktatur“ in eine Sackgasse geführt. Das heutige Rußland habe keine „eigene Unternehmenskultur“ entwickelt, denn die privaten Reichtümer wären „nicht durch die Arbeit von Generationen entstanden, sondern über Nacht, durch den Zerfall des Staatsmonopols und den handstreichartigen Zugriff am rechten Ort und zur rechten Zeit“ und ihre Eigentümer.
Es ist eine kapitalistische Ethik, die Schlögel offensichtlich fehlt: „Die Verächtlichkeit, mit der die großen Oligarchen und Bürokraten auf die kleinen und kleinbürgerlichen Mittelständler, die in Rußland Geschäfte machen − auch auf die ausländischen − herabblicken, spricht Bände über die Geisteshaltung der nouveaux riches und einer parasitären Bürokratie. Die Art, wie sie ihr Geld ausgibt, sagt auch etwas darüber aus, wie sie es verdient hat, nämlich leicht, müelos, über Nacht, handstreichartig.“

Montag, 3. Oktober 2011

Sereď

2.10.2011

In die westslowakische Kleinstadt Sereď (ungarisch Szered) führte der Besuch eines hiesigen Fußballspiels. 18.000 Menschen leben hier.

Im Stadtzentrum, links der Altbau des Rathauses (erbaut 1909) und rechts die Kirche (ab 1781 errichtet). Die Stadt wurde bereits im Jahr 1313 als Zereth erstmals urkundlich erwähnt und hatte im Mittelalter Bedeutung, da sie an der wichtigen Handelsroute namens Böhmische Straße zwischen den Königsstädten Buda (Ofen) und Prag lag.


Am 1. April 1945 wurde die Stadt von der Roten Armee befreit, woran dieses Denkmal erinnert. Die äußere Form erschloß sich mir nicht.


An die Opfer der faschistischen Herrschaft erinnert dieses Denkmal. Auf den Reliefplatten rings um die Stelen erinnern Szenen des Leidens an die Opfer. Ein siebenarmiger Leuchter symbolisiert die Jüdinnen und Juden. Denn von 1941 bis 1945 bestand hier in Sered‘ ein Konzentrationslager, das erst von der Hlinka-Garde des slowakischen Vasallenstaats Hitlerdeutschlands geführt wurde und nach dem Slowakischen Nationalaufstand gegen dieses Regime 1944 von der SS unter dem Kommando des Österreichers Alois Brunner weitergeführt wurde. Aus dem Sammellager Sered wurden 1942 4.500 und zwischen 1944 und 1945 weitere 13.500 Jüdinnen und Juden in Vernichtungslager deportiert. Fast alle wurden umgebracht.


Etwas versteckt von den Bäumen des Parks, aber doch mitten im Stadtzentrum liegt die devastierte Ruine eines ehemaligen Herrenhauses der Esterházys, die hier aus der Gegend stammten. 1841 wurde es in klassizistischem Stil an der Stelle einer ehemaligen Wasserburg errichtet. Archäologische Untersuchungen fanden in den Jahren 1981 bis 1992 im Innenhof die Fundamente der mittelalterlichen Burg, welche einst die Böhmische Straße überwachte.




Heute ist das schloßartige Anwesen seit langen Jahrzehnten verlassen und heruntergekommen. Im Innenhof wurde ein kleines Eck renoviert und läßt erahnen, wie es hier aussehen könnte. In den Fenstern wurden dort auch Bilder historischer Personen mit hiesigem Bezug drapiert. Ob aus pädagogischen oder sonstigen Zwecken erschloß sich mir nicht.